„Jeder hat andere Interessen und Fähigkeiten“

von Redaktion

Interview IHK-Vizepräsidentin Ingrid Obermeier-Osl nimmt zur Ausbildungssituation in der Region Stellung

Mühldorf/Rosenheim – Die Situation der Auszubildenden in Mühldorf und Rosenheim stand im Mittelpunkt eines Gesprächs der OVB-Heimatzeitungen mit der IHK-Vizepräsidentin Ingrid Obermeier-Osl. Gegenüber unserer Zeitung erläuterte sie den leichten Rückgang der Ausbildungsverträge in der Region und die wirtschaftliche Entwicklung. Ebenso nahm sie zum zukünftigen Stellenwert der Ausbildung Stellung.

Wie sieht die IHK-Vizepräsidentin die Ausbildungsplatzsituation in den Landkreisen Mühldorf, Rosenheim und in der Region?

Die gute Nachricht ist, dass vor knapp einem Monat mehr als 1300 Jugendliche in unserer Region eine Ausbildung in einem der zahlreichen IHK-Berufe angefangen haben. Jeder Azubi, der mit Ehrgeiz und Motivation ins Berufsleben startet, tut unserer heimischen Wirtschaft gut und ist für die Betriebe eine Investition in die Zukunft. Leider ist die Zahl der neuen Ausbildungsverträge in diesem Jahr im Landkreis Mühldorf sowie in Stadt und Landkreis Rosenheim um einige Prozente zurückgegangen. Die sinkende Zahl an Schulabgängern wie auch die Auswirkungen der Corona-Krise, vor allem der Stillstand in den Unternehmen während des Lockdowns, hinterlassen auf dem Ausbildungsmarkt ihre Spuren. Aber viele Vertragsabschlüsse haben sich nur verzögert und sind erst nach der Sommerpause zustande gekommen. Daher rechnen wir noch bis Ende Oktober mit vielen Neuverträgen. Grundsätzlich ist der Start in eine Ausbildung in Abstimmung mit dem Ausbildungsbetrieb nämlich das ganze Jahr über möglich.

Gehen die Ausbildungsplätze in der Region zurück oder bleiben sie stabil?

Wie bereits erwähnt, ist die Zahl der neuen Ausbildungsverträge in diesem Jahr um einige Prozente zurückgegangen. Im Landkreis Mühldorf haben Anfang September 382 junge Frauen und Männer eine Ausbildung in Industrie, Handel und Dienstleistungen begonnen, das waren 3,5 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. In Stadt und Landkreis Rosenheim starteten 913 Jugendliche ins Berufsleben, das waren 10,4 Prozent weniger neue Ausbildungsverträge. Die Betriebe setzen weiterhin auf die Stärke unseres dualen Ausbildungssystems und bieten Ausbildungsplätze an. Im August waren laut Bundesagentur für Arbeit in Stadt und Landkreis Rosenheim sowie im Landkreis Mühldorf noch mehr als 800 Lehrstellen unbesetzt, darunter auch Plätze in Handwerks- und freien Berufen. Die Betriebe suchen teilweise noch immer händeringend nach Azubis.

Wie beurteilen Sie die wirtschaftliche Entwicklung und die Ausbildungssituation in der Zukunft?

Die heimische Wirtschaft befindet sich derzeit auf Erholungskurs. Nach einem rasanten und abrupten Knick im Frühjahr gehen wir aktuell davon aus, dass seit dem Tiefpunkt im April mittlerweile große Teile des Einbruchs wieder aufgeholt sind. Die größte Sorge vor wegbrechenden Aufträgen, die unsere Unternehmen noch zum Frühsommer hatten, ist inzwischen nicht mehr ganz so groß und akut. Derzeit befragen wir für unsere aktuelle Konjunkturumfrage zahlreiche Unternehmen in der Region. Die Ergebnisse werden ein Stimmungsbild liefern, wie die Wirtschaft in Südostoberbayern und in der Inn-Salzach-Region für die Zukunft plant.

Klar ist aber: Die Betriebe sind auf ihrem Weg aus der Krise auf ihre engagierten und top ausgebildeten Fachkräfte in der Belegschaft angewiesen. Das duale Ausbildungssystem hierzulande hat entscheidenden Anteil an unserer wirtschaftlichen Stärke, der weltweiten Wettbewerbsfähigkeit und unserem Wohlstand. Das wissen die Unternehmerinnen und Unternehmer, deswegen werden sie auch weiterhin um Azubis werben und eine hervorragende Ausbildung anbieten.

Was würden Sie den jungen Menschen in der Region für Berufe empfehlen?

Mein Rat lautet, den Beruf auszuüben, der einem Spaß und Freude bereitet. Wichtig ist, jeden Tag gerne in die Arbeit zu gehen und das eigene Können im Arbeitsalltag zu zeigen. Jeder hat andere Interessen und Fähigkeiten, aber bei der breiten Palette an spannenden Berufsbildern findet eigentlich jeder seinen Traumberuf und den dazu passenden Ausbildungsplatz.

Welchen Stellenwert hat die Ausbildung von jungen Menschen für die Betriebe nach der Corona-Pandemie?

Auch wenn in vielen Firmen die Bewältigung der Corona-Krise derzeit an erster Stelle steht, wissen die Unternehmen, dass sie sich mit eigenem top ausgebildeten Fachkräftenachwuchs bestmöglich für die kommende Zeit aufstellen und jeder Azubi eine Investition in die Zukunft ist. Wie ich vorhin bereits gesagt habe, ist das duale Ausbildungssystem eine der größten Stärken unserer heimischen Wirtschaft und darauf setzen die Unternehmen. Interview: Josef Bauer

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