Rosenheim/Wasserburg – Die Immobilienpreise werden weiter steigen, sind sich Experten aus der Region einig. Corona hat, so die einhellige Erfahrung, den Wunsch nach einem Eigenheim verstärkt. Wird sich auf Dauer die Lage auf dem Immobilienmarkt eintrüben? Noch sind die Auswirkungen der Pandemie nicht abschätzbar.
Großer Bedarf an
Häusern in Stadtlage
In München und Umgebung sind die Preise schon lange davongaloppiert, der Landkreis Rosenheim folgt dem Trend: An dieser Situation wird sich auch in Zukunft kaum etwas ändern. Davon ist Johann Hainz überzeugt. Er ist Vorsitzender des Immobilienverbunds Rosenheim als Zusammenschluss von sieben inhabergeführten Immobilienfirmen.
„Wir leben in einem Raum, der zu den bevorzugten Wohngegenden Bayerns und Deutschlands gehört“, so Hainz. Im Blick hat der Chef eines Maklerunternehmens dabei nicht nur Rosenheim mit gut 60000, sondern auch das kleinere Wasserburg mit 13000 Einwohnern. Der Bedarf an Häusern und Wohnungen in städtischer Lage sei ungebrochen, sagt er. „Leute, die aus ländlichen, infrastrukturschwachen Gegenden kommen, verkaufen ihre großen Grundstücke, weil sie den Besitz im Alter nicht mehr bewältigen können. Und sie gehen dorthin, wo sie öffentlichen Nahverkehr und gute Einkaufsmöglichkeiten haben.“
Nach seiner Einschätzung treiben auch Anleger die Preise: Durch Negativzinsen und Inflation würde das Geldvermögen dahinschmelzen, Immobilien in der Region dagegen einen Wertzuwachs bieten. Hainz rät zum Kauf, wenn eine solide Eigenkapitalbasis vorhanden sei. An eine Abschwächung des Preisauftriebs glaubt er nicht.
Erich Grandl, Leiter der Immobilienvermittlung bei der Kreis- und Stadtsparkasse Wasserburg, sieht ebenfalls weiter steigende Immobilienpreise voraus. „Es gibt im Moment keine Hinweise, dass das Ende der Fahnenstange erreicht ist. Die Nachfrage ist ungebrochen hoch.“ Das sei auch daran zu erkennen, dass der Verkauf in der Regel zügig verlaufe: „Es gibt Angebote, die sind nur eine Woche in der Vermarktung.“ Besonders schnell gehen nach seinen Erfahrungen das klassische frei stehende Einfamilienhaus oder auch die Doppelhaushälfte weg. Und im Übrigen gelte: „Es gibt wenig, was nicht zu verkaufen wäre im Moment.“ Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen seien – trotz Corona und vielerort Kurzarbeit – immer noch besonders gut in der Region. „Wir haben nach wie vor Interessenten mit entsprechenden finanziellen Mitteln.“ Außerstande sieht sich Grandl, die möglichen Auswirkungen der Corona-Krise auf den Immobilienmarkt aktuell zu beurteilen.
Das in Pfaffing ansässige Maklerbüro von Martina und Laura Wesseling hat die Konsequenzen der Pandemie schon unter die Lupe genommen. In den Landkreisen Rosenheim, Mühldorf und Ebersberg zeigten die Pandemie-Effekte Wirkung, heißt es in einer Analyse der Wesselings. „Durch Homeoffice und wenig Ausgang schätzen die Menschen mehr denn je ihr Zuhause. Folge: Die Nachfrage nach Wohnraum steigt. Während des Lockdowns im Frühjahr überlegten viele Menschen, in eine größere Wohnung mit Balkon oder ein Eigenheim mit Garten zu ziehen. Viele wissen, dass sie künftig mobiler arbeiten können und nicht mehr jeden Tag ins Büro müssen. Davon profitiert unsere Region. Wir beobachten verstärkte Nachfrage von Familien aus München, die sich ein Zuhause in ländlicher Lage wünschen. Die Kaufentscheidung wird dadurch erleichtert, dass die Zinsen ungebrochen günstig sind.“
Banken prüfen
jetzt genauer
Doch auf Dauer will das Maklerbüro eine Eintrübung der Lage nicht ausschließen, wodurch die Immobilienpreise unter Druck geraten könnten: „Schon heute prüfen die Banken bei Finanzierungsanfragen genauer. Bekamen vor der Corona-Krise gut verdienende Paare auch mit wenig Eigenkapital eine Darlehenszusage, so müssen sie heute etwa 20 Prozent der Kaufsumme nachweisen. Zudem könnte mittelfristig die Zahl der Firmeninsolvenzen steigen und in der Folge die Arbeitslosenquote klettern.“