Liefer- und Abholservice soll das Überleben in der Krise sichern

von Redaktion

Lockdown bringt enorme Belastungen für Wirte und Personal – Ein Großteil des Umsatzes fehlt

Prien – Die Gastronomie kränkelt. Wegen der Corona-Pandemie ist es in den Gaststuben nach einem Sommer voller Hygienekonzepte und reduzierter Gästezahlen mit dem zweiten Lockdown wieder mucksmäuschenstill geworden. Die Wirte versuchen, sich mit Lieferservice und To-go-Angeboten durch die Krise zu retten und ihren Mitarbeitern zumindest einen Teil ihres Arbeitslohnes zu ermöglichen. Die Heimatzeitung fragte bei Priener Gastronomen nach, wie die Stimmungslage ist.

Nach 20 Jahren
erstmals Licht aus

Hotel- und Restaurant-Inhaber Andreas Neuer sagt, beim ersten Lockdown habe er nach 20 Jahren das erste Mal erleben müssen, den gesamten Betrieb zuzusperren. „Ich habe mir geschworen, das nicht noch einmal zu tun.“ Die Belastungen für den Betrieb und die Mitarbeiter seien „enorm“ gewesen. Das ist der Grund, warum er nun beim zweiten Lockdown Essen to go anbietet – im Restaurant als auch einen Kuchen-Lieferservice in seiner Konditorei. Den Umsatz nennt Neuer „zufriedenstellend“, wenn auch „nicht wirtschaftlich“. „80 Prozent des Umsatzes fehlt, für die restlichen 20 Prozent ist der Aufwand relativ hoch.“ Aber: „Du bist präsent als Unternehmen.“ Und seine Mitarbeiter musste er nicht zu hundert Prozent in Kurzarbeit schicken.

Die Bestell-Lust hängt mit der Nachrichtenlage zusammen, ist seine Beobachtung. „Bei schlechten Neuigkeiten kommt das Geschäft erst einmal zwei bis drei Tage zum Erliegen, bevor es wieder losgeht.“ Viel Unterstützung bekomme sein Betrieb von Geschäftspartner und Stammkunden. „Da gibt‘s viele tolle Erlebnisse.“

Barbara Gimple von Bamis Wok erzählt, das sie trotz Einbußen mit dem Geschäftslauf zufrieden sind. „Wir lassen die Köpfe nicht hängen.“ Bisher habe sie keinen Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken müssen. „Wir schauen, dass wir durch die Krise möglichst durchkommen und versuchen keinen auszustellen, bei den Mitarbeitern hängen auch Familien dran.“

Mehr Arbeit,
weniger Geld

Giuseppe Dell’Anna vom Ristorante Roma spricht von „mehr Arbeit“. Seinen Lieferservice gab es schon vor der Corona-Krise. Die Lage sei „geschäftlich ok“. Im Zusammenhang mit den staatlichen Hilfen werde es funktionieren, die schwere Zeit durchzustehen. Was die Solidarität mit den heimischen Wirten betrifft, macht Dell’Anna einen Zusammenhalt in der Gesellschaft aus, für die Leistung, die die Gastronomie zur Verfügung stellt.

Bianca Dietze von der Trattoria Toskana blickt auf ein schwieriges erstes Geschäftsjahr seit Gründung ihres Lokals zurück. Trotz der Anlaufschwierigkeiten mit monatelanger Zwangsschließung gelang es ihr über den Sommer, einen Kundenstamm aufzubauen, so dass sie im Moment sagt: „Wir sind ein Familienbetrieb, für uns reicht es.“ Das To-go-Angebot werde gut angenommen.

Durchwachsen ist die Bilanz von Martin Obermüller von den Mesner Stubn Urschalling. Weder mit dem Umsatz beim Lieferservice noch mit dem Essen to go ist er zufrieden. „Ein Wochenende war bombastisch, das Wochenende darauf bekam ich eine Breitseite“, sagt er. Es sei schwer zu planen. Dennoch gibt er nicht auf und hofft auf Besserung. Er passte das Speisenangebot an und bietet zu Weihnachten sogar Enten und Gänse an, für den Fall, dass sich die Leute daheim Ruhepause vom aufwendigen Festtagsbraten in der Küche gönnen möchten.

Bei einem reicht‘s,
beim anderen nicht

Kreisvorsitzende Theresa Albrecht vom Hotel- und Gaststättenverband nennt die Liefer- und To-go-Angebote „für viele einen Rettungsanker“ und die einzige Möglichkeit, Umsatz zu generieren. Aber: „Der Kuchen reicht nicht für alle.“ Für viele seien solche Angebote organisatorisch nicht machbar, auf jeden Fall stellten sie die Wirte vor Herausforderungen, „je nach Art von Küche“. Albrecht weist darauf hin, dass Getränke für Wirte eine wichtige Einnahmequelle sind, weil die Gewinnspanne höher ist. Ohne Getränkeverkauf sitzen die Wirte ein Stück weit auf dem Trockenen.

Existenzängste und hohe Hürden

Was die Anfang November versprochenen staatlichen Hilfen für die Hotel- und Gastromiebranche im zweiten Lockdown betrifft, sagt die Dehoga-Kreisvorsitzende Theresa Albrecht: „Ich weiß noch von keinem, der eine Hilfe bekommen hat.“ Sie verweist auf die „Frühlingshilfe“. Aus dem milliardenschweren Topf seien aufgrund der hohen Anforderungen gerade einmal sechs Prozent abgerufen worden. Laut einer Umfrage des Bundesverbands des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) Anfang November haben über zwei Drittel der befragten Gastronomen und Beherbergungsbetriebe Existenzängste. Jedem sechsten Betrieb drohe Insolvenz.

Artikel 4 von 6