Wasserburg – „Es war schön, 22 der fast 200 Jahre Sparkasse Wasserburg mitprägen zu dürfen“, sagt Peter Schwertberger. Am 23. Dezember sitzt der 65-Jährige zum letzten Mal an seinem Schreibtisch. Rückblick auf ein Berufsleben, geprägt vom Sparkassen-Gen. Was das mit Sport und Rockmusik zu tun hat.
Das weiß nur, wer schon einmal im Chefzimmer saß und dort das große Bild gesehen hat: Wasserburgs Sparkassenchef Peter Schwertberger schätzt Rolling-Stones-Frontmann Mick Jagger als genialen Musiker. Für seine Leidenschaft, die Rockmusik, hat der Vorstandsvorsitzende im neuen Jahr mehr Zeit. Denn Schwertberger geht in den Ruhestand – nach 22 Jahren im Vorstand der Sparkasse Wasserburg, wo er fünf Jahre Vorsitzender war. Doch Sparkassen-Mann ist Schwertberger sogar noch viel länger: 45 Jahre.
„Es ist der schönste
Beruf der Welt“
Einmal Sparkasse, immer Sparkasse, heißt es bei ihm. „Es ist der schönste Beruf der Welt“, findet er. Er sieht sich weniger als Mann der Zahlen, vielmehr als Mann, der vor allem viel Freude am Umgang mit den Menschen hat. „Viele habe ich ein Stück ihres Weges finanziell begleiten dürfen.“ Die Karriere startete Schwertberger bei der Sparkasse in Dillingen, doch dort boten sich für den aufstrebenden Banker nach zwei Jahrzehnten keine Möglichkeiten, in die Führungsetage zu wechseln. Anders in Wasserburg am Inn, wo im Jahr 2000 eine Vorstandsstelle ausgeschrieben war. Schwertberger war zuerst Vertriebsvorstand, wurde dann Nachfolger von Richard Steinbichler als Vorstandsvorsitzender. Jetzt übergibt er das Amt an Mischa Schubert. Schwertberger geht in schwierigen Zeiten: hohe Inflation, drohende Rezession, Energiekrise. Doch er findet: „Es war immer irgendwas.“ Zurückblickend habe es viele Höhen und Tiefen gegeben. Größte Herausforderung für ihn: die globale Finanzkrise im Jahr 2008.
Krise stärkt die
Bank vor Ort
Bis heute müssten auch kleine Banken wie die Sparkasse Wasserburg die Fehler und Misswirtschaft der großen mit ausbaden. „Bürokratisierung und Regulierung von oben haben stark zugenommen“, sagt Schwertberger. Doch er ist auch überzeugt: Die Bank vor Ort ist durch die Krise gestärkt worden. Ein kleineres Haus sei außerdem flexibler als ein großes, könne besser auf Krisen reagieren.
Niedrigzinsphase, Corona-Pandemie und jetzt der Ukraine-Krieg, beides Extremereignisse mit extremen wirtschaftlichen Folgen: Die letzten fünf Jahre seines Berufslebens als Sparkassenchef waren für Schwertberger besonders herausfordernd, sagt er. „Niemals hätte ich als junger Sparkassenmann damit gerechnet, dass es mal Negativzinsen geben würde oder wir Verwahrentgelte einführen.“ Sogar unpopuläre Entscheidungen habe der Vorstand fällen müssen: unter anderem 2020 die Schließung von einigen Geschäftsstellen und Filialen – „unausweichlich für den Fortbestand“, wie Schwertberger sagt. „Doch Nähe heißt vor allem in diesen digitalen Zeiten nicht nur räumliche Nähe“, findet er, „das Wichtigste für unsere Kunden ist, dass sie ihre persönlichen Beraterinnen und Berater behalten haben.“ Die Einführung des Kundencenters habe sogar dazu geführt, dass das Bankhaus noch näher am Menschen sei als vorher, ist Schwertberger überzeugt. „Mit 13 Filialen haben wir außerdem nach wie vor eines der dichtesten Netze“. Trotz schwieriger Rahmenbedingungen ging es auch unter dem Vorstandsvorsitzenden Schwertberger stets auf der Erfolgsspur weiter: Wachstumszahlen in fast allen Geschäftsfeldern prägen seit Jahren die Bilanzen.
Jahresabschluss
noch nicht fertig
Der Jahresabschluss 2022 ist noch nicht endgültig fertiggestellt, 2021 war die Bilanzsumme erneut gestiegen – auf 1,39 Milliarden Euro. Die Sparkasse Wasserburg liegt mit einem Eigenkapital von 168 Millionen Euro (2021) deutlich über dem Schnitt der bayerischen und deutschen Sparkassen. 2021 erlebte das Darlehensgeschäft das beste Jahr der Geschichte. Wirtschaftlicher Erfolg ist wichtig, denn es geht auch darum, die Selbstständigkeit zu bewahren – in einem Umfeld, in dem sich seit Jahren eine Fusion an die andere reiht. Beispiel in der Region: die Volks- und Raiffeisenbank in Rosenheim, die sieben Verschmelzungen in 20 Jahren durchführte. Die Sparkasse Wasserburg hatte sich ihre Selbstständigkeit 1972 sogar vor Gericht erkämpft: Sie widersetzte sich damals der Auflösung im Rahmen der Gebietsreform. Deshalb heißt sie noch heute Kreis- und Stadtsparkasse und hat vier Eigentümer: Stadt Wasserburg (50 Prozent), Landkreis Rosenheim (25 Prozent), Landkreis Mühldorf (17 Prozent), Landkreis Erding (acht Prozent). „Wir sind eine ganz besondere Sparkasse“, findet Schwertberger. „Eine Fusion war und ist für uns kein Thema“, stellt er fest. Dass die Sparkasse 2026 frei und unabhängig ihr 200-jähriges Bestehen feiern kann, davon ist Schwertberger überzeugt. Doch den Erfolg will er nicht nur an Bilanzzahlen festmachen. Mut habe ihm in den 22 Jahren im Vorstand und den vergangenen fünf Jahren als Vorsitzender stets die Tatsache gemacht, „dass wir so tolles Personal haben“. „Ohne gute Mitarbeiter sind Sie nichts“, bringt Schwertberger es auf den Punkt. „Unser Personal hat nicht nur das Sparkassen-, sondern auch das Wasserburg-Gen“, so seine Erfahrung. Die Mitarbeiter würden sich stark mit ihrer Stadt und dem Geschäftsgebiet identifizieren. Das ist eine Region, der es wirtschaftlich gut geht. Der scheidende Chef vertraut auch der deutschen Wirtschaft, Treiber des Wohlstands. Obwohl die Prognosen für 2023 düster sind, geht Schwertberger davon aus, dass es nicht so schlimm kommt wie gedacht in puncto Rezession und Abschwung. „Der Markt hat die Tendenz, auszugleichen. Exzesse gibt es, ja, doch wir kehren in Deutschland und vor allem in unserer wirtschaftlich starken Region in der Regel schnell wieder in die Normalität zurück.“
Ein Bild
wird er mitnehmen
Normal war es für den Vorstandsvorsitzenden in den vergangenen Jahren, ein beruflich sehr durchgetaktetes Leben zu führen. Jetzt freut sich der Bald-Rentner, „einmal nichts tun zu können“. Deshalb hat er noch keine Pläne gemacht für den Ruhestand. „Ich lasse es ein bissl auf mich zukommen“, sagt er. Schwertberger freut sich, mehr Zeit für die Familie zu haben, zu der auch schon ein Enkel gehört. Er will außerdem mehr Sport machen: 40 Jahre war er leidenschaftlicher Judoka, er fährt gerne Rennrad und Ski. Und liebt es, Konzerte zu besuchen. Das Bild aus dem Büro wird er mitnehmen – das vom Wasserburger Künstler Willy Reichert bleibt da. Darauf erklimmt ein Radfahrer einen Hügel – „so war auch mein Berufsleben“, sagt Schwertberger mit Blick auf das Bild. „Ich habe es sportlich genommen. Nach dem Erreichen des Hügels gab es in der Regel eine schöne Aussicht.“