Kleine Brauerei mit großer Kreativität

von Redaktion

Der Baderbräu aus Schnaitsee hat die Corona-Delle weggesteckt

Schnaitsee – Nach dem Wirtshaussterben folgt der Niedergang vieler Brauereien, prophezeien Branchenexperten. Doch es gibt Betriebe, die es trotz anhaltender Corona-Krise schaffen werden.

„Wir sind mit einem blauen Auge davongekommen“, sagt der Geschäftsführer des Baderbräu aus Schnaitsee, Edmund Ernst. Darum schaut der Zwei-Mann-Betrieb optimistisch in die Zukunft.

2019 hat Baderbräu rund 700 Hektoliter verkauft, 2020 wird es, so wie es derzeit ausschaut, nicht viel weniger sein. „Um das zu erreichen, mussten wir aber aktiv und kreativ werden und neue Absatzwege gehen“, erklärt der Geschäftsführer.

Neue Absatzwege
erschlossen

Bisher gab es für den Baderbräu nach seinen Angaben drei Vertriebswege. Die Belieferung an zwölf Gaststätten, wie etwa in Wasserburg die „Schranne“, „Boulevard 10“ und das „Queens“, oder in Schnaitsee die „Taverna Ägäis“, war während des Lockdowns ausgefallen. Der zweite Weg, die Belieferung von Großveranstaltungen, ist für das ganze Jahr weggebrochen. In Schnaitsee fielen das Bezirksmusikfest, das Feuerwehrfest, das Starkbierfest und der Matthäusmarkt aus. In Wasserburg gab es kein „Wasserburg leuchtet“ und kein Inndammfest. „Da fehlen Umsätze im hohen fünfstelligen Bereich“, bedauert Ernst.

Lediglich der dritte Vertriebsweg, der Flaschenverkauf in den Getränkemärkten, konnte aufrechterhalten werden. „Um die wegfallenden Umsätze zu kompensieren, haben wir den Verkauf ab unserer Brauereirampe und auch den Home-Service ins Leben gerufen. Rund 25 Kilometer im Umkreis liefern wir unsere Bierspezialitäten bis an die Haustür. Dabei hab ich viele Solidaritätsbekundungen bekommen. Den Kunden war unser Fortbestehen nicht gleichgültig.“

Eine Lanze bricht Ernst für die staatlichen Unterstützungen in dieser schweren Phase: „Die Soforthilfe vom Freistaat in Höhe von 5000 Euro kam genau zu der Zeit bei uns an, als wir sie am nötigsten brauchten. Zudem war auch die Kurzarbeit während des Lockdowns eine große Hilfe. Unser Braumeister Tobias Stanzel-Deffner und ich selber waren zwei Monate in Kurzarbeit und konnten somit den Fortbestand der Brauerei sicherstellen. Wir konnten uns in dieser Phase mal so eben über Wasser halten.“

Der Geschäftsführer der Baderbräu Schnaitsee GmbH & Co. KG lässt sich nicht unterkriegen. – auch weil die kleine, 2005 gegründete Brauerei, bisher kontinuierlich Braumenge und Umsatz steigerte. Dabei sind die räumlichen Kapazitäten am Baderweg in Schnaitsee begrenzt. „Wir stoßen immer wieder an unsere Grenzen“, sagt Ernst. Ständige Optimierungsprozesse würden jedoch dafür sorgen, „dass eine gewisse Luft nach oben entsteht“, erläutert er.

Pschorrhof soll
Raumproblem lösen

Um das Raumproblem zu lösen, hat die Brauerei vor einigen Jahren den alten Pschorrhof rund 100 Meter südlich des Baderhäusls gekauft. „Damit sollte die Platznot endlich ein Ende haben.“ Dazu nennt der Geschäftsführer ein Beispiel aus der Praxis: „Wenn wir mit unserem jetzigen Sudkessel bei einem Brauprozess 500 Liter brauen können, wäre das bei einem Sudkessel mit 2500 Litern beim selben Zeit- und Arbeitsaufwand das Fünffache an Bier, das wir ausstoßen könnten.“

Ernst sagt, dass der Denkmalschutz, der über das angekaufte historische Gebäude wacht, die Ausbaupläne stark abgebremst hatte. „Aber jetzt läuft zusammen mit der Gemeinde, die uns sehr unterstützt, eine Machbarkeitsstudie. Dann wissen wir, wie es weitergeht, was mir machen können und dürfen.“

Beim Baderbräu ist der Bierpreis höher als bei anderen Brauereien. „Unser Bier wird gekauft, wo man uns kennt, wo die Qualität bekannt ist. In fremden Revieren ist es schwer, ja fast unmöglich, ein so hochpreisiges Bier an den Mann zu bringen.“ Das sei auch der Grund dafür, dass die Brauerei „immer grad eben die schwarze Null reißt“.

Das sagt ein Biersommelier

Brau-Manufakturen und kleine Spezialitätenbrauereien haben nicht zwingend ein Corona-Problem, sagt Biersommelier und Gebietsleiter der Graf-Toerring-Jettenbach-Brauerei, Martin Berger aus Kraiburg. Sie stechen geschmacklich hervor und experimentieren gern bei den Rohstoffen mit neuen Hopfensorten, das mache sie einzigartig. Bei der Verteilung seien sie meist auf ihre eigene Region beschränkt. „Man muss sich die Vertriebswege anschauen. Wer als Brauerei festelastig oder gastrolastig ist, dem ist während des Lockdowns alles an Absatz weggebrochen. Der Handel dagegen hat in Corona-Zeiten zugelegt. Der Bierkonsum hat sich nach Hause verlagert“, so Berger. Toerring-Jettenbach sei in allen drei Bereichen gleich stark vertreten. Die Gastronomie sei heute nach wie vor noch eingeschränkt, „da fahren wir noch lange nicht die Absätze wie vor der Krise“, sagt Berger. Was passiert im Winter? „Das draußen beim Heizpilz Sitzen in der Kälte, kann nicht den Biergarten ersetzen. Die Wirte haben Bammel“, so Berger, der auch mit Sorge auf die Feste-Saison 2021 blickt. Die Graf-Toerring-Jettenbach-Brauerei habe mit „Karibik“ glücklicherweise eine eigene Limonadenmarke und konnte auch während der Zeit der harten Corona-Beschränkungen beispielsweise betriebliche Kantinen beliefern.ANDREA KLEMM

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