„Holz verteufeln ist Wahnsinn“

von Redaktion

Welche Heizung ist angesichts der Energiekrise und des Klimawandels sinnvoll? Wie umweltfreundlich ist Heizen mit Holz? Haben Gas und Öl noch eine Zukunft? Drei Experten, Josef Pflügl, Hans Urban und Ortholf Freiherr von Crailsheim, im Interview.

Haag/Gars/Wasserburg – Die Energiekrise bereitet vielen Bürgerinnen und Bürgern Sorge. Welche ist die klimafreundlichste und günstigste Art zu heizen? Zu diesem Thema haben die OVB-Heimatzeitungen drei Experten zurate gezogen: Josef Pflügl ist Inhaber des gleichnamigen Sanitär-Installationsbetriebs in Gars und Innungsobermeister für Spengler, Sanitär- und Heizungstechnik in Traunstein.

Ortholf Freiherr von Crailsheim verfügt über ein energetisch nicht zu sanierendes Schloss mit ausgedehntem Waldbesitz rund um Amerang und ist Vorsitzender der Waldbesitzervereinigung Wasserburg-Haag.

Energieexperte Hans Urban betreibt bei sich zu Hause selbst eine Hackschnitzelheizung für sechs Anwesen. Er ist zudem Fachmann für erneuerbare Energien.

Welche Heizung ist die richtige, wie geht man da heran?

Josef Pflügl: Wir schauen, zum wem welche Heizung passt. Ein Wärmepumpen-Typ mag eher wenig Arbeit, der Holz-Typ schon eher. Wir empfehlen alles, was CO2-neutral ist. Im Neubau sind Öl und Gas verschwunden, spätestens 2026 ist mit neuen Öl-Heizungen Schluss. Wir schauen, welche Mittel – Geld, Platz und Holz – der Bauherr zur Verfügung hat.

Und im Altbau?

Josef Pflügl: Hybrid ist eine Lösung, etwa Kombinationen aus Gas und Wärmepumpe oder Holz mit Pellets. Wir müssen alle Ressourcen nutzen. Wer da sagt, dass Holz schädlich ist, verhindert die Energiewende. Zurzeit wird massiv Stimmung dagegen gemacht.

Ist denn Heizen mit Holz umweltfreundlich?

Josef Pflügl: Ja, zu 100 Prozent. Wir haben es da leider oft mit kompletter Fehlinformation zu tun. Alleine beim Thema Feinstaub. Der wird ausgefiltert. Wir kommen auf drei Milligramm und das schon ohne Filter, die gesetzliche Obergrenze liegt bei 20 Milligramm.

Ortholf Freiherr von Crailsheim: Größere Anlagen haben meist einen Feinstaubfilter, dann ist es noch weniger. Aus meiner Sicht ist die Holzwirtschaft die einzige nachhaltige Wirtschaftsform, die die Menschheit bis jetzt entwickelt hat. Wir verheizen, was der Großvater angebaut hat und pflanzen wieder neu an. Geschlossene Heizsysteme sind einwandfrei, aber man sollte diese in der aktuellen Debatte nicht mit einem offenen Kamin oder Kachelofen vergleichen.

In den Medien hieß es jüngst: „Nichts verbrennt dreckiger und klimaschädlicher als Holz“

Josef Pflügl: Mit solchen falschen Aussagen werden wir zunehmend konfrontiert. Deswegen steigt auch die Nachfrage nach Ölheizungen wieder. Wir werden gezwungen, Wärmepumpen einzubauen, die oft komplett sinnlos sind. Der Energieträger Holz fällt hinten runter. Wer dieses schlechte Bild über das Heizen mit Holz zeichnet, weiß ich nicht – vielleicht auf Betreiben der Stromlobby? Fest steht, dass Holz sauber verbrennen kann. Bei meinen Hackschnitzelanlagen zum Beispiel wird mit null Milligramm Feinstaub geheizt, das CO2 ist die Jahre zuvor schon gebunden worden.

Ortholf Freiherr von Crailsheim: Bleibt das Holz im Wald, setzt es auch CO2 frei. Die aktuelle Debatte ist völlig undifferenziert und kommt nur mit der plakativen Botschaft, dass unsere Wälder verheizt werden und verschwinden. Dabei wird der Waldbestand in Deutschland seit Jahren immer größer.

Was könnte mit diesen Aussagen im schlimmsten Fall passieren?

Ortholf Freiherr von Crailsheim: Wenn die Politik in der EU so fahrlässig ist, Holz aus der regenerativen Energie rauszunehmen, wird ein wesentlicher Baustein der Forstwirtschaft geschwächt. Würde die Europäische Kommission noch ihre Biodiversitätsstrategie der EU (EUBDS) auf die Wälder umsetzen, werden Forste, die älter als das „übliche“ Nutzungsalter sind, komplett von einer Bewirtschaftung ausgeschlossen. Hier würde die europäische Holzproduktion um 48 Prozent des bisherigen Volumens einbrechen. Deutschland wäre gezwungen, Holz aus Nicht-EU-Ländern überteuert zu importieren. Wer soll das bezahlen?

Was sind die Vorteile mit Holz zu heizen?

Josef Pflügl: Es ist regional, das Geld bleibt bei uns und geht nicht ins Ausland.

Was sind denn die Nachteile?

Ortholf Freiherr von Crailsheim: Pellets unterliegen stärkeren Preisschwankungen, Hackschnitzel hingegen weniger. Die Technik gegenüber fossilen Energieträgern ist teurer, und bei Hackschnitzelanlagen betreuungsintensiver. Im Gegenzug heizt man mit regenerativen Energien und spart auch dabei. Sicherlich gibt es Fehlentwicklungen bei hohen Preisen, das könnte aber leicht mit Qualitätskontrollen geregelt werden. Doch generell Holz zu verteufeln, ist ökonomischer Wahnsinn.

Wer sollte Pellets, wer Hackschnitzel nutzen?

Ortholf Freiherr von Crailsheim: Allgemein sind Pellets für kleinere Häuser geeignet, bei Hackschnitzeln brauche ich mehr Platz. So etwas ist ideal im Verbund mit Nachbarn. Es ist auch möglich, mit der Waldbesitzervereinigung einen Liefervertrag zu vereinbaren.

Was spricht gegen eine neue Ölheizungsanlage?

Josef Pflügl: Es ist mittlerweile schwierig, die Genehmigung zum Aufstellen der Öltanks zu bekommen, denn es gibt besondere Auflagen dafür. Und die Entwicklung der Technik ist vor zehn Jahren stehen geblieben, der Markt ist in Europa großteils tot.

Ortholf Freiherr von Crailsheim: Beim Neubau ist der größte CO2-Verbraucher der Bau an sich. Wir haben uns angewöhnt, einfach alles abzureißen und neu zu bauen.

Wie ist es mit Wärmepumpen?

Josef Pflügl: Die sind manchmal nach 15 Jahren schon verschlissen, teilweise gibt es im Wasserkreislauf Probleme mit Legionellen. Bohren für die Erdwärme wird zunehmend schwierig, weil die Grundwasserschichten zu berücksichtigen sind. Abstandsflächen für Luftwärmepumpen sind einzuhalten, teilweise gibt es in den Versorgungsleitungen der Siedlungen zu wenig Strom für alle Wärmepumpen. Die Lieferzeiten für neue Pumpen sind zurzeit bis zu einem Jahr lang.

Und im Altbau?

Ortholf Freiherr von Crailsheim: Alte, große Häuser oder Denkmäler sind energetisch schwer oder gar nicht zu sanieren. Etwa 70 Prozent aller Häuser in Deutschland haben damit ein Problem. Holz ist für diese Gebäude ideal.

Wie könnte die Entwicklung der Energiewende idealerweise verlaufen?

Hans Urban: In der Stadt gelingt die Energiewende nur über Wärmepumpen, auf dem Land ist Holz eine Alternative. Um das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen, darf bis 2040 kein zusätzliches CO2 mehr entstehen.

Josef Pflügl: Wir brauchen einen Mix aus allem: Holz, Fotovoltaik und Wärmepumpe und in den Städten Fernwärme. Öfter wird Wasserstoff erwähnt. Das ist etwas für die nächste Generation, mehr als Versuchsanlagen gibt es noch nicht.

Wie könnten sich Preise entwickeln?

Ortholf Freiherr von Crailsheim: Hackschnitzel werden wahrscheinlich nie so in die Höhe gehen, das ist Restholz aus der Region. Lediglich die Verarbeitung könnte etwas teurer werden. Insgesamt ist das auch stabil geblieben. Pellets sind zum Teil an den Gaspreis gekoppelt, sie hängen auch von mehreren Lieferanten ab und die Holzindustrie spielt hier auch eine Rolle.

Josef Pflügl: Der Preis für Pellets wird sich mit Sicherheit wieder regulieren, die Industrie macht Druck, denn sie verkaufen weniger Geräte.

Spielt Scheitholz eine Rolle?

Josef Pflügl: Das ist arbeitsintensiv, man darf es trocknen, schlichten, es verlangt einen höheren Aufwand. Aber, so wenige nutzen das nicht.

Ortholf Freiherr von Crailsheim: Für Scheitholz sollte man ein landwirtschaftlicher Typ sein. Es gibt aber durchaus Kombinationen mit Pellets, die bei Abwesenheit automatisch heizen.

Gibt es überhaupt genügend Holz als Heizmaterial?

Ortholf Freiherr von Crailsheim: Es gibt viel, aber wir können nicht alles mit Holz heizen. Ich bin ein großer Verfechter von Hackschnitzeln, denn das ist eine Art Müllverbrennung für den Waldbesitzer.

Josef Pflügl: Müllverbrennung ist ein harter Begriff.

Ortholf Freiherr von Crailsheim: Ja, schon, aber die Reste hat man früher im Wald liegengelassen, Pellets ja auch. Alle können nicht auf Pellets umsteigen, so viel Masse haben wir nicht. Dass dafür etwa Bauholz verwendet wird, darf nicht sein. Mit Zertifikaten könnten wir das leicht ausschließen. Wir haben aus dem Wald immer weniger entnommen, als nachwächst. Aber Probleme bereitet uns der Klimawandel. Bestimmte Baumarten werden den Temperaturanstieg in einigen Regionen nicht überleben. Bei uns bleibt wahrscheinlich die Fichte, wir haben genug Niederschlag. Anders schaut es etwa in Franken aus. Der Wald dort ist so krank wie schon seit Jahrzehnten nicht mehr. Wir müssen Baumarten finden, die uns erhalten bleiben. Wenn der Forst verschwinden sollte, liegt es nicht daran, dass wir so viel nutzen, sondern weil er mit den Temperaturen nicht zurechtkommt. In Mecklenburg-Vorpommern fällt der Wald teilweise komplett aus, nicht mal die Kiefer bleibt, die fürchten dort in einigen Regionen eine Versteppung.

Hans Urban: Die Waldbauern brauchen Einnahmen, um sich darum zu kümmern. Ich habe selbst angepflanzt, so einen Wald hochzubringen, jedes Jahr zweimal dadurch zu gehen, das ist richtig Arbeit. Noch etwas deutlicher: Wenn wir das Holz nicht nutzen – und das gilt auch für das Restholz – dann fehlen den Waldbauern die notwendigen Einnahmen und die Wälder werden nicht mehr gepflegt oder gar nicht mehr angebaut.

Interview: Karlheinz Günster

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