Bad Endorf – „Wirtschaftlich gesehen war das Corona-Jahr 2020 ein robustes Jahr“. Diese Feststellung traf Dietolf Hämel, der Vorsitzende der Gesundheitswelt Chiemgau AG, bei der Aktionärshauptversammlung vor wenigen Tagen. Der Bilanzgewinn der GWC AG beträgt fast 2,3 Millionen Euro, von denen 450000 Euro an die Aktionäre ausgeschüttet, 1,3 Millionen Euro in andere Gewinnrücklagen eingestellt werden, sodass ein Gewinnvortrag von 533000 Euro bleibt.
Ein mehr als respektables Ergebnis, denn natürlich hatte der Gesundheits- und Touristikkonzern mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie hart zu kämpfen. Die Touristiksparte mit dem Thermenhotel Ströbinger Hof**** und den Chiemgau Thermen in Bad Endorf war durch den zweimaligen Lockdown fast völlig lahmgelegt, doch auch die Kliniken waren betroffen.
Rettungsschirme
kompensieren Umsatzeinbruch
So musste, wie Hämel erläuterte, zum Beispiel die Patientenzahl reduziert werden, um Planbetten samt dem dafür nötigen Personal vorhalten zu können, zugleich wurde der Klinikbetrieb durch das Bereitstellen der Schutzausrüstungen teurer. In der Folge sank der Umsatz im Jahr 2020 um 16 Prozent gegenüber dem Vorjahr, das heißt um rund zehn Millionen Euro auf 52,8 Millionen Euro.
Dass dieser Einbruch unterm Strich vollständig kompensiert werden konnte, lag zum einen an den staatlichen Rettungsschirmen, die, wie Hämel betonte, eine entscheidende Grundlage für die Existenzsicherung der Gesundheitsfürsorge in Deutschland waren. Es lag aber vor allem auch an den erfolgreichen Gegensteuerungsmaßnahmen des Konzerns: Wo gespart werden konnte, ohne das Leitbild einer besonderen Patientenbetreuung zu unterhöhlen und ohne die strategischen Entwicklungskonzepte zu gefährden, tat man es.
Das bedeutet in der Praxis beispielsweise, dass man trotz der Sparmaßnamen den Ausbau des Reha-Standortes Rosenheim durch Anmietung und Ausbau weiterer Räume vorantrieb. „Corona hat gezeigt“, so der GWC-Vorsitzende, „dass die Welt zerbrechlich ist und wie schnell sich für stabil gehaltene Rahmenbedingungen ändern können. Wir haben unter dieser Erkenntnis versucht, unsere Gesamtentwicklungsstrategie auf den Prüfstand zu stellen und dabei auch Stresstests zu unterwerfen“. Dabei habe sich gezeigt, dass die ambulanten Therapien ein wichtiger und beständiger Teil des Angebots-Portfolios sein werden. Auch die Raumnutzung in den Kliniken soll optimiert und verbessert werden, hierfür läuft derzeit ein Raum-Masterplan. Sorgenkind dabei ist, wie der GWC-Vorsitzende einräumte, der Standort Prien. Hier sei man nach wie vor dabei, eine Verbesserung herbeizuführen, die unter anderem durch die Tatsache erschwert werde, dass man dort nur Pächter, aber nicht Eigentümer der Liegenschaften sei.
Dass man sich bei keinem Punkt der strategischen Agenda die Entscheidungen leicht gemacht hat, verdeutlichte Hämel unter anderem bei der Digitalisierung. Im Prinzip seien hier viele Vorteile, zum Beispiel bei der Möglichkeit einer digitalen Patientenakte, unbestritten. In der Praxis aber müsse man sich immer wieder fragen, ob die Einzelvorhaben auch tatsächlich einen effektiven Mehrwert für den Klinikbetrieb, vor allem aber für die Patienten ergäben. Digitalisierung nur der Digitalisierung willen sei eindeutig der falsche Weg, zumal die Digitalisierung unbedingt mit entsprechenden Investitionen im Bereich der IT-Sicherheit einhergehen müsse.
1200 Mitarbeiter
halfen Konzern
durch die Krise
Die Ausrichtung auf den Patienten hin, das Bemühen, sich von den Mitbewerbern durch eine besondere Zugewandtheit zu den Kunden abzusetzen, bleibe auf jeden Fall der unverrückbare Kern des Konzerns, so Hämel.
Er, wie auch der Aufsichtsratsvorsitzende Gerhard Ertl, bedankte sich deshalb mehrmals bei den 1200 Mitarbeitern und hob hervor, dass die erfolgreiche Überwindung der bisherigen Krise nur durch deren Teamgeist, ihre Loyalität und ihr Engagement möglich gewesen sei.
Damit werde, so Hämel, auch das kommende Jahr zu meistern sein, das wirtschaftlich gesehen jedoch ebenfalls noch ein „Corona-Sonderjahr“ sein werde: Zwar hoffentlich ohne einen weiteren Lockdown, aber mit der Erschwernis, die Nachwirkungen der Corona-Pandemie zu schultern und dies ohne einen Großteil der staatlichen Rettungsschirme.