Wasserburg – Der Wasserburger Gerd Maas ist Vorstandsmitglied des Verbands „Die Familienunternehmer“ in Bayern. Im Interview berichtet der 53–jährige Betriebswirt, der mit seiner Frau Heike einen Familienbetrieb für Dienstleistungen im Projektmanagement führt, über seine Forderungen an die Wirtschaftspolitik in und nach Corona-Zeiten – und warum schnelle Datenautobahnen genauso wichtig sind wie gute Straßen.
Die Familienunternehmen schauen besorgt ins neue Jahr, so das Ergebnis einer Umfrage unter Mitgliedsbetrieben. Was sind die größten Sorgen?
Die gesamtwirtschaftlich trüben Konjunkturaussichten und der durch die Corona-Pandemie beschleunigte Strukturwandel treiben uns alle natürlich um. Trotz solcher Sorgen wollen die Familienunternehmer aber im Schnitt die Beschäftigung eher ausbauen als reduzieren: Gut ein Viertel plant 2021 Neueinstellungen, die Hälfte will den Mitarbeiterstamm konstant halten und nur 16 Prozent überlegen Personalabbau. Das zeigt deutlich, dass der Blick nach vorne gerichtet ist: Aufbruch aus der Krise. Daran knüpft sich dann auch die größte Sorge: Steuererhöhungen. Höhere Unternehmenssteuern oder die immer wieder ins Spiel gebrachte Vermögenssteuer wirken sich unmittelbar auf die Innovations- und Investitionsfähigkeiten aus. Gerade Familienunternehmer reinvestieren einen Großteil ihrer Gewinne, statt auszuschütten, erhalten und schaffen damit Arbeitsplätze. Je mehr der Fiskus hier abschöpft, umso weniger wettbewerbsfähig sind die Betriebe auch gegenüber der europäischen und internationalen Konkurrenz.
Wie schauen Sie mit Ihrem Unternehmen, das Projekte und Kampagnen für Wirtschaft, Politik und öffentlichen Institutionen erarbeitet, ins neue Jahr? Hat die Pandemie Ihre Arbeitsweise verändert?
Außer dass Projektabstimmungen mit Partnern und Kunden noch etwas mehr per Telefon oder digital laufen, hat sich bei uns tatsächlich nicht sehr viel geändert. Die Lieferanten, zum Beispiel Kreative oder Druckereien und Konfektionierer, sind alle in Bayern ansässig und haben ohne nennenswerte Einschränkungen weitergearbeitet. Und unser Schwerpunkt für Projekt-Dienstleistungen in der Gesundheitsvorsorge hat nicht an Bedeutung verloren. Das Einzige, was wirklich schade war und nach wie vor ist: Unsere Lehraufträge an Münchner Hochschulen laufen alle nur noch per Zoom. Das ist natürlich problemlos machbar, aber es geht schon ein Stück Intensität verloren.
Je länger die Pandemie dauert, desto mehr werden auch Unternehmen in Krisen geraten. Wie bewerten Sie die Hilfen von Bund und Land?
Zu Beginn der Pandemie haben Bund und Land in Rekordzeit einen breiten Rettungsschirm aufgespannt und Gelder zur Verfügung gestellt. Dieses Tempo wurde bei den nachfolgenden Hilfen leider nicht aufrechterhalten – im Gegenteil: Viele Betriebe warten immer noch auf die versprochenen Novemberhilfen. Die Bürokratie ist eine weitere Hürde: Oft ist unklar, welche Unternehmen überhaupt auf Hilfen hoffen dürfen. Antragsregeln werden zuweilen über Nacht geändert, sodass sogar erfahrene Steuerberater überfordert sind. Der Freistaat Bayern arbeitet die Corona-Hilfen engagiert ab, ist aber von der organisatorischen und technischen Vorarbeit des Bundes abhängig – diese ist leider mangelhaft.
Landesvorsitzender Luitpold Prinz von Bayern hat der Politik vorgeworfen, mit der Forderung nach einer Homeoffice-Pflicht Augenwischerei zu betreiben. Zuerst gelte es, die Hausaufgaben bei der Digitalisierung zu erledigen. Wie ist die Situation in den Landkreisen Rosenheim, Mühldorf und Traunstein?
Vernachlässigt man die Mobilfunk-Abdeckung – unterwegs kann man hier ja nicht einmal telefonieren, ohne zigmal unterbrochen zu werden – dann ist der Ausbau mit mindestens 30 Mbit/s-Anschlüssen in den Landkreisen ganz ordentlich. Vielerorts fehlt aber immer noch die Einsicht der Kommunen, dass Breitbandausbau kein Luxus, sondern Basis-Infrastruktur ist. Schnelles Internet müsste heute eigentlich so selbstverständlich sein, wie man die Straßen im Ort teert. Und mit schnellem Internet meine ich nicht die über Kupferdraht maximal verfügbaren 100 Mbit/s beim VDSL-Vectoring. Selbst das sind heute nur Mindestanforderungen in einem produktiven digitalen Arbeitsumfeld. Der ungebrochen enorm schnelle Fortschritt von digitalisierten Anwendungen erfordert eine möglichst gut nach oben offene Skalierbarkeit von Datenübertragungs-Infrastruktur, wie zum Beispiel über Glasfaser.
Interview: Heike Duczek