Seebruck – Dem Ingenieur ist nichts zu schwör.“ Dieser dem Erfinder Daniel Düsentrieb zugeschriebene Ausspruch könnte auch einer der Leitsätze von Engelbert Regnauer sein. Der Seniorchef der Regnauer Fertigbau GmbH & Co. KG in Seebruck feierte kürzlich seinen 85. Geburtstag.
Mit Technikbegeisterung, Tatkraft und Innovationsgeist, gepaart mit Pragmatismus und Marktgespür hat der Unternehmer aus der Zimmerei und Bauschreinerei seines Vaters ein heute bundesweit erfolgreiches Unternehmen mit 240 Mitarbeitern gemacht. Durch sein soziales und politisches Engagement ist Regnauer auch regional bestens vernetzt. Im Gespräch erweist sich der rüstige Senior als kritischer Zeitzeuge bundesdeutscher und kommunaler Wirtschaftsgeschichte.
Bereits sein Vater Engelbert Regnauer senior bewies Mut und Unternehmergeist. Im Jahr der Weltwirt-schaftskrise 1929 gründete dieser am Chiemseeufer einen Handwerksbetrieb und baute 1936 das erste Regnauer-Fertighaus aus Holz. Als Zimmererlehrling begann Engelbert Regnauer 1954 im elterlichen Betrieb und lernte den Beruf von der Pike auf. Nach dem Ingenieurstudium in München sammelte er als Architekt bei aufwendigen Sanierungsprojekten und im Be-reich Messebau erste Erfahrungen. Die im Zeichen des Wirtschaftswachstums der 1950er- und 1960er-Jahre aufstrebende Industrie in Deutschland brauchte neue Büros und Gebäude. Regnauer erkannte die Chance und bescherte dem Seebrucker Unternehmen mit bundesweiten Engagements im Objektbau aus Holz einen deutlichen Aufschwung.
Mit der Einführung eines patentierten Raumzellensystems mit genormten Bauteilen gelang ab 1964 die Eroberung neuer Märkte für den Bau von Schulen, Kindergärten und Büros. Sogar aus der Schweiz kamen Aufträge. „Das bot die Chance, uns vom Handwerks- zum Industriebetrieb weiterzuentwickeln“, erinnert sich der Seniorchef. Die Mitarbeiterzahl verdoppelte sich in dieser Zeit auf rund 150 Beschäftigte. Diese nahmen sogar weite Anfahrten bis aus Mittersill im österreichischen Pinzgau in Kauf.
Mit Pioniergeist, Mut, Technikbegeisterung und unternehmerischem Weitblick trieb Regnauer die weitere Expansion des Unternehmens voran. Die Einführung einer neuen Leitstandtechnik zur Fertigungssteuerung „just in time“ verdoppelte die Produktionskapazitäten und machte 1971 die Übersiedlung auf das heutige Grundstück notwendig.
Wirtschaftliches Stehvermögen nötig
Nur zwei Jahre später erforderten die Einbrüche in Folge der Ölkrise zusammen mit hohen Kreditlasten wirtschaftliches Stehvermögen und Kreativität. In der Folge entwickelte der Seebrucker in Anlehnung an den ehemaligen Büromaschinenriesen IBM ein neues System zum Gebäude-Leasing. Mit Erfolg. „Da war ein tiefes Einarbeiten in die Materie gefragt und viele Gespräche mit Experten, damit es funktionierte“, erinnert sich der 85-Jährige.
Durch den intensiven Austausch mit Kunden, Hochschulen und Forschungseinrichtungen sowie dem Einsatz neuester Technologie gelang es Regnauer bis heute, den Innovationslevel hochzuhalten. Gemeinsam mit seinem Sohn Michael, der 1993 in den Betrieb eingestiegen ist und ihn seit 2006 als Inhaber führt, erfolgte der Ausbau des Geschäftsbereichs Hausbau und die Weiterentwicklung zu einem vielfach ausgezeichneten und bundesweit führenden Unternehmen im Bereich Holzfertigbau.
Aber nicht nur der Betrieb war dem Seniorchef wichtig. 18 Jahre lang, von 1972 bis 1990, war er im Seebru-cker Gemeinderat aktiv. In gleicher Weise engagierte er sich in verschiedenen regionalen und überregionalen Wirtschaftsverbänden und insbesondere im Tarifwesen. 1994 wurde er für seine umfangreichen Leistungen mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Auch der soziale Bereich liegt ihm nach wie vor am Herzen. So ist Regnauer Geburtshelfer und Sponsor des landkreisübergreifenden Vereins „Gemeinsam gegen den Krebs“. Auf der Förderliste stehen auch Vereine in Seebruck wie die Jugendblaskapelle oder die Wasserwacht.
Erholung neben dem Beruf bot ihm über all die Jahre das Segeln auf dem Chiemsee als Hobby. „Da konnte ich komplett abschalten, auch wenn man hier wie dort volle Geistesgegenwart braucht, um das Boot auf Kurs zu halten.“ Heute schätzt er auch eine Partie Golf. Neben angeregten Gesprächen mit Mitarbeitern im Betrieb bereitet es dem rüstigen 85-Jährigen eine besondere Freude, dass mit Eva Landinger inzwischen bereits die vierte Generation im Familienunternehmen aktiv ist.
„Ich lebe in der Gegenwart und kann damit voll Zuversicht in die Zukunft blicken.“eff