Kein Job ohne täglichen Nachweis

von Redaktion

Wie die Unternehmen in der Region die 3G-Regel am Arbeitsplatz integrieren

Rosenheim – Die verschärften Corona-Maßnahmen der Bundesregierung stellen die Unternehmen im Landkreis Rosenheim vor neue Herausforderungen. Seit dem 22. November gilt es für alle Mitarbeiter in den Betrieben nachzuweisen, ob sie geimpft, genesen der aktuell negativ getestet sind. Der Arbeitgeber ist verpflichet, diesen Nachweis täglich zu kontrollieren und zudem zweimal wöchentlich eine Testmöglichkeit anzubieten. Die meisten der befragten Unternehmen in der Region sind sich ihrer Verantwortung bewusst und versuchen, die Vorgaben möglichst reibungslos in den Arbeitsalltag zu integrieren.

Teststationen vor
Betrieben eingerichtet

„Wir haben drei Räume eingerichtet, bei der sich jeder testen lassen kann, bevor er unser Gelände überhaupt betritt“, berichtet Willi Bonke, Geschäftsführer von Auto Eder Kolbermoor. Nach den ersten drei Wochen mit der strikten 3G-Regel sei der damit verbundene Aufwand nicht so dramatisch, wie zunächst befürchtet.

Rund 75 Prozent der Mitarbeiter haben demnach Verständnis und hinterlegen freiwillig einmalig ihren Impf- oder Genesenennachweis. Das restliche Viertel verteilt sich laut Bonke auf zwölf Abteilungsleiter, die zur täglichen Kontrolle der negativen Tests angehalten sind. „So hat jeder Einzelne nur eine Handvoll Mitarbeiter, um die er sich kümmern muss“, sagt der Geschäftsführer.

Etwas aufwendiger gestaltet sich das Testen in der Baubranche, wie der Rosenheimer Bauinnungsobermeister Robert Daxeder betätigt: „Wir haben an jeder unserer Baustellen eine Testmöglichkeit und kontrollieren somit täglich.“ Auch wenn es berufsbedingt schwierig ist, eine zentrale Stelle einzurichten, sei diese Aufgabe derzeit noch gut zu händeln. „Testen ist eben aktuell das Maß der Dinge“, meint Daxeder. Er spricht sich dafür aus, dass auch Geimpfte oder Genesene eine Testmöglichkeit bekommen sollten. Von der für den Arbeitgeber einfacheren Umsetzung der 2G-Regel hält Daxeder allerdings nichts. Man könne schließlich niemanden einfach so ausschließen. Zudem ist die Vorgabe, dass nur noch Geimpfte oder Genesene im Betrieb arbeiten dürften, arbeitsrechtlich problematisch (siehe Infokasten).

„Es ist wichtig, dass etwas passiert und wir das Testen am Arbeitsplatz immer weiter professionalisieren“, betont Andreas Bensegger, Vorsitzender der IHK Rosenheim. Er spürt zwar noch eine gewisse Verunsicherung bei den Unternehmen in der Region, wie genau man die Vorgaben am besten umsetzen soll. Doch die Solidarität und das Bemühen der Betriebe, die 3G-Regel zu integrieren, seien im gesamten Landkreis groß.

„Bereitschaft im
Landkreise steigt“

Auch der Rosenheimer Kreishandwerksmeister Rudolf Schiller merkt anhand der Rückmeldungen der Firmen, dass die Bereitschaft für zwei kostenlose Tests pro Woche steigt. „Mehrere Mitgliedsbetriebe melden uns, dass Sie mittlerweile auch die Geimpften und Genesenen testen“, berichtet er. Schiller hält dieses Vorgehen für den richtigen Weg, da es dadurch zu keiner Ausgrenzung und sozialer Spaltung kommt.

Natürlich wäre es laut dem Kreishandwerksmeister schön, wenn sich möglichst viele Menschen freiwillig für eine Impfung entscheiden würden. Aktuell sei aber das lückenlose Testen der beste Weg, den nun alle Betriebe in der Region einschlagen müssen.

Geimpft, genesen oder gekündigt? Juristen diskutieren über freiwilliges 2G

Die Frage, ob Unternehmer die staatlichen Maßnahmen für ihre Mitarbeiter freiwillig verschärfen und die 2G-Regel im eigenen Betrieb einführen können, ist rechtlich stark umstritten. So ist der Rosenheimer Fachanwalt für Arbeitsrecht, Wolfgang Müller, der Ansicht, dass ein Arbeitgeber durchaus verlangen kann, dass sich seine Arbeitnehmer entweder gegen Corona impfen lassen oder aber davon bereits genesen sind. „In der Praxis bedeutet es, dass der Mitarbeiter nicht in Kontakt mit dritten Personen treten darf.“ Wenn sich der Kontakt mit Dritten allerdings arbeitstechnisch nicht vermeiden ließe, sei es laut Müller sogar möglich, dass eine verhaltensbedingte Kündigung im Raum stehe. Denn schließlich habe das Verhalten des Arbeitnehmers dazu geführt, dass er nicht eingesetzt werden könne. Sandra Helmdach, Fachanwältin für Arbeitsrecht aus Wasserburg, sieht bei der Frage nach einer Kündigung aufgrund der 2G-Regelung jedoch Probleme. „Setzt ein Arbeitgeber ohne gesetzliche Rechtsgrundlage, also freiwillig, das 2G-Modell im Betrieb um, kann er deshalb denjenigen Mitarbeitern, die weder geimpft, noch genesen sind, nicht automatisch kündigen.“ Denn zunächst seien Arbeitgeber gehalten, vor einer Kündigung zu prüfen, ob es ein sogenanntes milderes Mittel gibt. Selbst wenn solch ein Mittel, beispielsweise die Versetzung ins Homeoffice, wegen der Aufgabe des Mitarbeiters nicht möglich sei, wäre eine Kündigung von jemanden, der Kündigungsschutz genieße, alleine aufgrund der Nichterfüllung von 2G rechtswirksam wohl nicht möglich. Mangels arbeitsvertraglicher Pflichtverletzung könne eine Kündigung allenfalls auf personenbedingte oder betriebsbedingte Gründe gestützt werden. „Das heißt, weil der Arbeitgeber dauerhaft davon ausgeht, dass notwendige Qualifikationen für den Arbeitsplatz nicht erfüllt sind beziehungsweise der Arbeitsplatz des Mitarbeiters generell, dauerhaft entfällt“, sagt Helmdach. Ausschließlich auf die Nichterfüllung von 2G gestützte Kündigungen würden nach derzeitiger Rechtslage vor Gericht nicht standhalten, weil anzunehmen sei, dass entsprechende Arbeitgebervorgaben nur für einen überschaubaren Zeitraum gelten würden. Sollte es jedoch zu einer gesetzlichen Impfpflicht kommen, was sich laut Helmdach mittlerweile abzeichnet, könnte sich dies wieder ändern.

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