Glücklich leben in Mini-Häusern?

von Redaktion

Neue Wohnformen und „Tiny Houses“ stoßen in der Region auf wachsendes Interesse

Traunstein – Sie sind klein, manchmal beweglich und Zeichen einer neuen Art zu wohnen: Tiny Houses, auf Deutsch: Mini-Häuser. Im Zuge von explodierenden Wohnungspreisen und einem wachsenden ökologischen Bewusstsein steigt das Interesse an den mobilen Wohnraumwundern zusehends. Im Rahmen einer Info-Exkursion zu drei Projekten in Traunstein und Ainring kamen rund 50 Teilnehmer quer durch alle Altersstufen, um sich im Gespräch mit den Besitzern ein Bild zu verschaffen.

Nebenkosten
200 Euro im Monat

Eine der Initiatorinnen in der Region ist Johanna Nimmervoll. Die Betriebswirtin, Pädagogin und Campus-Managerin aus Traunstein hat bis vor Kurzem auf 18 Quadratmetern im selbst designten Tiny House im österreichischen Unken gewohnt. Seit Mai 2018 hat sie dort auf einem Campingplatz mitten im Grünen gelebt. Die monatlichen Nebenkosten liegen bei 200 Euro. Derzeit steht ihr mobil konzipiertes und 45000 Euro teures Mini-Haus zu Demonstrationszwecken auf dem Campus St. Michael in Traunstein.

Dass die Nachfrage groß ist, merkt auch die regionale Interessensgruppe „CampusDate Wohnen“. Sie besteht seit 2018 und hat rund 50 Teilnehmer aus dem ganzen Chiemgau. Sie informiert über baurechtliche, ökologische, technische und energetische Aspekte zum Thema. Denn anders als in den USA, ist die Realisierung des Traums vom Mini-Eigenheim in Deutschland relativ kompliziert.

Das fängt bei Fragen nach Pacht- oder eigenem Baugrund an, geht über die straßenverkehrsrechtliche Zulassung für den Transport und hört bei den Fragen nach Gestaltung, Statik, Dämmung, Brandschutz und Anschlusszwang noch lange nicht auf.

Bis zu 50 Quadratmeter darf ein Wohngebäude – ob auf dem Trailer oder festverbaut – maximal haben, um noch als „Tiny House“ zu gelten. Beim Wohnen auf engstem Raum sind ausgetüftelte Lösungen gefragt: Schränke unter der Treppe, Hochbetten und eine intelligente Raumaufteilung im Bad. Darüber hat sich auch Julia Jobst aus Kammer intensive Gedanken gemacht. Im Rahmen ihres Betriebswirtschaftsstudiums in Ingolstadt hat die 23-Jährige die Vermarktung eines Tiny House als Start-up-Projekt initiiert. Aus dem anfänglich nur fiktiv geplanten Objekt wurde bei mehreren leidenschaftlichen Diskussionen über Details schnell ein Familienprojekt mit Eigendynamik.

„Da mein Vater ein versierter Schreiner ist, und meine Mutter ein gutes Händchen für Gestaltung hat, haben wir das schließlich auf einen umgebauten Anhänger gebaut“, erzählt Julia Jobst.

Die Teilnehmer der Traunsteiner Exkursion zeigten sich begeistert über das Minihaus mit Terrasse, kompletter Holzauskleidung, Bettenlift, Klimaanlage und Fußbodenheizung, Luxus-Bad und malerischem Bergblick. „Momentan nutzen wir es als Übernachtung für Freunde oder als Homeoffice für mich und meinen Freund“, sagt die Traunsteinerin.

Wie eine auch im Chiemgau von vielen Interessenten angestrebte Gemeinschaft von individuellen Minimalhäusern aussehen kann, lässt sich seit 2017 in Deutschlands erstem Tiny House Village auf einem ehemaligen Campinglatz in Mehlmeisel im Fichtelgebirge mit 23 Objekten studieren.

Skepsis
seitens des Bauamts

„Tiny-House-Siedlungen werden die fehlende Wohnraumproblematik, die auch in unserem Landkreis herrscht, nicht lösen“, hört man dazu aus dem Bauamt des Landkreises in Traunstein. Speziell bei einer „relativ homogenen Gebäudestruktur“ gebe es Probleme mit der Baugenehmigung. Aktuell gebe es nur eine positive „Einzelfallentscheidung“.

Die Teilnehmer der Exkursion haben unterschiedliche Gründe für ihr Interesse am Thema. „Mich interessieren neue Wohnformen und reduziertes Wohnen“, sagt zum Beispiel ein Mann aus Inzell. Ein anderer ist aus Burghausen nach Traunstein gekommen: „Die hohen Baukosten und das Wohnen in der Natur machen solche Objekte interessant.“ So bringen die Mini-Häuser vielleicht schon bald Bewegung in den regionalen Wohnungsmarkt.

Artikel 7 von 8