Der Himmel als Litfaßsäule

von Redaktion

Skytext Aerobatics schreibt mit Kunstflugzeugen individuelle Werbebotschaften

Unterwössen – Ein Schriftzug am Himmel, Buchstaben aus weißem Dampf, die nach einiger Zeit wieder verschwanden. So etwas hatte der Chiemgau bis jetzt noch nicht gesehen. Hinter der Aktion, die viele Chiemgauer jüngst am Himmel bewundert haben, steht die Firma Skytext Aerobatics GmbH, deren Geschäftsführer Tim Tibo in Unterwössen lebt.

Tibo fliegt seit 20 Jahren, privat als Segelflieger bei der Deutschen Alpensegelflugschule in Unterwössen, beruflich als Pilot bei der Lufthansa. Sein Spezialgebiet ist allerdings das Kunstfliegen. „Bei meinem ersten Flug als Schüler im Segelflugzeug hat der Lehrer Loopings gemacht“, sagt Tibo. Seitdem habe ihn das Thema nicht mehr losgelassen.

Präzision
und Vertrauen

Vor drei Jahren war er auf einer Flugshow in den USA, sah aus dem Augenwinkel eine Wolke, die wie ein Buchstabe aussah. Ein ähnliches Erlebnis wie mit dem Looping: „Das muss ich auch machen! Was für eine geniale Idee!“

Gemeinsam mit fünf anderen Kunstfliegern entwickelte Tibo das Projekt. Präzision sei im Kunstflug ohnehin erforderlich. Beim Buchstaben schreiben aber erst recht. „Wir fliegen mit fünf Maschinen in 3000 Meter Höhe jeweils zehn bis 20 Meter voneinander entfernt. Da müssen wir uns blind vertrauen“, sagt Tibo.

Jedes der einmotorigen Flugzeuge ist mit einer Einheit ausgestattet, die mit sogenanntem medizinischen Weißöl befüllt ist. „Das ist eine Art flüssiges Wachs, das auch nicht umweltschädlich ist.“ Tibo steuert das Rauchsystem aller Flugzeuge zentral und löst den „Druck“ aus. Dabei wird das Weißöl dosiert und durch die Abgase des Flugzeuges erwärmt. Die weiße Farbe entsteht beim Verdampfen und so auch der weiße Schriftzug auf dem blauen Himmel.

Seit Monaten haben er und seine Kollegen trainiert und angepasst. Viele technische Hürden mussten sie bewältigen. Sie fliegen unterschiedliche Flugzeugtypen, die Extra300, XtremeAir oder Pitts Special heißen, jede mit einem anderen Rauchbild. Genau dieses galt es aufeinander abzustimmen und einheitlich zu gestalten.

Nachdem sie geübt hatten, folgte an einem Wochenende im August die Premiere. „ Am Samstag flogen wir über den Bodensee, am Sonntag über den Ammersee, München, den Starnberger See, den Tegernsee und den Chiemsee“, sagt Tibo.

„Schöne Ferien“ wünschten sie am Himmel und „Bleibt gesund“. Im Chiemgau außerdem noch „#Chiemnow“, beauftragt durch den Tourismusverband Chiemsee-Chiemgau. „Im Vergleich zum Fernsehspot trifft man genau die Leute, die man erreichen will“, sagt Stephan Semmelmayr, Geschäftsführer des Tourismusverbands Chiemsee-Chiemgau. Gerade die Tatsache dass noch keiner die Skytexter kenne, sorge für große Reichweite.

Nachfrage aus
den Emiraten

Für Tim Tibo ist das Kunstfliegen und das Buchstabenschreiben ein Freizeitprojekt. Dennoch sieht er Marktpotenziale, das habe auch die Resonanz auf die Aktion von Skytext gezeigt. „Wir sind uns sicher, dass wir Kunden finden“, sagt Tibo.

Konkrete Ansatzpunkte und Interesse gebe es, unter anderem im Nahen Osten. Denkbar seien besonders große Events wie Fußballspiele oder die Formel 1. Die Kosten für eine Betriebsstunde aller Flugzeuge liegen im fünfstelligen Bereich. Der Vorteil für Kunden liege darin, dass man kaum den Blick abwenden könne. „Es macht einen perplex und fasziniert, wenn in den Himmel geschrieben wird.“ Nur eins schließt Tim Tibo kategorisch aus: Politische Botschaften werde es mit den Skytextern sicherlich nicht geben.

Ein bisschen Provokation dürfe es aber laut Stephan Semmelmayr bei so einer Aktion schon sein. „Vielleicht lassen wir die Skytexter mal über ein paar Badeseen in Österreich fliegen und dort Werbung für den Chiemsee machen“, sagt der Tourismuschef aus Traunstein mit einem Augenzwinkern.

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