Ein Kran fürdas Hochlabor

„Tools, die nicht aus der Schublade sind“

von Redaktion

Kranspezialist Altmann in Albaching fertigt weltweit einzigartige Sonderanlagen

Albaching – „Irgendwie geht es immer“ – das Firmenmotto von Kranspezialist „Altmann Fördertechnik GmbH“ aus Albaching hat nichts mit der Corona-Krise zu tun. Vielmehr ist es ein Leitbild für den Sonderkranbauer, das das Unternehmen in den vergangenen 25 Jahren erfolgreich gemacht hat. Sogar nach Mekka hat Altmann schon eine Anlage geliefert – im wahrsten Sinne des Wortes ein Schmuckstück.

„Wir machen Sachen, von denen andere sagen, das geht nicht“, sagt Geschäftsführer Robert Altmann, der den Familienbetrieb mit seinem Bruder Achim (43, Wirtschaftsingenieur) führt. Angefangen habe das Geschäft als Handelskontor für Hebezeuge. Weil die Kunden weniger Standardlösungen und mehr Sonderanlagen und alles aus einer Hand wollten, war der Weg vorgegeben.

Umsatz liegt bei über
acht Millionen Euro

„Wir haben die Qualität selbst in der Hand und die ganze Wertschöpfungskette liegt bei uns“, sagt der 54-Jährige, der ursprünglich BWL studiert hat, dann Maschinenbautechniker lernte und eine Weiterbildung zum Baustatiker und Kransachverständigen oben drauf legte. „Der Tüftler- und Pioniergeist treibt uns alle an.“ Das jährliche Umsatzvolumen gibt er mit 8,5 bis neun Millionen Euro an. Die Standbeine: Reinraum- und Automatikkrane und Service.

Das Besondere an Reinraumkranen: Sie kommen da zum Einsatz, wo extreme Hygieneanforderungen herrschen. In der Luft eines Reinraums dürfen kaum Schmutzteilchen sein. „1000 Partikel von einer Größe von fünf µ auf ein Kubikfuß (30 Kubikzentimeter) – das ist die Obergrenze. Zum Vergleich: In einem normalen Büroraum hat man 650000 bis eine Million Partikel“, erklärt Altmann. In einer Hochlabor-Umgebung mit einem Kran arbeiten, der Abrieb an Seilen und Rädern verursacht, Fette hinterlässt und Propeller hat, die den „Schmutz“ in die Luft wirbeln? Eigentlich unvorstellbar – die Firma Altmann hat es möglich gemacht. Und hat die größte Reinraumkran-Anlage weltweit mit 60 Tonnen Tragkraft gebaut. Auftraggeber war der Weltmarktführer in Halbleitertechnik mit Sitz in Baden-Württemberg. „Altmann baut Tools, die nicht aus der Schublade sind. Es gibt zwar Wettbewerber, aber unsere Anforderungen sind so hoch, dass es schwer ist, jemand anderen auf dem Markt zu finden“, bestätigt als Vertreter des Kunden der Projektleiter für technische Gebäudeausstattung bei Neubauprojekten. Zum Schutz von Betriebsgeheimnissen dürfen weder der Name des Kunden noch des Technikexperten genannt werden. Von einer Entwicklungsphase, die bis zu sechs Monate gedauert habe, berichtet der Ingenieur für Versorgungstechnik im Gespräch mit den OVB-Heimatzeitungen. „Man hat sich rangetastet. Wir haben sehr hohe Anforderungen ans Material sowie an die Genauigkeit und Geschwindigkeit des Krans. Auf vier Hubwerken können wir Lasten von null bis 60 Tonnen bedienen und synchron fahren. Ich kenne weltweit keine zweite Anlage dieser Art“, sagt er zum Reinraum-Kran made in Albaching.

Wenn Robert Altmann in die Zukunft schaut, ist ihm nicht bange. Automatisierung sei omnipräsent – er baut Automatikkrane, mit denen der Kunde mittels Informationstechnologie beispielsweise Lager, Warenwirtschaft und EDV miteinander überwachen kann.

„Der Fachkräftemangel wird weiter zunehmen, Deutschland ist ja produktionslastig“, so der Firmeninhaber. „Automatisierung vernichtet keine Arbeitsplätze. Sie ersetzt Stellen, die eh nicht besetzt werden können. Automatisierung ist arbeitsplatzbewahrend“, resümiert Altmann.

Das exotischste Projekt, das das 42-Mann-Unternehmen bisher verwirklicht hat, ist das „movable Skylight“ der neuen Moscheenschleife in Mekka (2014 erbaut). „Die Araber hatten Kapazitätsprobleme in der Heiligen Moschee und wollten eine Erweiterung um zwölf Moscheen verwirklichen – mit automatisierten Schiebedächern. „Ein Engineeringunternehmen, ebenfalls aus Baden-Württemberg, bekam den Auftrag für die fahrbaren Kuppeln aus Glas und Stahl und holte uns ins Boot“, so Altmann.

Als Spezialist für Fördertechnik erarbeitete das Altmann-Team eine Lösung: Jedes einzelne Dach der zwölf Moscheen kann hydraulisch angehoben, verfahren und wieder abgesetzt werden. Ein übergeordnetes Prozessleitsystem überwacht die 300 Tonnen schweren Dächer – sollte bei den einzelnen Gebäuden der Strom ausfallen. „Es galt, den allerhöchsten Sicherheitsanforderungen zu genügen. Im Brandfall muss die Entrauchung über die Dächer erfolgen“, so Robert Altmann, der das Projekt in Beirut vor dem Vergabeausschuss präsentierte. Über Summen, die geflossen sind, darf er nicht sprechen; er hat eine Verschwiegenheitsvereinbarung unterschrieben.

Lösung für die
Dächer von Mekka

Den arabischen Auftraggebern war die Optik der Dächer wichtig. So bestehen sie aus handgeschliffenen Glaselementen und in die Rahmen sind Swarovski-Glasprismen eingearbeitet. Das einfallende Sonnenlicht sorgt für ein besonderes Spektakel. Gefertigt wurden die tonnenschweren Teile für die computergesteuerten fahrbaren Kuppeln in Albaching und per Schiff nach Mekka gebracht. Das Altmann-Montageteam hat sie dort zusammengebaut. „Es gibt nicht den einen Weg“, sagt Robert Altmann. „Man muss offen an etwas rangehen, das sag ich meinen Konstrukteuren immer. Was in Lehrbüchern steht, gilt auch nur so lange, bis es widerlegt ist.“

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