Lebenswerk in guten Händen

von Redaktion

Dritte Generation setzt Familientradition des Textilservice Stangelmayer fort

Kolbermoor – Arnulf und Elfriede Stangelmayer haben 1965 den Grundstein für ihr Familienunternehmen gelegt. Auch wenn sie zwischenzeitlich über einen Verkauf nachdachten, haben ihre Söhne Arnulf und Gerhard 2004 den Staffelstab übernommen. Jetzt trat mit Ferdinand der erste Enkel ins Unternehmen ein. Ihm werden in den nächsten Jahren auch Valentin und Jakob folgen. Und mit den Urenkeln Paul und Emil steht sogar die vierte Generation schon in den Startlöchern. Die Stangelmayers schreiben damit eine außergewöhnliche Unternehmensgeschichte fort. Doch wie haben sie Großbrände, Corona-Pandemie, Fachkräftemangel und Energiekrise gemeistert?

Familienunternehmen 1965 gegründet

„Man ist die Firma, und man schläft die Firma, 24 Stunden am Tag“, sagt Arnulf Stangelmayer (85). Der Senior war es, der 1965 die Firma gemeinsam mit seiner Frau Elfriede gründete. Für den Wunsch, sich selbstständig zu machen, hängten sie ihre Jobs als Diplomchemiker und Chemielaborantin an den Nagel, um in Rosenheim einen kleinen Wäschereibetrieb zu übernehmen. „Wenn ich gewusst hätte, wie hart es wird, hätte ich es wohl nicht gemacht“, erinnert sich der Senior: „Die ersten zehn Jahre sind die schlimmsten.“

Menschen sind das Geheimnis des Erfolgs

Mit 17 Mitarbeitern übernehmen sie den Wäscheservice für Privatkunden, stehen selbst an Waschmaschine und Mangel, sind in den Filialen oder fahren die Wäsche aus. Mittendrin wachsen ihre Söhne Arnulf und Gerhard auf. „Wir haben wirklich geschuftet, hatten aber immer wunderbare Menschen an unserer Seite“, erinnert sich Elfriede Stangelmayer (78) an die ersten Jahre. „Während sie sich um die Mitarbeiter kümmerte, war unser Vater der Stratege, hat den Markt beobachtet und die Zukunft des Unternehmens geplant“, sagt Gerhard Stangelmayer (53) voller Hochachtung: „Das ist das Geheimnis unseres Erfolgs.“

Das Portfolio des Unternehmens entwickelt sich rasant. Zur Haushaltswäsche kommt die Gastronomie hinzu, zur Wäscherei die chemische Reinigung. Über Filialen wird ein Vertriebsnetz aufgebaut. In Rosenheim ist es bald zu eng, also zieht Stangelmayer 1978 in die ehemalige Strumpffabrik nach Kolbermoor um. „Ein wahrer Klimmzug“, sagt der Senior.

Dann wandelt sich der Markt vom Privat- zum Objektgeschäft, schwappt aus Amerika das Modell der Mietwäsche nach Europa. In den 70er-Jahren kommen Krankenhäuser und Rehakliniken hinzu. Das Unternehmen wächst. Doch ein Großbrand am 6. Dezember 1983 vernichtet alles. „Wir dachten, das sei der Untergang“, erzählt Elfriede Stangelmayer. Doch mit viel Kraft, unternehmerischem Mut und „einer unglaublichen Leistung unserer Mitarbeiter“ geht es weiter.

Unternehmensnachfolge ist viele Jahre lang kein Thema. Ihren Söhnen lassen die Stangelmayers die Freiheit, über ihre berufliche Zukunft selbst zu entscheiden. Der eine studiert Maschinenbau, der andere Bauwesen. Nach 20 Jahren Selbstständigkeit denkt der Senior 1985 erstmals über den Verkauf des Unternehmens nach. Doch mit dem Einstieg der Söhne – 1993 Arnulf und 1997 Gerhard – wird die Zukunft des Familienunternehmens besiegelt.

Der Senior begleitet sie bis zu seinem Ruhestand. Die zweite Generation setzt mit Innovationen eigene Akzente, managt die textile Vollversorgung für alle Branchen und damit ein umfassendes Portfolio von der Flachwäsche für Hotels, Gastronomie oder Gesundheitswesen über professionelle Berufsbekleidung für Pflege, Industrie und Handwerk bis zur Bewohnerwäsche.

Weitere
Expansion

Der Textilservice Stangelmayer expandiert. Ab Mitte der 90er-Jahre wird der Standort in Kolbermoor weiter ausgebaut. 2004 übernimmt die zweite Generation die Geschäftsführung. Es entstehen neue Produktionshallen, ein neues Kesselhaus und ein modernes Betriebs- und Verwaltungsgebäude.

Zwei Krisen stellen das Unternehmen vor große Herausforderungen. Erst die Corona-Pandemie, die zeitweise zu einem enormen Umsatzeinbruch führt. Dann die Preisexplosion bei Diesel, Energie und Rohstoffen. Täglich sind 42 Lkw und 14 Sprinter unterwegs. Pro Jahr werden 22 Gigawatt Gas gebraucht. Als der Krieg gegen die Ukraine beginnt, investieren die Stangelmayers und stellen 50 Prozent ihres Verbrauchs von Gas auf Öl um. „Mehr geht nicht, da viele unserer Maschinen direkt mit Gas beheizt werden“, erklärt Gerhard Stangelmayer. „Ist das Gas weg, steht der ganze Laden“, macht der Senior die Gefahr klar, die im Juli und August 2022 fast Realität geworden wäre.

Sie kaufen Öl und Gas am Spotmarkt ein, um die Preisexplosionen abzufedern, stehen in engem Kontakt mit den Energieversorgern, um im Notfall wenigstens stundenweise mit Gas versorgt zu werden. „Als Wäsche- und Bekleidungsservice für Krankenhäuser, Reha-Kliniken und Pflegeheime müssen wir jederzeit lieferfähig bleiben. Doch wir gehörten weder in der Corona-Pandemie zu den Einrichtungen, die vorrangig geimpft wurden, noch in der Energiekrise zu den Unternehmen, die bei einer Mangellage vorrangig mit Gas versorgt worden wären“, beschreibt Arnulf Stangelmayer junior (55) den Kampf darum, von den Behörden als systemrelevant wahrgenommen zu werden.

Seit 58 Jahren nachhaltig

Mit Energie achtsam umzugehen gehört seit 58 Jahren zur Unternehmensphilosophie. „Umweltschutz, Nachhaltigkeit und Schonung unserer Ressourcen sehen wir als wichtige Aufgaben an, die wir seit der Firmengründung verfolgen“, betont der Senior. So werden Waschverfahren und Technologien ständig auf Umweltverträglichkeit geprüft. Prozesswärme wird im Produktionskreislauf zur Warmwasseraufbereitung genutzt und versorgt über ein Nahwärmenetz beispielsweise das Rathaus oder das neue Geschäfts- und Wohnhaus. Mit neuen Lkw sollen jährlich 20000 Liter Diesel eingespart werden. Eine Solaranlage auf dem Dach produziert einen Teil des benötigten Stroms. „Im vergangenen Jahr konnten wir weitere 15 Prozent Energie einsparen“, erklärt Gerhard Stangelmayer.

Und es geht weiter – mit einem genauen Monitoring der Betriebsabläufe und vielen kleinen Schritten in den einzelnen Bereichen. Diese Aufgabe hat Betriebswirt und Wirtschaftspsychologe Ferdinand Stangelmayer übernommen. Er bringt zur technischen nun auch eine psychologische Sichtweise ein: „Um die Abläufe zu optimieren, und zu entdecken, wo wir noch Ressourcen schonen können, wollen wir unsere Mitarbeiter stärker einbinden“, erklärt der 28-Jährige sein aktuelles Projekt. Damit wird nicht nur die emotionale Bindung zum Unternehmen gestärkt: „Aus ihrem Blickwinkel lassen sich Alltagshürden viel besser erkennen. Sie sind die Profis in ihren Bereichen, die für die Optimierung der Abläufe auch die besten Ideen haben.“

Ständige
Veränderung

Sein Fachgebiet ist das Change-Management, also die strategische Planung von Veränderungen im Unternehmen. „Eigentlich dasselbe, was ich in den vergangenen 50 Jahren gemacht habe“, sagt der Großvater augenzwinkernd und weiß, dass sein Lebenswerk auch künftig in guten Händen liegt. Die dritte Generation wird sich verstärkt der Digitalisierung und Automatisierung der Produktion widmen, um das Familienunternehmen zukunftsfähig zu gestalten. Beispielsweise mit dem Einsatz künstlicher Intelligenz, um dem Fachkräftemangel zu begegnen.

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