Bad Aibling – Der Einzelhandel ist eine der am stärksten von der Corona-Pandemie betroffenen Branchen. Nach einer kurzen Erholungsphase, in der Kundenströme und Umsätze sich erholten, ohne das Vor-Corona-Krisen-Niveau zu erreichen, führt die steigende Zahl der Covid-19-Infektionen jetzt zu neuen Restriktionen – auch im Mangfalltal. Nachdem die Weihnachtsmärkte in Bruckmühl und Feldkirchen-Westerham bereits abgesagt wurden, ist nun das gesamte Weihnachtsgeschäft gefährdet.
Regional schenken
und überleben
Deshalb rufen Werbering und Bund der Selbständigen (BDS) im Mangfalltal jetzt die Kampagne „Regional schenken“ ins Leben. „Damit wollen wir die weihnachtliche Kaufkraft aus dem Internet verstärkt in die Region ziehen“, erklärt Vorsitzende Christine Knoll. Um die Weihnachtszeit trotz der Corona-Pandemie attraktiver zu gestalten sowie Einzelhandel und Gastronomie vor Ort zu unterstützen, sind verschiedene Ideen entstanden, die jetzt im Rahmen einer Onlineumfrage bei den Unternehmern auf ihre Umsetzbarkeit hin abgefragt werden sollen. „Sobald dem Gewerbeverband ein repräsentatives Ergebnis vorliegt, gehen wir mit den Kommunen in die konkrete Planung“, kündigt Knoll an.
„Der Einzelhandel steht vor seinem wichtigsten Geschäft“, betont Bernd Ohlmann, Pressesprecher des Handelsverbandes Bayern (HVB). Etwa ein Fünftel des Jahresumsatzes werde ab dem 1. November gemacht. Insgesamt erwartet der HVB im Corona-Jahr einen Umsatz von 71 Milliarden Euro – davon 61 Milliarden im stationären und zehn Milliarden im Online-Handel.
Zu den klaren Gewinnern der Corona-Krise zählt der E-Commerce. „Die Krise hat Entwicklungen beschleunigt, die sich schon vorher abzeichneten“, erklärt Wolfgang Jahnsen, Leiter der IHK-Geschäftsstelle Rosenheim. Während Internet und Versandhandel in der Krise ein Umsatzplus – im August waren es 23 Prozent – registrierte, geht es für den „stationären“ Einzelhandel ums Überleben. Vor allem der Handel mit Textilien, Bekleidung, Schuhen, Lederwaren, Uhren, Schmuck und Geschenkartikeln verbucht Umsatzverluste von 25 Prozent. „Alles Branchen, die das eigentliche Shopping-Erlebnis ausmachen, das mit Maske keinen Spaß macht“, verdeutlicht Ohlmann und betont: „Es ziehen düstere Wolken auf. Ein zweiter Lockdown wäre vor allem für kleine, inhabergeführte Geschäfte dramatisch.“
Der Bekleidungshandel als Kernbranche der Innenstädte stehe vor zahlreichen Insolvenzen, warnt auch Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland. Die Politik müsse auf allen Ebenen gegensteuern, „ansonsten erleben wir großflächig verödete Stadtzentren“.
Mit Maske zum
Weihnachtseinkauf?
Doch was tun, um die Menschen zum „maskierten X-mas-Shopping“ in die Innenstädte zu locken? „Auch wenn die Homepage die Visitenkarte eines Händlers ist und seit der Corona-Krise 85 Prozent aller stationären bayerischen Händler auch online präsent sind, kann ein Bildschirm keine weihnachtliche Atmosphäre vermitteln“, weiß Ohlmann. Gerade in der dunklen Jahreszeit, wo sich Witterung und Pandemie-Verlauf noch stärker auf die Psyche auswirkten, sei die Sehnsucht nach weihnachtlich geschmückten Geschäften und persönlicher Beratung groß: „Der Weihnachtseinkauf spricht alle Sinne an. Dieses emotionale Erlebnis kann nur der stationäre Handel vor Ort bieten.“
Die Kunden entscheiden, wer überlebt und wer nicht. Das war vor Corona so und ist mit der Krise zu einem noch gnadenloseren Urteil geworden. Doch der Lockdown hat auch ein Umdenken angeregt. „Die Menschen bemerkten plötzlich, was ihnen fehlt. Und so hat die Wertschätzung des regionalen Einzelhandels spürbar zugenommen“, betont Ohlmann.
Gutscheinaktion für
das Mangfalltal
„Weihnachtseinkäufe bleiben auch in der Krise etwas Besonderes“, sagt Jahnsen. In diesem Jahr stünden den Kunden dafür sogar größere Budgets zur Verfügung, da viele auf Urlaubsreisen verzichten mussten. Als beliebter Geschenketrend haben sich Gutscheine etabliert. Darauf möchte nun auch der Gewerbeverband im Mangfalltal setzen. „In einer Gutschein-Aktion sehen wir momentan eine gute Chance, unseren regionalen Handel zu unterstützen“, betont Christine Knoll. Der Schenkende erwirbt bei einer lokalen Verkaufsstelle einen Mangfalltaler Gutschein, der bei den teilnehmenden Einzelhändlern eingelöst werden kann – im Advent, in der Weihnachtszeit und auch lange danach noch. Zudem sollen verlängerte Öffnungszeiten an den drei Samstagen im Dezember geprüft werden. Auch an kleine Aufmerksamkeiten für die Kunden als Dankeschön für ihren Einkauf wird gedacht.
„Zudem wollen wir Unternehmen, Kommunen und Vereine ansprechen, die Gutscheine für traditionelle Ehrungen am Jahresende zu nutzen. So können wir die Kaufkraft vor Ort halten“, hofft Knoll auf Solidarität im Überlebenskampf des Einzelhandels.