Rosenheim/Traunstein – Der anhaltende Angriffskrieg von Russland in der Ukraine mit zunehmenden Zerstörungen bereitet auch den Unternehmen in Südostbayern große Sorgen. Sämtliche Transportwege in und aus den Krisengebieten sind inzwischen abgeschnitten oder zu riskant. Logistik- und Transportunternehmen stöhnen zudem unter dem Wegfall von zum Militärdienst eingezogenen Lastwagen-Fahrern aus der Ukraine. Die OVB-Heimatzeitungen haben sich bei regionalen Unternehmen über die Situation umgehört.
Auslieferung liegt
erst einmal auf Eis
„Der überraschende Kriegsausbruch in der Ukraine hat uns alle tief betroffen und sprachlos gemacht“, sagt Daniel Caspary. Er ist Geschäftsführer des gleichnamigen Herstellers von Brauanlagen für Gasthaus-, Craftbier- und Industriebrauereien in Chieming, der weltweit exportiert. Gegründet wurde das Familienunternehmen bereits 1788.
Noch wenige Tage vor der Invasion habe man per Vi-deokonferenz mit einem Mitarbeiter aus Russland die aktuellen Pläne für eine dort geplante Anlage besprochen, sagt Caspary. Spätestens bis Herbst sei die Auslieferung geplant gewesen. Jetzt sei alles erst einmal auf Eis gelegt. Da die Produktionskosten und ein Vorschuss schon bezahlt seien, habe man zwar kein Geld verloren, bange aber trotzdem mit den Menschen in der Ukraine.
Für den Mitarbeiter aus Russland sei die Situation „extrem unangenehm“ gewesen. Generell, so Caspary, sei das Russlandgeschäft bei einem Jahresumsatz von vier Millionen Euro in den letzten Jahren „eher klein und sehr schwankend“ gewesen. Mit einer Niederlassung in Moskau ist auch der Maschinenhersteller Brückner aus Siegsdorf vom Krieg Russlands gegen die Ukraine betroffen. Zu laufenden Projekten und Embargos, der Mitarbeitersituation oder Umsatzausfällen nehme das Unternehmen generell keine Stellung, sagt Pressesprecher Karlheinz Weinmann. Er ergänzt: „Aufgrund der aktuellen Situation in Russland und Belarus dürfen bis auf Weiteres keine Lieferungen in diese Länder mehr durchgeführt werden sowie keine neuen Verträge mit Bezug zu diesen Ländern abgeschlossen werden. Wir werden die Entwicklung laufend verfolgen und zu gegebener Zeit neu beurteilen.“ Das neue Allzeithoch beim Weizenpreis beobachtet Hans Gfaller mit Sorge. Er ist in vierter Generation Müllermeister und betreibt mit fünf Mitarbeitern die Kunstmühle Haslach in Traunstein. Aktuell sei der Preis für eine Tonne Weizen – nicht zuletzt auch durch Spekulationen an den Warenterminbörsen – auf über 400 Euro hochgeschnellt, nach 230 Euro im März 2021 und 180 Euro im März 2020. Die Achterbahnfahrt der Preise lähme aktuell den Handel. Trotzdem sei durch den sofortigen Exportstopp aus Russland und der Ukraine aktuell „weder mit einer Hungersnot noch mit Lieferengpässen bei uns zu rech-nen“, weil die EU einen hohen Selbstversorgungsgrad bei Weizen aufweise, erläutert Gfaller. Die Ukraine und Russland stellen aber fast ein Drittel der weltweiten Weizenexporte. Diese Mengen würden jetzt fehlen und die Länder, die bisher von dort beliefert worden sind, fragen nun bei der EU nach. Das lässt die Getreidepreise nach oben schießen, was weitere Preiserhöhungen bei Mehl und den daraus hergestellten Produkten nach sich ziehen wird. Während in den Kriegsgebieten Ackerbau und Ernten stark beeinträchtigt werden, sei hingegen in der EU mit üblichen Getreidemengen zu rechnen. Von in Schweden gestrandeten Lastwagen aus Weißrussland, die nicht mehr per Fähre transportiert werden, Lieferengpässen bei Lkw und explodierenden Preisen für Gebraucht-Lkw berichtet Thomas Eberl. Er ist Geschäftsführer des gleichnamigen Speditions- und Logistikunternehmens aus Aiging bei Traunstein mit 300 Mitarbeitern und 70 Millionen Euro Jahresumsatz. Angesichts von mehr als 60000 Lkw-Fahrern, die letztes Jahr in der Logistikbranche fehlten, verschärfe sich das Problem jetzt durch ukrainische Lkw-Lenker, die zum Kriegsdienst eingezogen werden.
„Wir sind froh, dass unsere Fahrer aus Russland und der Ukraine deutsche Pässe haben.“ Problematisch sei auch der steigende Spritpreis.