Amerang – Ein Kochlehrling bei Auer Packaging – das ist neu. Eigentlich setzt das Unternehmen, das sich auf die Produktion und den Vertrieb von Transport- und Lagerbehältern aus Kunststoff spezialisiert hat, seit Jahren immer schon auf die Ausbildung der eigenen Mitarbeiter in den kaufmännischen Bereichen oder bildet Verfahrensmechaniker für Kunststoff und Kautschuk aus. Seit September wird, erstmals in der Firmengeschichte nun auch ein Koch angelernt.
Mahlzeiten
für 160 Mitarbeiter
Was auf den ersten Blick ungewöhnlich für ein Unternehmen dieser Branche erscheint, erklärt sich durch das seit 2014 bestehende firmeneigene Restaurant: Dort werden Mahlzeiten aus regionalen Zutaten kostenlos für mittlerweile über 160 Mitarbeiter zubereitet, wes-halb eine Verstärkung der Kochmannschaft notwendig wurde. Mit der Genehmigung durch die IHK konnten Koch Pierre Rath und sein Team jetzt den Auszubildenden Martin Rademacher neu begrüßen. Die Köche erstellen eine Wochen-Menükarte. Sie planen Portionen und bereiten sie vor. Angeboten werden immer Gerichte mit Fisch, Fleisch und eine vegetarische Variante sowie Vorspeisen, Suppen und Desserts.
„Mir hat Kochen immer schon Spaß gemacht“, sagt der neue Auszubildende. Auf den für einen Industriebetrieb eher seltenen Ausbildungsplatz sei er durch sein Schulpraktikum bei der Firma gekommen. Anschließend habe er sich auf die Ausbildungsstelle beworben.
Im jetzigen Tagesablauf begeistert Rademacher vor allem, dass täglich andere Gerichte zubereitet würden. „So lerne ich auch jeden Tag etwas Neues.“
Das präzise und doch schnelle Anrichten muss allerdings noch zur Routine werden, gibt er zu. Alles will gut geübt sein, denn, „bei uns wird auch Wert auf die Optik der Gerichte, die an die Mitarbeiter rausgehen, gelegt“.
Dass alles gelingt, dafür sorgt Ausbilder Pierre Rath. Unterschiede bei einer Ausbildung in einer Firmenküche zu der in einem normalen Restaurant sieht er unter anderem in einem geringeren Stressfaktor. Daher könne ein anderer Umgangston gepflegt werden und man habe mehr Möglichkeiten, in Ruhe Dinge zu erklären.
Dazu komme mehr Planungssicherheit für die Küche. Denn die Gerichte und die Anzahl der zu verpflegenden Personen seien bekannt. Schwerpunkte setze er vor allem auf „Qualität vor Quantität“, regionale Bioprodukte sowie gesunde und frisch zubereitete Mahlzeiten. Es würden auch immer neue Gerichte ausprobiert. Der Kreativität sei generell keine Grenzen gesetzt.
Seinem Auszubildenden möchte Rath jetzt zunächst die Grundlagen wie die all-gemeine Küchenhygiene und den verantwortungsbewussten Umgang mit Lebensmitteln beibringen. Aber auch Schneide- und Schälarbeiten gehören zu den Grundfähigkeiten. Im Vordergrund stehe die korrekte Arbeitsausführung, nicht die Schnelligkeit.
„Einen Koch in einem Industrieunternehmen ausbilden – das ist ungewöhnlich“, sagt Rudolf Zellner, stellvertretender Kreisvorsitzender des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes. Die Gastronomie sei im Wandel.
Nachfrage nach
Ausbildung lässt nach
Er empfiehlt dem Unternehmen, den Azubi auch zu einer Lehreinheit in eine externe à-la-carte-Küche zu schicken, damit er erfahre, wie es sei, stoßweise die Bestellungen von mehreren Tischen auf einmal abzuarbeiten. Somit sei er im späteren Berufsleben auch für diese Art der Gastronomie gewappnet.
„Das machen wir auch. Martin wird deswegen auch für einige Monate zum ,Wirth von Amerang‘ ausgeliehen, damit er mitkriegt, wie es da läuft“, sagt Ausbilder Pierre Rath. Er wisse, dass diese Ausbildungskomponente in seiner Kantine nicht möglich sei.
Zellner bedauert, dass die Nachfrage von jungen Leute, eine Ausbildung in der Gastronomie zu machen, sehr stark nachgelassen habe.
Ein Studium sei sehr viel gefragter. „Selbst die Betriebe mit den großen bekannten Namen können ihre Ausbildungsplätze nicht mehr ausreichend besetzen“, sagt Zellner. Karlheinz Rieger und Andrea Klemm