Die „Grüne Inge“ basiert auf Gurkensaft.
Rosenheim – Ingwerschaum, Gurkensaft und Safran – was nach ausgefallener Küche klingt, sind alles Zutaten für Cocktails. Abdul Iqbal (35) aus Rosenheim hat sich einen Traum erfüllt:. In seiner Cocktailbar in der Kaiserstraße 4 kreiert er auf elf Quadratmetern Drinks und interpretiert dabei traditionelle Rezepte mit regionalen Komponenten. Sein Ziel: die Rosenheimer mit den Facetten des Barkeeper-Handwerks zu überraschen.
Zutaten aus
der Alpenregion
Mit dem Barlöffel taucht Iqbal in das Glas, die Eiswürfel klirren. Kurz das Schmelzwasser abgießen. Mit der Pipette nimmt er einige Tropfen Ingwersaft, dann ein Spritzer Apfelessig. Darauf drapiert er getrocknete Apfelscheiben. Der Drink „Rosi“ ist fast fertig. Fehlt nur noch die entscheidende Note: der Rosmarin. Der Barkeeper schlägt einmal kräftig auf die Blätter in seiner Hand. „So können die ätherischen Öle entweichen“, erklärt er. Und der Geruch soll bei den Cocktails eine entscheidende Rolle spielen.
Im „Alpentrunk“ wird Barkeeping zur Wissenschaft. Die Zutaten – alle aus der Region. Denn bei Iqbal trifft Vodka auf Stangensellerie, Zuckerrübe auf gedörrte Tomaten. Seine Produkte stammen vom Kernerhof in Stephanskirchen und dem Asenhof aus Söchtenau. Über weitere Zusammenarbeiten würde er sich freuen. „Die Alpenregion bietet alle Zutaten, die man für Drinks braucht.“
Doch wer ist der Mann hinter dem Cocktailstüberl? Iqbal selbst ist Wahl-Rosenheimer, gebürtig stammt er aus Köln. Über Umwege fand er in die Gastronomie, wie er erzählt. Eigentlich studierte er Kunst und Design, gestaltete nach dem Studium Schaufenster und Flächen für namhafte Firmen wie C&A, Nike und Mango.
„Dann hatte ich den Mut, mir einzugestehen, was ich wirklich machen möchte.“ Er wurde Barchef im Espana und im Dinzler, zuletzt war er als Caféleitung im Pura tätig. Im Juni hat er den Job gekündigt, um seine eigene Bar zu eröffnen. „Im Lockdown war das genau die richtige Zeit.“
2000 Euro nahm er in die Hand, für seine Neueröffnung wollte er mit einem geringen Budget auskommen. Einen Monat später war die Bar fertig – in den Räumen, in denen zuvor die Kaffeerösterei Kava war.
Die Idee für seine eigene Bar kam ihm vor zwei Jahren, inspiriert von der Fernsehserie „Chef’s Table“, die in jeder Episode einen Koch begleitet und seine Inspirationsquellen vorstellt. „Ich wollte den Leuten zeigen, wie die Region schmeckt.“
Deshalb ist der Rosenheimer nicht nur im Alpentrunk in der Kaiserstraße anzutreffen. Beim Antiquitätenhändler „Kandlbinder“ aus Großkarolinenfeld besorgte er sich einen alten Metallwagen, gemeinsam mit den Handwerkern dort schuf er daraus eine mobile Cocktailbar mit Holzverkleidung. Damit kann er für Veranstaltungen gebucht werden.
An die Saison
angepasste Getränke
Im Gegensatz zur mobilen Bar wandern über seine Ladentheke noch keine alkoholischen Getränke. Noch fehlt ihm hierfür die Schanklizenz. Denn die dafür erforderliche Kundentoilette ist auf elf Quadratmetern schwer unterzubringen. Stattdessen experimentiert Iqbal im Cocktailstüberl mit Löwenzahn- und Ingweraufgüssen, je nach Saison auch mit Maronengelee und alkoholfreiem Bier. Auf Anfrage kreiert er auch individuelle Cocktails.
Wie die neue Bar in Rosenheim angenommen wird, bleibe abzuwarten, meint Thomas Bugl, Wirtschaftsdezernent der Stadt Rosenheim. „Der Kunde sagt, was er kaufen will.“ Vor allem die Produkt- und Servicequalität sei in der Gastronomie entscheidend. „Jeder Wirt hat es also selbst in der Hand.“ Dennoch ist er sich sicher: Jedes Konzept, das sich durch Regionalität und Originalität auszeichne, sei ein Gewinn für die Stadt Rosenheim. In den Innenstädten gebe es oft einen Einheitsbrei. Anders hingegen in Rosenheim: Die Stadt habe eine sehr lebendige Gastronomieszene, so Bugl. Dazu zählt auch die Neueröffnung von Alpentrunk.