„Emotional schwere Entscheidung“: Bauer Gruppe trennt sich von Frischdienst

von Redaktion

Umsatzrückgang als Folge der Pandemie – Alle 100 Mitarbeiter in Wasserburg übernommen – Name bleibt erhalten

Wasserburg – Die Bauer Gruppe mit Hauptsitz in Wasserburg trennt sich von der Bauer Frischdienst GmbH. Zum 1. April 2022 übernimmt die EGV/AG den Geschäftsbetrieb. Wie schwer die Übergabe fällt, ist einem Statement von Markus Bauer, mit seinem Bruder Florian Vorsitzender des Aufsichtsrates, zu entnehmen. Er spricht von einer „emotional schwierigen Entscheidung“.

Denn mit der Übernahme, die vorbehaltlich der Zustimmung der Kartellbehörden erfolgt, geht ein Stück Firmengeschichte innerhalb der Bauer Gruppe zu Ende. Der Endverbraucher verbindet mit der Holding vor allem Molkereiprodukte („Der Große Bauer“).

Die Gruppe hat jedoch neben dem Geschäftsfeld Molkerei auch Standbeine im Bereich Feinkost und Handel an sechs Standorten in Deutschland. Der Frischdienst ging 1948 als eigenes Profitcenter aus der Privatmolkerei Bauer hervor. Bis 1978 erfolgte der Verkauf noch „ab Wagen“, wurde dann aufgrund des gewachsenen Sortiments auf Vorverkauf umgestellt. Die zunehmende Konzentration des Lebensmittelhandels und die damit verbundene Warenversorgung über eigene Frischdienstlager nutzte der Bauer Frischdienst Ende der 80er- Jahre zu einer grundlegenden Neupositionierung. Die Konzentration lag fortan auf der Belieferung des nichtorganisierten Fach-Einzelhandels, vor allem von Großverbrauchern. Der Bauer Frischdienst zählt heute zu den bedeutenden Lebensmittelgroßhändlern in Bayern und ist Lieferant für Kunden aus dem Lebensmitteleinzelhandel, aus der Gastronomie, Hotellerie, der Betriebs- und Sozialverpflegung.

Dieser Bereich hat in den Pandemiejahren stark gelitten: Gastronomiebetriebe und Kantinen mussten mehrfach schließen. Der Umsatz der Bauer Frischdienst GmbH, der 2019 nach Informationen der Geschäftsführung noch 66 Millionen Euro betragen habe, sei 2020 auf 43 Millionen gesunken. Für heuer würden 39 Millionen Euro erwartet. Corona habe bei der Entscheidung, den Frischdienst abzugeben, also eine große Rolle gespielt, so Aufsichtsratsvorsitzender Bauer.

In der mittelständisch geprägten EGV sei jedoch ein guter Nachfolger gefunden worden, ist er überzeugt. Die EGV/AG beliefere Profi-Kunden aus der Gemeinschaftsverpflegung im Gesundheits- und Sozialbereich, in Bildungseinrichtungen, die Betriebsgastronomie sowie Hotellerie regional und überregional als Lebensmittel-Vollsortimenter. Das Unternehmen hat seinen Sitz in Unna und ist mit über 800 Mitarbeitenden führend bei der Belieferung von Großverbrauchern in Nord-, West- und Ostdeutschland, so Bauer in einer Pressemitteilung.

Bauer und die EGV würden sich schon sehr lange kennen und hätten bereits viele gemeinsame Projekte bearbeitet. „Außerdem teilen beide Unternehmen eine mittelstandsgeprägte Historie und leben eine sehr ähnliche Unternehmenskultur.“ Mit dem Erwerb des Geschäftsbetriebes der Bauer Frischdienst GmbH weite die EGV/AG nun ihr Vertriebsgebiet auf das Bundesland Bayern aus, so Bauer.

Der Betrieb in Wasserburg werde unter der neuen Marke „Bauer Food Service“ geführt. Durch die Übernahme würden zukünftig auch das Lebensmittelvollsortiment und weitere Dienstleistungen der EGV/AG angeboten.

Die 100 Mitarbeiter des Bauer Frischdienstes in Wasserburg sind vom neuen Arbeitgeber übernommen worden, so Bauer. Der Betriebsrat sei in den Verkaufsprozess eingebunden worden und habe der Übernahme zugestimmt. Der Mietvertrag sei für fünf Jahre mit einer Option von drei weiteren abgeschlossen worden, teilt Bauer weiter mit. Der derzeitige Geschäftsführer, Otto Bründl, werde weiterhin in der Geschäftsführung beim Bauer Food Service Wasserburg tätig sein und den Vertrieb verantworten.

„Alles in allem können wir heute sagen, dass uns die Entscheidung, den Bauer Frischdienst auszugliedern, natürlich nicht leichtgefallen ist, gibt es doch, neben allem Für und Wider des wirtschaftlichen Aspektes, auch die emotionale Seite – bei der Familie Bauer, bei den Geschäftsführungen, bei den Mitarbeitern. Nachdem der Bauer Food Service jedoch weiter am Standort Wasserburg agieren wird, der Unternehmensname eng mit Bauer verbunden bleibt und die Gefahr, den Betrieb einstellen zu müssen, gebannt werden konnte, sind wir davon überzeugt, die wirklich beste Alternative gewählt zu haben“, betont er.

Mit der Entscheidung gehe ein schwieriges Jahr 2021 zu Ende, sagt Bauer. Die Gruppe erwarte zwar einen gegenüber 2020 leicht erhöhten Umsatz von 720 Millionen Euro. Das Ergebnis werde jedoch durch deutlich gesunkenen Gewinn und Ertrag geschmälert – als Folge einer Kostenwelle, ausgelöst durch stark gestiegene Energie- und Rohstoff- sowie Milchpreise.Heike Duczek

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