Chiemgauer Naturfleisch im Insolvenzverfahren

von Redaktion

Fachanwältin Birgitt Breiter hält das Unternehmen für sanierungsfähig – Suche nach Investor oder Partner läuft noch

Trostberg – Nach über 30-jährigem Bestehen musste die Chiemgauer Naturfleisch GmbH nun in ein Insolvenz- und Sanierungsverfahren eintreten.

„Wir haben am 18. August beim Insolvenzgericht am Amtsgericht Traunstein Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens mit Antrag auf Eigenverwaltung gestellt. Darauf, dass dies genehmigt wurde, können wir durchaus stolz sein. Denn es bedeutet, dass wir nach Meinung des Gerichts einen sanierbaren Betrieb und ein gutes Konzept vorweisen können und zudem noch rechtzeitig gehandelt haben“, berichtet Birgitt Breiter, Fachanwältin für Insolvenz- und Sanierungsrecht aus Holzkirchen, die nun das Sanierungsverfahren betreut. Es wurde außerdem ein sogenannter Sachwalter bestellt, der den ordnungsgemäßen Ablauf kontrolliert und sicherstellt.

Damit habe die eigentliche Arbeit angefangen. „Wir haben uns alles angesehen: Von der Produktion über den Einkauf bis zum Vertrieb. Es war eine Menge zu tun, aber Ende Oktober waren wir dann endlich wieder so aufgestellt, dass der Betrieb weiter am Markt bestehen kann.“ Im Zuge des Sanierungsverfahrens seien keine Kündigungen nötig gewesen. Allerdings werden die beiden bisherigen Geschäftsführer, Cordula Gschlössl und Thomas Reiter, ihre Tätigkeiten zum Ende des Jahres beenden. Ein Generationenwechsel sei ohnehin geplant gewesen. „Nun werden mit Maria Dobler und Marcus Viertel zwei junge Geschäftsleiter antreten.“

Die Chiemgauer Naturfleisch GmbH kann auf eine über 30-jährige Geschichte zurückblicken. 1991 kam es zur Firmengründung durch Richard J. Müller und Biobauern aus dem Chiemgau. Drei Jahre später folgte ein Umzug der Firma nach Kaltenbach bei Prien mit eigenem Lager. Nachdem im Jahr 2000 die erhöhte Nachfrage durch die BSE-Krise die Platznot am Standort Kaltenbach verschärft hatte, folgte 2001 der Umzug im April nach Trostberg in das neue Firmengebäude.

Doch in den folgenden Jahren gab es auch Negativ-Schlagzeilen für das Unternehmen. Nach einem Medienbericht, dass Schweine vor dem Schlachten nicht ordentlich betäubt worden seien, rückte im August 2016 das Veterinäramt an und verhängte wegen Missständen Bußgelder. Drei Jahre später, im Oktober 2019 wiederum kam es zu einer Rückrufaktion, nachdem Plastikteile in Wurstprodukten gefunden wurden. Verantwortlich sei aber ein Lieferant gewesen, wie das Unternehmen betont.

Rechtsanwältin Breiter schaut optimistisch auf die nächste Zeit. Man habe keinen einzigen Kunden in der Zwischenzeit verloren. Wie geht es nun in Trostberg weiter? „Zum 1. November haben wir das endgültige Insolvenzverfahren eröffnet“, so Rechtsanwältin Brigitt Breiter. „Jetzt arbeiten wir gemeinsam mit einem Unternehmensberater ein Exposé aus, das demnächst an Interessenten verteilt wird. Wir wollen sehen, ob es Firmen oder Investoren gäbe, bei denen ein Einstieg bei uns sinnvoll wäre.“ Denkbar sei eine engere Bindung mit einem bereits verbundenen Unternehmen oder aber der Einstieg eines Investors. „So wollen wir sicherstellen, dass wir auch in der Zukunft auf dem Markt bestehen können, der keinesfalls leichter werden wird“, schließt sie. Geplant ist, dass im ersten Quartal 2023 das Insolvenz- und Sanierungsverfahren aufgehoben werden kann.Heinz Seutter

Artikel 2 von 9