Rosenheim/Traunstein – Wäre es nicht schön, wenn ein Blick aufs Smartphone reichen würde, um zu wissen, wo es in der Nähe einen Bauernhof gibt, der frische Eier, Obst, Gemüse oder Fleisch verkauft und das aus umsichtiger und naturgerechter Produktion? Wenn man also gezielt danach suchen könnte, und nicht mehr auf zufällige Entdeckungen oder „Geheimtipps“ von Bekannten angewiesen wäre?
Und dann das Ergebnis noch auf den jeweiligen eigenen Standort hin zugeschnitten präsentiert bekäme? Punktgenau, die Anbieter nach Entfernung geordnet und mit der Möglichkeit, sich navigieren zu lassen? Der Wunsch kann erfüllt werden, denn die entsprechende „App“ gibt es bereits. Sie ist kostenlos, nennt sich „Frisch vom Hof“ und in ihr findet man nicht nur alle Direktvermarkter in den Landkreisen Rosenheim und Traunstein, sondern auch Geschäfte, die ihrerseits Hofprodukte anbieten, alle Bauernmärkte und auch alle Hofcafés.
Landwirtschaft und
Kunden verbinden
Die App ist das gemeinsame Kind der Volks- und Raiffeisenbanken sowie der RegRo, des Vereins zur Förderung der Regionalentwicklung im Raum Rosenheim. Sie ist nicht neu, es gibt sie seit 2013 und die Idee dahinter ist noch älter: Es geht darum, die Kunden mit der heimischen Landwirtschaft möglichst unmittelbar zusammenzubringen.
Die einen haben dadurch einen Einkauf, bei dem sie sich von der Sorgfalt bei der Herstellung quasi mit eigenen Augen überzeugen können, die anderen ein zusätzliches Standbein für den Betrieb, das es erleichtert, die Kosten für hochwertige und naturgerechte Produktion einzuspielen. Was aber verhindern hilft, dass immer mehr Betriebe aufgeben, immer mehr Flächen zusammengelegt werden, hilft am Ende die heimische Landschaftsstruktur zu bewahren, die das große Plus dieser Region ist.
Schon in den 1990er-Jahren hat deshalb Christian Bürger, Kreisdirektor Agrar bei den Volks- und Raiffeisenbanken, eine Broschüre herausgegeben, in der die Direktvermarkter aufgelistet wurden. Die Idee, diese Broschüre in eine App zu übertragen, lag für ihn bald auf der Hand, denn hier könnten sich Ergänzungen viel schneller vornehmen lassen, die App also viel aktueller sein und in ihrer Handhabung auch deutlich vielseitiger als eine Broschüre.
Richtig Fahrt hat die Idee dann um 2011 aufgenommen, als die RegRo begann, daran mitzuarbeiten. Die RegRo hatte in Sachen „Regional Einkaufen“ schon 2009 einen großen Erfolg erzielt, als es gelang, in den Edeka-Märkten regionale Produkte unterzubringen. Das einzige Problem dabei: Es können dort nur Produkte angeboten werden, die eine Mindesthaltbarkeit von sechs Monaten haben. Die App also die ideale Ergänzung, denn hier kann dem Endverbraucher mit einem Medium, das er immer dabeihat, schnell und unkompliziert der direkte Zugang zu den Frischprodukten der Erzeuger eröffnet werden. Für Sebastian Friesinger, Bezirksrat und Vorsitzender der RegRo, liegt im direkten Zugang der entscheidende Punkt: „Es ist wichtig, dass die Kunden erkennen, dass der Weg zum Direktvermarkter oft nicht weiter ist, als der zum nächsten Supermarkt.“ Denn es geht bei dem Bemühen, die regionale (Land)-Wirtschaft zu stärken, darum, möglichst viele Kunden zu erreichen und dafür müssen alle nur möglichen Hemmnisse aus dem Weg geräumt werden.
Die App ist dazu eigentlich das ideale Vehikel und die Tatsache, dass sie bereits gut 5000-mal heruntergeladen wurde, durchaus ein beachtlicher Erfolg. Dennoch wünschen sich Friesinger und Bürger noch mehr Abnehmer: „Derzeit ist es so“, sagt Christian Bürger, dass die Zahl der Betriebe, die aufgenommen werden wollen, fast schneller wächst als die Zahl der Downloads bei den „Kunden. Das ist überspitzt formuliert, aber dennoch die Beschreibung eines allgemeinen Bildes: Noch immer übersteigt im Direktverkauf das Angebot, das die Landwirte bereitstellen könnten, die tatsächliche Nachfrage.
Nicht alle Neukunden
bleiben erhalten
Die erste Welle der Corona-Krise im Frühjahr hatte den Direktvermarktern zwar einen gewissen Aufschwung verschafft, aber die vorübergehende Normalisierung im Sommer zeigte, dass nicht alle Neukunden hängenbleiben: Gewohnheiten, auch alte Einkaufsgewohnheiten, haben eben eine starke Beharrungskraft.
Für Wast Friesinger und Christian Bürger bleibt das Ziel, den regionalen Einkauf auf Dauer zu stärken, deshalb ein stetes Bemühen um jeden einzelnen Kunden: „Das ist kein Selbstläufer“. Darum wird die App auch fortwährend weiterentwickelt und schon durch den stetigen Zuwachs an weiteren Anbietern fast täglich attraktiver. Bürger ist dabei froh, in Friesinger einen „unermüdlichen Kümmerer“ für die App zu haben, dessen Antrieb sich auch daraus speist, eines Tages feststellen zu können: Regional ist das neue Bio.