Unabhängiger von fossilen Brennstoffen

von Redaktion

Interview Wie sich die Schletter-Group Kirchdorf Mittel für den Wachstumskurs sichert

Haag/Kirchdorf – 65 Millionen Euro haben Anleger in die Schletter-Group in Kirchdorf bei Haag investiert. So hat sich der Betrieb umfangreiche Mittel zur Finanzierung seines Wachstumskurses gesichert. Was das Unternehmen mit dieser Summe vor hat und wie sich die Firma den Herausforderungen der Zeit stellt, erklärt Geschäftsführer Florian Roos im Interview.

Zum ersten Mal nutzt Schletter zur Finanzierung des Wachstums institutionelle Anleger. Über welche Wege sind Sie an diese herangetreten? Wo kommen die Investoren her?

Eine Platzierung von Unternehmensanleihen geschieht typischerweise in Zusammenarbeit mit einer Investmentbank. In unserem Fall haben wir eine Bank gewählt, die sehr erfahren ist und bereits eine Reihe von Transaktionen im Bereich erneuerbare Energien begleitet hat. Die Investmentbank kümmert sich insbesondere auch um die Vermarktung der Anleihe gegenüber den Anlegern. In unserem Fall sind die institutionellen Investoren schwerpunktmäßig aus West- und Nordeuropa.

Was bietet Schletter den Investoren als Gegenleistung?

Investoren schauen immer auf das „Risiko-Rendite-Verhältnis“, das heißt beides muss ausgewogen sein und zum aktuellen Marktumfeld passen. Das können wir liefern: Der Ausbau von Fotovoltaik wird in den nächsten Jahren und Jahrzehnten deutlich zulegen, und zwar weltweit. Und wir sind als Schletter-Group strategisch und operativ so gut aufgestellt, dass wir dabei eine wichtige Rolle spielen können. Gleichzeitig haben wir starke Zahlen, die nicht nur die strengen Bonitätsanforderungen des Kapitalmarkts erfüllen, sondern die auch unsere ausgesprochen positive Unternehmensentwicklung der letzten Jahre widerspiegeln. Das hat offenbar die Investoren überzeugt: Die Anleihe war deutlich überzeichnet.

Warum geht das Unternehmen nicht den Weg der Umwandlung in eine Aktiengesellschaft?

Wir sind jetzt in einer neuen Phase der Unternehmensentwicklung, für die wir den Kapitalmarkt als Finanzierungsquelle erschließen wollten. Die Anleiheplatzierung war dafür ein erster, erfolgreicher Schritt.

Wofür genau werden die Gelder genutzt? Sie sprechen in Ihrer Pressemitteilung auch von Firmenzukäufen, ist hier konkret etwas geplant?

Wir wollen die zusätzlichen Mittel vor allem dafür nutzen, unsere gute Position im Wettbewerb weiter auszubauen. Das bedeutet, dass wir weiter in unsere Produktionskapazitäten investieren, in die Verbesserung von Prozessen und IT-Infrastruktur, in die Produktentwicklung und den Ausbau unserer weltweiten Vertriebsstrukturen. Wenn es darum geht, neue Märkte zu erschließen, können auch strategische Partnerschaften oder Akquisitionen ein gutes Mittel sein. Konkrete Pläne gibt es dazu aber noch nicht.

Der Solarmarkt ist ein großer Wachstumsmarkt – nicht nur aufgrund des Klimawandels, sondern auch aufgrund der Energiekrise– eine Riesenchance für die Schletter Group. Wo geht der Weg hin?

Das sehen wir auch so, und deshalb bauen wir gezielt unsere Präsenz in den wichtigen Wachstumsmärkten aus. Neben Deutschland sind das vor allem der asiatisch-pazifische Raum sowie Nordamerika. Hier ist insbesondere unser neues Nachführsystem „1V Tracker“, der mit einem großformatigen Modul belegt wird, ein Schlüsselprodukt. Nachführsysteme passen die Modulausrichtung dem Sonnenstand an und erzielen damit einen höheren Ertrag. In vielen Ländern werden bereits mehr als die Hälfte der Freilandanlagen mit Nachführsystemen realisiert, Tendenz steigend. Auch das Thema Agri-Fotovoltaik ist stark im Kommen, weil es eine kombinierte Nutzung von Ackerland ermöglicht: also landwirtschaftliche Nutzung und Energieerzeugung statt „entweder oder“. Gemeinsam mit unserem Partner Doppelernte haben wir in Althegnenberg im Landkreis Fürstenfeldbruck eine solche Anlage mit unserem Tracker realisiert und wollen unser Geschäft damit ausbauen. Das Dachgeschäft wird ebenfalls stark zunehmen – in allen Märkten. Unternehmer und Privatleute haben verstanden, dass sie Dachflächen auf privaten oder gewerblichen Immobilien nicht einfach brachliegen, sondern zur Erzeugung von sauberem und günstigem Strom nutzen können. Die Energiekrise hat vielen die Augen geöffnet. Auch hier können wir mit unseren hochwertigen und langlebigen Montagesystemen ein hervorragendes Angebot machen. Das ist eine sehr erfreuliche Entwicklung – nicht nur für uns als Unternehmen, sondern weil wir damit im Kampf gegen den Klimawandel vorankommen und unabhängiger von fossilen Energiequellen werden.

Wie stark will und kann das Unternehmen in den nächsten Jahren wachsen?

Der Markt wächst im Augenblick zweistellig, und wir wachsen schneller als der Markt. Diesen Trend wollen wir fortsetzen.

Welche Bedeutung hat der Standort Kirchdorf?

Kirchdorf hat für uns eine herausragende Bedeutung. Hier ist unser Hauptsitz, und hier sind zentrale Bereiche wie Produktentwicklung, Strategie und Verwaltung angesiedelt. Deshalb wird Kirchdorf auch von unserem Wachstumskurs profitieren und tut dies bereits: Wir haben dieses Jahr kräftig eingestellt und werden bis zum Jahresende 50 neue Beschäftigte haben. Wir erweitern im Zuge dessen gerade unsere Büroflächen. Auch im nächsten Jahr rechnen wir mit einer Reihe von Neueinstellungen in Kirchdorf.

Der Fachkräftemangel macht vielen Firmen zu schaffen. Auch Ihnen?

Der Wettbewerb um Fachkräfte ist in der Tat hart. Deshalb versuchen wir, unseren Bewerberinnen und Bewerbern etwas zu bieten, zum Beispiel flexible Arbeitszeiten und Homeoffice, regelmäßige Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten, ein Job-Rad. Uns hilft natürlich, dass wir Teil einer Branche sind, die an einer Zukunft mit sauberer Energie arbeitet. Das ist gerade für viel jüngere Bewerberinnen und Bewerber ein wichtiges Argument. Sie wollen nicht einfach nur Geld verdienen, sondern auch Teil eines sinnvollen Projekts sein.

Wie sehr hat Schletter mit den gestörten Lieferprozessen weltweit zu kämpfen?

Das betrifft uns natürlich auch. Wir produzieren Teile aus Stahl und Aluminium, für die wir Rohstoffe brauchen, und die zum Teil weite Transportwege haben, vor allem im internationalen Projektgeschäft. Allerdings profitieren wir davon, dass wir seit einigen Jahren konsequent auf eine breite und flexible Lieferkette gesetzt haben und in Shanghai ein eigenes Werk betreiben. Wir sind also weniger abhängig von einzelnen Lieferanten. Deshalb sind wir in geringerem Maße betroffen als der Durchschnitt.

Wie sehr wirkt sich die Energiekrise mit steigenden Preisen auf die Produktion aus?

Energie ist ein wesentlicher Kostenfaktor in der Produktion. Steigende Preise bedeuten deshalb natürlich auch steigende Produktionskosten. Auch hier hilft uns unsere globale Lieferantenstruktur, weil die Energiekosten nicht überall so stark steigen wie gerade in Deutschland. Hinzu kommt, dass viele unserer Lieferanten ihren eigenen Solarstrom erzeugen – wie im Übrigen auch wir auf dem Dach unseres Werkes in Shanghai. Das bringt schonmal eine gewisse Entlastung..

Interview: Heike Duczek

Solarflächen so groß wie ein Fußballfeld

Mit einer Leistung von 3,4 MWp ist im niederbayerischen Pilsting eine der größten Fotovoltaik-Dachanlagen im Freistaat Bayern ans Netz gegangen. Insgesamt wurden dort auf dem Dach einer Gewerbehalle 8460 PV-Module auf rund 31000 Quadratmetern Fläche montiert – dies entspricht der Größe von mehr als vier Fußballfeldern. Projektentwickler und Generalunternehmer war die FIMA Projekt GmbH mit Sitz in Hofkirchen, die Montagesysteme lieferte die Schletter-Group aus Kirchdorf. Neben der Größe gehörten die statischen Anforderungen zu den Besonderheiten des Projekts. „Die

Resttragfähigkeit des Daches war bei diesem Projekt begrenzt“, erläutert Stephan Wild, Leiter der Technischen Beratung Dachsysteme bei Schletter, der das Projekt verantwortet hat. „Weil unsere Flachdachsysteme mit sehr wenig Ballast auskommen, waren wir dennoch in der Lage, die nötigen statischen Reserven einzuhalten.“ Die Schletter-Group zählt nach eigenen Angaben zu den weltweit führenden Herstellern von Fotovoltaik-Montagesystemen aus Aluminium und Stahl für Dächer, Fassaden und Solarparks. Mit einem internationalen Netz aus Produktions-, Vertriebs- und Servicegesellschaften sei das Unternehmen in allen wichtigen internationalen Märkten aktiv, so Wild.

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