Wasserburg – Explodierende Rohstoffpreise, Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen, Lieferprobleme: Es gibt Unternehmen, die treffen die Folgen des Kriegs in der Ukraine hart. Dazu gehört der Wasserburger Hersteller von Kunststofffolien RKW. Seine Produktion ist energieintensiv, die Rohstoffe basieren in erster Linie auf Erdöl. Trotzdem setzt RKW auf Produktionserweiterung und Wachstum. Ein Besuch in einem Unternehmen, das sich den Schwierigkeiten erfolgreich entgegenstemmt.
Johannes Heintges, Werksleiter bei RKW in Wasserburg, ist nach 30 Jahren in leitenden Funktionen in der Folienbranche, davon die vergangenen zwölf Jahre für die RKW, einer Unternehmensgruppe in Privatbesitz mit Hauptsitz in Mannheim, extrem krisenerprobt – und trotzdem: „So geballt gab es die Probleme noch nie“, sagt er kopfschüttelnd. Seit zweieinhalb Jahren ist er in Wasserburg, zweieinhalb Jahre Dauerkrise – zuerst Pandemie, jetzt Krieg in der Ukraine und seine Folgen. „Wir trotzen den widrigen Umständen dennoch erfolgreich“, sagt der 60-Jährige.
Umsatzsteigerung
wird erwartet
So gut, dass RKW Wasserburg heuer die Produktion ausbaut, neue Anlagen installiert und neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sucht. Die Produktion der Folien, die hauptsächlich für Windeln und Hygieneprodukte sowie als spezifische Lösungen für die Lebensmittel-, und Automobil- und Prozessindustrie hergestellt werden, wird ebenfalls weiter erhöht.
Das gelingt unter anderem auch dank zusätzlicher Produktionsanlagen, die gerade im hiesigen Werk installiert werden, der Produktionsstart ist für August geplant, sagt Alina Heid, zuständig bei RKW in Wasserburg für die Optimierung der Werksabläufe. Grundsätzlich setzt RKW auf Produkte, die immer gebraucht werden – selbst in weltweiten Wirtschaftskrisen: Folien als Vorprodukt für Windeln, die das Unternehmen für namhafte Großkunden herstellt. Babys benötigen Windeln, aber auch immer mehr Menschen in einer alternden Gesellschaft. „Windeln für Erwachsene sind einer der Wachstumsmärkte“, sagt Heintges.
Auch Verbundstoffe für Damenhygiene sind Produkte, die keinen Nachfrageschwankungen unterliegen. Außerdem produziert RKW in Wasserburg Barriere-Folien, unter anderem für die Lebensmittelindustrie – „ein kleineres, aber lukratives Geschäft mit maßgeschneiderten Lösungen“, sagt Heintges. Die Kunststoffe schützen nach seinen Angaben Milchpulver, Olivenöl, Ketchup oder Fleisch beim Transport – vor Licht, Luft und Feuchtigkeit.
Doch die Rohstoffe für die Folien, angeliefert als Kunststoffgranulat pro Tag in circa zehn Lkws, basieren – weil raffiniert – auf Erdöl. Die Preise, etwa für den Kunststoff Polyethylen, haben sich laut Werksleitung seit Frühjahr 2020 mehr als verdoppelt.
Außerdem kämpfe RKW mit logistischen Problemen als Folge des Ukraine-Kriegs und der weltweiten Containerkrise. Es sei schwer, ausreichende Seefrachten zu ordern. Die Containerpreise hätten sich verdreifacht. RKW profitiere allerdings von sehr guten Beziehungen zum Hauptlogistikpartner BTK in Rosenheim, sagt Heintges erleichtert. „Doch es fehlen generell Container- und Schiffkapazitäten.“
Spürbar sei die Krise auch auf der Lieferantenseite: Denn die Rohstoffe kamen teilweise auch aus Russland, Ersatz musste her.
Die kunststoffverarbeitende Industrie ist zudem sehr energieintensiv. RKW investiert nach Angaben von Heintges zwar schon seit Jahren in das Ziel, die Energieeffizienz zu steigern – nicht nur aus betriebswirtschaftlichen Gründen, sondern auch, um die Nachhaltigkeit weiter zu steigern. In Planung sei eine Investition in Höhe von 2,8 Millionen Euro in eine Technologie, die durch Nutzung der Prozessabwärme den Bedarf an Primärenergie um bis zu 70 Prozent senken werde. Um zunehmend nachhaltig zu produzieren, setze das Unternehmen auf bessere Isolierungen der Maschinen, neue Motoren und eine Umstellung der Beleuchtung auf LED.
Halbe Million Euro
für Hochregallager
Bei der Produktion wird der Automatisierungsgrad stetig gesteigert, berichtet Heintges. Eine halbe Million Euro sei in ein neues Hochregallager für technische Ersatzteile geflossen. In 2022 gehe für 750000 Euro ein Robotersystem in Betrieb zur Automatisierung des Rollenhandlings. Dadurch würden keine Arbeitsplätze verloren gehen, sondern schaffe durch die Erweiterung der Produktion neue, sagt der Werksleiter.