Alte Köpfe denken für junge Gründer

von Redaktion

Interview mit Bernd Remmelberger, Vorsitzender der Aktiven Wirtschaftssenioren

Lilo Wallner (75)

Nachbarschaftshilfe

Großkarolinenfeld

„Seit einigen Jahren wird unsere Nachbarschaftshilfe von den Aktiven Wirtschaftssenioren beraten. Durch ihre Unterstützung ließen sich Betriebsabläufe optimieren. Im wirtschaftlichen Bereich wurde mit ihrer Unterstützung umstrukturiert und damit die Gesamtsituation verbessert.“

Roland Ziegaus (53)

Noch in Gründungsphase

Rosenheim

„Ich bin total begeistert von der Arbeit der Wirtschaftssenioren. Der Verein ist einfach eine tolle Einrichtung – nicht nur für Gründer, die sich meistens aus finanziellen Gründen das vielschichtige Know-how einer klassischen Unternehmensberatung einfach nicht leisten können.“

Martina Ponath (33)

Future Stories GmbH

Hamburg

„Der Austausch mit den Aktiven Wirtschaftssenioren war sehr angenehm und sympathisch. Uns wurde sehr schnell und effizient Unterstützung angeboten. Man hat gemerkt, dass alle Beteiligten mit vollem Elan dabei sind, die Projekte sehr ernst nehmen und gewissenhaft betreuen.“

Bad Aibling/Landkreis – „Wir helfen gerne und ehrenamtlich“ – diesen Slogan hat sich der Verein „Aktive Wirtschaftssenioren“ mit Sitz in Bad Aibling auf seine Fahnen geschrieben. Seine Mitglieder waren Führungskräfte in der heimischen Wirtschaft. Jetzt in ihrem Ruhestand haben sie aber nicht die Hände in den Schoß gelegt, sondern geben ihren Erfahrungsschatz und ihr Beziehungspotenzial an nachfolgende Generationen weiter. Wie das seit Jahren gut funktioniert, hat ihr Vorsitzender Bernd Remmelberger im Interview mit dem Mangfall-Boten deutlich gemacht.

Was steckt hinter der Idee der Wirtschaftssenioren?

Unser Verein hat sich 2006 von dem bayernweit agierenden Verein „Aktive Wirtschaftssenioren“ getrennt, weil er wie ein Unternehmen organisiert war. Dort wurde von oben nach unten delegiert, das Fußvolk war vor Ort für die Arbeit, musste Berichte schreiben, Tagungen besuchen; einige Rosenheimer Mitglieder hatten sich dann dazu entschlossen, das nicht mehr mitzumachen. Die Gründungsmitglieder waren unter anderem Josef Kugler, Fritz Vogl, Joachim von Oertzen und Edeltraut Hinkel. Sie sind noch aktiv.

Wie sieht Ihr berufliches Profil aus? Welche Erfahrungen bringen Sie mit für die Beratungen?

Nach meinem Studium Maschinenbau und Betriebswirtschaft habe ich in einem mittelständischen Unternehmen den Kunststoffbereich mit aufgebaut. Nach 14 Jahren habe ich weitere 14 Jahre den technischen Hubschrauber-Kundendienst in einem Luftfahrtunternehmen geleitet. Von 1994 bis zum Renteneintritt 2004 war ich Geschäftsführer im technischen und logistischen Bereich der ADAC-Luftrettung. Seit 2007 bin ich Mitglied bei den Wirtschaftssenioren.

Was war Ihr Antrieb, sich bei den Wirtschaftssenioren zu engagieren?

Der gleiche, was die anderen Mitglieder dazu bewogen hat: Wie waren Führungskräfte in der heimischen Wirtschaft. Wir haben über viele Jahre Erfahrungen gesammelt und Beziehungen vertieft. Diesen Erfahrungsschatz und das Beziehungspotenzial wollen wir regional in Stadt und Land Rosenheim weitergeben. Unsere Motivation und unser Profit: Nicht einzurosten, und noch viele Jahre aktiv zu bleiben.

Wie haben Sie Ihr erstes Beratungsgespräch noch in Erinnerung?

Dabei ging es um eine Betriebsübergabe an den Sohn, was bis dahin überhaupt nicht geklappt hatte, aber mein Kollege, den ich begleitet habe, hat die dann mit seinem Mandanten knallhart durchgezogen. Dann hatte ich meinen ersten eigenen Einsatz: Mein Mandant war ein Handwerker, dessen Frau schwer krank war. Er wollte nebenher noch Geld verdienen, um die Familie mit drei Kindern besser versorgen zu können und dazu eine Firma gründen. Weil es ein sozialer Fall war, entfiel aus unserer Sicht die Beratungspauschale. Ich habe nach seinem Erfolg noch lange Kontakt mit ihm gehabt. Dann ging es Schlag auf Schlag für mich.

Was war bislang Ihr interessantestes Projekt, das Sie begleitet haben?

Für einen mittelständischen Unternehmer hatte die Zusammenarbeit mit einer Firma nicht funktioniert. Aus dieser Geschäftsverbindung wäre er mit einer hohen sechsstelligen Summe belastet worden. Über das Patentrecht habe ich ihm helfen können, da rauszukommen. Das war vor etwa neun Jahren. Seitdem lässt er unserem Verein regelmäßig Spenden zukommen. In einem anderen Fall hatte ich es mit einem beratungsresistenten Chef zu tun. Mit vielen Gesprächen habe ich versucht, ihn vor einer Insolvenz zu bewahren. Es half alles nichts. Mittlerweile wurde die Firma von einem anderen Unternehmen übernommen und floriert jetzt. Weil die Basis schon vorher dafür stand; das wollte ich meinem Mandanten eigentlich klar machen. Das war schon sehr ärgerlich.

Wie kommen die Mandanten zu Ihnen? Über Werbung oder Mundpropaganda?

Wir arbeiten sehr eng mit der Abteilung Wirtschaftsförderung des Landratsamtes Rosenheim zusammen. Jeden ersten Donnerstag im Monat bieten wir dort einen Beratungstag an, der bislang immer gut angenommen wurde. Jetzt während der Corona-Pandemie geht natürlich nichts weiter. Mandanten bekommen wir auch über die Agentur für Arbeit, die Deutsche Angestellten-Akademie, oder über Banken; aber für die größte Nachfrage sorgen Empfehlungen.

Was macht es mit Ihnen, wenn Sie Ihrem Mandanten helfen konnten und sich der Erfolg einstellt?

Es ist für uns immer wieder eine Herausforderung, sich den Aufgaben der Mandanten zu stellen. Wir sind zwar schon „alte Knöpfe“, aber mitdenken können wir schon noch. Eine tolle Bestätigung. Unser Vorteil: Wir sind zwar alt, aber glaubwürdig.

Auch für junge Menschen?

In der Regel schon. Was aber zum Problem werden kann, ist die Kommunikation mit jungen Menschen, zum Beispiel 20-Jährigen. Die haben ein anderes „Wording“. (lacht) Übersetzt aus dem Neu-Deutschen: eine andere Ausdrucksweise. Da haben wir oftmals Fragezeichen im Kopf, wenn es in einem Geschäftsplan – sprich Businessplan – zum Beispiel an einer Stelle heißt: B2B, oder B-to-B, oder BtB. Das steht für Business-to-Business und bezeichnet Geschäftsbeziehungen zwischen zwei oder mehr Unternehmen. Darüber musste ich mich von meinem Enkel aufklären lassen.

Interview: Ulrich Nathen-Berger

„Der Verein ist einfach eine tolle Einrichtung – nicht nur für Gründer“

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