Patriot-Raketen bald aus Aschau am Inn?

von Redaktion

Der US-Rüstungskonzern Raytheon möchte im Zuge des Ukraine-Krieges seine Patriot-Raketen künftig auch in Deutschland produzieren. Das könnte die Bayern-Chemie in Aschau am Inn betreffen.

Aschau am Inn – Zehn Monate nach seinem Beginn könnte der Ukraine-Krieg militärisch auch Aschau am Inn erreichen. Ende November wurde publik, dass der US-Rüstungskonzern Raytheon seine Patriot-Luftabwehrraketen künftig auch in Deutschland fertigen möchte.

Dazu entwickelt er derzeit zusammen mit dem bayerischen Rüstungskonzern MBDA einen Fahrplan – und zu MBDA gehört die Bayern-Chemie in Aschau.

Kompetenzzentrum für Raketenantriebe

„Die Bayern-Chemie ist in Gesprächen mit dem Hersteller und erarbeitet derzeit ein Angebot für die Produktion des Patriot-Raketen-Motors ab 2024“, teilte Bayern-Chemie-Pressesprecher Thomas Haslinger auf Nachfrage mit. Für das Angebot brauche das Unternehmen jedoch noch mehr Detail-Informationen. „Wir rechnen aber mit einer Angebotsabgabe und Entscheidung im zweiten Quartal von 2023“, so Haslinger.

Sollte die Entscheidung für die Bayern-Chemie fallen, würde das Unternehmen „am Standort Aschau in umfangreiche Infrastrukturmaßnahmen investieren“.

Die Bayern-Chemie versteht sich nach eigenen Angaben als „einer der globalen Technologieführer für Lenkflugkörper- und Raumfahrtantriebe“ mit über 60 Jahren Erfahrung. Das Unternehmen ist im MBDA-Konzern das Kompetenzzentrum für Raketenantriebe im zivilen wie im militärischen Bereich. Zum Produktportfolio gehören unter anderem die Antriebe für den Luft-Luft-Lenkflugkörper Meteor, für den Kleinflugkörper Enforcer und die Gasgeneratoren für das Boden-Luft-Lenkflugkörpersystem Apside und den Luft-Luft-Lenkflugkörper Sidewinder.

Daneben produziert die Bayern-Chemie Antriebe für U-Boot-Rettungssysteme sowie für zivile Raketen. So befindet sich die Entwicklung des Raketenantriebs RedKite für zivile Weltraumforschungen des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in der Endphase. 2023 stehen die finalen Tests auf dem Programm.

Bisher keine Effekte auf Auftragslage

Von der am 27. Februar von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ausgerufenen Zeitenwende und dem 100 Milliarden Euro schweren Sondervermögen für die Bundeswehr konnte die Bayern-Chemie bislang nicht profitieren: „Derzeit haben der Ukraine-Krieg und die Maßnahmen zur Ausstattung der Bundeswehr über die Patriot-Luftabwehrraketen hinaus aktuell keine Auswirkungen auf die Auftragslage“, erklärt Bayern-Chemie-Pressesprecher Thomas Haslinger.

„Wir haben aber Hinweise, dass es demnächst noch zu konkreten Anfragen kommen könnte.“ Allerdings würden diese dem europäischen Vergaberecht unterliegen. „Nur wenn die Politik das Material der Bundeswehr unter dem Begriff ‚Nationale Sicherheit‘ deklariert, kann von dem komplizierten europäischen Vergaberecht abgewichen werden.“

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