Wasserburg – Eine Molkerei, die Produkte ohne Milch entwickelt? Das klingt paradox, ist es aber nicht, findet die Meggle GmbH & Co. KG. Das Familienunternehmen hat nach 135 Jahren, in denen die Milch stets der Rohstoff Nummer eins war, erstmals eine vegane Linie herausgebracht – für die neue Zielgruppe der „Flexitarier“.
„Die Milch bleibt die wichtigste Säule unseres Unternehmens“, betont jedoch Ulrike Fiedler, Leiterin Marketing im Geschäftsbereich „Consumer Products West“. 700 Vertragsbauern liefern den Rohstoff, der bei Meggle unter anderem zur weltweit bekannten Kräuterbutter verarbeitet wird, zudem der Milchzucker (Lactose) als Trägermaterial für die pharmazeutische Industrie. Auch Käse, Sahne- und Joghurtprodukte gehören zum Portfolio.
Neugier auf
Alternativen
Milch spielt also die Hauptrolle – immer schon und nach wie vor. Und trotzdem: Es geht auch ohne. Muss es auch, denn in Deutschland leben laut Marktforschungen etwa 42 Millionen „Flexitarier“. Das sind Menschen, die nur wenig und selten Fleisch konsumieren und gerne auf vegetarische oder sogar vegane Produkte zurückgreifen. Hauptbeweggrund: die Neugier auf Alternativen zu den traditionellen Lebensmitteln, sagt Fiedler.
Doch reicht diese Experimentierbereitschaft mit der Gabel aus, einen neuen Genussstil zu verfestigen? Fiedler ist überzeugt, die Freude am veganen Essen sei ein „Mega-Trend“. „Der wird sich nicht wieder verabschieden.“ Nicht nur in Deutschland, auch in Zentraleuropa sei diese Entwicklung zu spüren. Meggle gehe davon aus, dass sich der Marktanteil veganer Produkte im Portfolio dauerhaft jedoch auf nicht mehr als maximal 20 Prozent einpendele.
Meggle hat Verbraucher repräsentativ befragt, ob sie dem Unternehmen zutrauen, ein veganes Produkt zu entwickeln. Das Ergebnis war ermutigend, so die Marketingleiterin. „Es muss nicht immer Milch sein“, denn es gehe nicht allein um den Rohstoff, sondern um den Genuss. Er sei die wichtigste Triebfeder.
Auch für Eigentümer Toni Meggle, der als Vorstandsvorsitzender der gleichnamigen Stiftung auch mit 90 noch aktiv die Entwicklungen im Unternehmen begleitet.
Rapsöl als
Hauptbestandteil
Er hat die veganen Produkte getestet und für gut befunden, berichtet Pressereferent Maximilian Böning. Besonders geschmeckt habe Toni Meggle der Grill-Knödel.
Die Entwicklungsabteilung, besetzt mit ungefähr einem Dutzend Mitarbeitern, habe sich bei der Schaffung der neuen Rezepturen nicht schwergetan. Denn: Bei einigen Produkten werde bereits dem tierischen auch pflanzliches Fett zugeführt, damit sie streichzart geraten. Rapsöl sei jetzt auch der Hauptbestandteil der veganen Produkte. „Wir verwenden für diese Produktrange keinerlei Palmöl“, stellt Fiedler klar. Alle pflanzlichen Produkte würden zudem zertifiziert – mit dem Prüfsiegel Proveg.
Erstes Produkt: Aioli, eine Knoblauchcreme, die mit 20 Prozent mehr Absatz als prognostiziert bis Ende 2021 die Erwartungen übertroffen habe, so Fiedler. Da die Marktforschung auch aufzeige, dass beim Grillen immer öfter vegetarische oder vegane Produkte auf den Rost kämen, seien auch ein Baguette und ein Grilltaler sowie jetzt neu ein Grillknödel auf den Markt gekommen.
Bei der Etablierung im Supermarktregal sind Vertrieb und Marketing gefragt. Meggle mit einem Marktanteil von 55 Prozent bei Butterzubereitungen profitiere davon, als Marke sehr bekannt zu sein, so Fiedler. Das Unternehmen setzt außerdem auf Markenbotschafter: Bis vor einigen Jahren war es Schlagerstar Helene Fischer, die im TV und auf Plakaten betonte: „Ich bin ein Gour-meggle“. Jetzt wirbt Franziska Gräfin Fugger von Babenhausen vor allem in den sozialen Medien für die veganen Produkte. Doch Meggle setzt nicht nur in diesem Bereich auf eine Erweiterung des Produktsortiments.
Zwei neue
Töchter eingebunden
Die Molkerei hat zwei weitere Unternehmen in die Gruppe aufgenommen: die Käserei Stegmann im Allgäu wurde 2021 übernommen und zuletzt in „Meggle Cheese“ umfirmiert, die M-Back in Thüringen in „Meggle Bakery“ – ein Schritt, der das Bemühen um Integration in die Unternehmensfamilie wortwörtlich nimmt, wie Felix Raslag betont. Seit Februar ist er der Direktor der neuen Stabsstelle Corporate Communications und Integration, die die Töchter noch besser in die Unternehmensgruppe einbinden soll. Eine herausfordernde Aufgabe, denn es gelte, die neuen Mitarbeiter einzubinden, technisch ebenso wie die Unternehmenskultur betreffend. Dieser Prozess reiche von der SAP-Integration bis zur Harmonisierung der Mail-Signatur. In diesem Zusammenhang überarbeitet die Firmengruppe das gesamte Design ihres Außenauftritts überarbeitet, berichtet Böning zu den Bemühungen, um eine einheitliche Corporate Identity (CI).