Prien – Welchen Beitrag spielen Innovationen im Güterverkehr der Zukunft für eine wirkungsvolle Reduzierung der CO2-Emissionen im Sinne des von der EU-Kommission anvisierten „Europäischen Green Deal“? Wegweisende Projekte und neue Lösungsansätze dazu präsentierten die Deutsche Verkehrswissenschaftliche Gesellschaft Südbayern (DVWG) e.V. und die LKZ Prien GmbH (Logistik-Kompetenz-Zentrum) im Rahmen eines Fachforums auf der Online-Fachmesse „transport logistic“. Es ist eines der weltweit größten Expertentreffen für Logistik, Mobilität, IT und Supply Chain Management.
Schreyer erklärt
Bayerns Strategie
Mit rund 1200 Zuhörern war die Diskussion mit ausgewiesenen Verkehrsexperten einer der gefragtesten Beiträge der Messe. Die bayerische Bau- und Verkehrsministerin Kerstin Schreyer skizzierte eingangs die Güterverkehrsstrategie des Freistaats. Nur durch die kluge Verknüpfung von Schiene und Straße sei ein Güterverkehr zu erreichen, der wirtschaftlich, leistungsfähig und umweltschonend ist. Als „völlig gegen die Logik“ bezeichnete Schreyer Fahrverbote für Lkws mit modernsten Umweltstandards. Staus und Blockabfertigungen erschwerten die Planbarkeit. Dies treffe vor allem kleine Unternehmen. Als Grundlage für Zukunftsstrategien erarbeite das Ministerium aktuell ein Gesamtkonzept für den Güterverkehr in Bayern.
In der Online-Diskussionsrunde sprach Moderator Tim-Oliver Frische von der DVV Media Group GmbH mit den Experten über die aktuellen Herausforderungen. Für die Eisenbahnverkehrsunternehmen sah Albert Bastius, Produktionsvorstand der TX Logistik AG, diese vor allem in den hohen Investitionskosten und knappen Kapazitäten begründet. Durch digitale Prozess- und Systemoptimierung sei viel zu erreichen. Um die hohe Produktivität und Zuverlässigkeit aber auch weiterhin gewährleisten zu können, sei ein Finanzierungs- oder Fördersystem zu überlegen. Ingo Egloff, Vorstand des Hamburg Hafen Marketing e.V. berichtete, dass der „größte Eisenbahnhafen Europas“ bereits 50 Prozent des Containerverkehrs auf der Schiene abwickle und damit auf Klimaschutz setze.
Dr. Bert Zamzow, Leiter des Transportsystems Bögl (TSB) der Firmengruppe Max Bögl, verwies auf das von seinem Unternehmen entwickelte vollautomatische Transportsystem mit Magnetschwebetechnik. Dieses biete als Alternative zum Lkw eine klimaschonende Alternative gerade bei der Feinverteilung von Einzelcontainern in Metropolregionen. Karl Fischer, Geschäftsführer des LKZ Prien GmbH, verwies auf die Diskrepanz, dass zwar 70 Prozent der Container mit Seehafengütern zum Hamburger Hafen auf der Schiene anrollen, in der sensiblen Alpenregion des bayerischen Inntals aber bisher nur 22 Prozent der Güter auf der Schiene transportiert werden.
Um dem kombinierten Verkehr mehr Gewicht zu verleihen, sprachen sich Bastius und Egloff für den zeitnahen Einsatz innovativer Umschlaganlagen und längerer Züge, modernere Leittechnik, eine dichtere Zugtaktung, Modernisierung der Güterterminals und die effiziente Vernetzung über Logistikplattformen aus. Das Vorantreiben der Digitalisierung sei dabei unumgänglich.
Wie es schneller, effizienter, emissionsärmer und umweltfreundlicher geht, will das Unternehmen Bögl mit seinem TSB im Oktober auf dem Weltkongress für intelligente Transportsysteme im Hamburger Hafen demonstrieren.
Karl Fischer äußerte dazu die Hoffnung, mit der neuen Technologie die Umschlagzeit von Containern von drei Stunden auf weniger als 15 Minuten zu verkürzen und damit auch die Innenstädte von Güter-Lkws zu entlasten. „Das wäre ein echter Durchbruch.“
Enorme Zeitersparnis
und Entlastung
Damit könnten auch teure Hafenflächen im Zentrum entlastet und Lagerkapazitäten ins Hinterland versetzt werden, was Logistikkosten einspare. Für den innovativen Güterverkehr der Zukunft und die gezielte Steigerung des Kombinierten Verkehrs, so Fischer weiter, sei aus seiner Sicht ein Mix verschiedener Elemente essenziell: bahnfähige Trailer mit neuen Standard-Ladeeinheiten („Future Trailer“) für Lkw- und Bahntransport, innovative Umschlaganlagen, die Verlängerung von Zugeinheiten in bestimmten Streckenabschnitten („Kuppeln und Flügeln“) und die Kombination mit Citylogistik. Weitere Diskussionspunkte bildeten die Themen Serviceverbesserung in Terminals, intuitive Buchungsplattformen, die Vernetzung mit der Binnenschifffahrt, gemeinsam genutzte Verladeterminals von Mittelständlern und Einsparpotenziale durch Schnittstellenoptimierung.