DGB: Stromtrasse dringend nötig

von Redaktion

Bauboom und Zukunft des Chemiedreiecks sind Themen des Sommergesprächs

Mitarbeiter der Siltronic AG, einer Tochtergesellschaft der Wacker Chemie, bei der Herstellung von Siliziumscheiben für die Chip-Produktion im Werk in Burghausen. Foto dap/picture alliance

Mühldorf/Töging – Die Transformation des bayerischen Chemiedreiecks zu einem wasserstoffbasierten Industriecluster, Innovationen der Bahn und die Forderungen der Gewerkschaften, auch die Baubranche wieder attraktiv zu machen, standen im Mittelpunkt des Sommergesprächs des Deutschen Gewerkschaftsbundes in Töging.

Auf die Sorgen in der chemischen Industrie machte Markus Hautmann von der IG BCE aufmerksam. Besonders für das bayerische Chemiedreieck stellten die steigenden Energiepreise nach dem Atom- und Kohleausstiegs ein systemisches Problem dar. Die Branche stünde generell unter Druck: „Es gibt bundesweit aktuell 700 Ausbildungsplätze weniger“, machte der Bezirksleiter der Chemiegewerkschaft klar.

Energieprobleme schnell lösen

Abseits des Strompreises gehe es darum, große Netzschwankungen zu verhindern, zum Beispiel durch die geplante 380-kV-Trasse, die Ökostrom aus Norddeutschland bringen soll. Um die Gegner zu besänftigen, sei es an der ein oder anderen Stelle „nötig und sinnvoll“, auch unterirdisch zu trassieren, selbst wenn dies teuer sei, sagte Hautmann.

Um weiterhin konkurrenzfähige Produkte exportieren zu können, sieht auch DGB-Geschäftsführer Günter Zellner einen „riesigen Investitionsbedarf“. Die geplante Decarbonisierung des bayerischen Industriedreiecks ist seiner Ansicht nach ohne Steuererhöhungen nach der Bundestagswahl nicht erreichbar. „Wir müssen die Sozialsysteme wieder stabilisieren!“, sagte Zellner mit dem Blick auf die durch Kurzarbeit während der Corona-Krise aufgebrauchten Rücklagen der Bundesarbeitsagentur und das bisher noch unangetastete Rentenniveau.

Er hält es für möglich und nötig, Reiche stärker in die Pflicht zu nehmen, um die durch Corona entstandenen Finanzlöcher zu stopfen: „In New York werden Spitzenverdiener, die mehr als 500000 im Jahr verdienen, mit 55 Prozent besteuert. Trotzdem zieht keiner weg!“, sagte Zellner.

Den in seinem Unternehmen nötigen Investitionsbedarf benannte schließlich auch DB-Cargo-Betriebsrat Kurt Dobrauer von der Gewerkschaft EVG.

Schon als er im Jahr 1976 zur Deutschen Bahn gekommen sei, habe man über den zweigleisigen elektrifizierten Ausbau des bayerischen Chemiedreiecks gesprochen, der aber erst jetzt verwirklicht und voraussichtlich bis 2030 abgeschlossen sein werde.

Darüber hinaus gäbe es aber noch viele andere Baustellen, die aber nur angepackt werden könnten, wenn „die Gemeinden beim Ausweisen von Industriegebieten künftig den Bahnanschluss nicht mehr vergessen!“, sagte Dobrauer. Flüsterbremsen bei Güterwägen, automatische Kupplungen, die eine effizientere Steuerung auf Rangierbahnhöfen ermöglichen oder die Beschaffung elektrischer oder noch zukunftsweisenderer Züge müssten auch von den Nutzern nachgefragt werden.

„Bei inzwischen 30 Milliarden Euro Schulden kann nicht immer wieder nur der Staat gefordert werden“, sagte der Gewerkschafter mit Blick auf die Verbindlichkeiten des im Staatsbesitz befindlichen DB-Gesamtkonzerns. Zuversichtlich zeigte sich der Betriebsratsvorsitzende aber mit Blick auf den neuen Vorstand der DB Cargo, der einen frischen Wind ins Unternehmen gebracht hätte.

Gewerkschaft hat Akzeptanzproblem

Die Befürchtungen aller Gewerkschafter brachte am Ende Mühldorfs DGB-Vorsitzender Richard Fischer auf den Punkt. Offen sprach er das Problem an, dass Gewerkschaften zuletzt massiv an Akzeptanz verloren hätten: „Es gibt immer weniger Betriebsräte und die Arbeitgeber unterstützen das auch noch mit juristischen Hinweisen“, so Fischer.

Zwar seien in den großen Unternehmen des Chemiedreiecks noch etwa 85 Prozent der Beschäftigten Mitglieder in der Gewerkschaft, wie Markus Hautmann erklärte. Doch das, was die Gewerkschaften erreichen, nütze jedem Arbeitnehmer, betonte abschließend auch Heike Stoffel, stellvertretende Bezirksleiterin der IG Bau Bayern: „Wir haben erreicht, dass die Zahl der Subunternehmer ohne Tarifbindung sinkt.“

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