Ein neues Konzept für den Einzelhandel

von Redaktion

Der Traunsteiner Stadtrat verabschiedet einen Fahrplan, um Traunstein als Einkaufsstadt zukunftsfähig zu machen. Die digitale Transformation wird darin als Chance gesehen – gerade auch für kleine Händler.

Traunstein – Online-Angebote, Corona- und Energie-Krise, Ukraine-Krieg und eine Inflation, die die Preise galoppieren lässt: Die Situation für den stationären Fach- und Einzelhandel gerade in kleineren und mittleren Städten ist alles andere als leicht. Angesichts der Insolvenz großer Kaufhausketten und verwaisender Innenstädte will sich die Stadt Traunstein für die Zukunft wappnen.

Ein aktuell von der Beratungsgesellschaft Cima aus München erarbeitetes Einzelhandelskonzept soll Orientierung geben und Handlungsfelder für die Sortiments- und städtebauliche Entwicklung aufzeigen. Im Stadtrat wurde das 112 Seiten umfassende Werk nach einjähriger Vorbereitungsphase nun einstimmig verabschiedet.

Den Kaufprozess
ganz neu denken

Das neue Einzelhandelskonzept für Traunstein ergänzt die derzeit noch laufende Fortschreibung des Integrierten Städtebaulichen Entwicklungskonzepts (ISEK). Dieses hat unter anderem die Stärkung der Innenstadt und deren Aufenthaltsqualität zum Ziel. Auch das neu aufgestellte Stadtmarketing mit dem integrierten Kulturmanagement gehört zur Strategie, Traunstein als Einkaufs- und Erlebnisstadt zukunftsfähig zu machen.

Das neue Konzept soll als Instrument für „ein weiteres zielgerichtetes Handeln für die Wirtschaftsförderung, das Stadtmarketing und die Innenstadtentwicklung“ dienen. Ebenso geht es darum, die „zentrale Versorgungsfunktion Traunsteins als Oberzentrum“ weiterzuentwickeln.

Das Gutachten setzt die aktuellen Trends und Rahmenbedingungen im Einzelhandel in Beziehung zu den besonderen Standortmerkmalen sowie der Angebots- und Nachfragesituation in Traunstein. Bei der Erhebung der Datenbasis für die Analyse setzte die Cima auf eine Befragung von Haushalten und Einzelhandel, Interviews zum Kaufverhalten (Point-of-Sale-Umfrage), Expertengespräche und digitale Frequenzmessung.

Wie aus dem Gutachten hervorgeht, spielt die sich aktuell vollziehende digitale Transformation der Gesellschaft auch für den örtlichen Einzelhandel eine immer entscheidendere Rolle. Das heißt für den Handel, so das Gutachten, „dass er den Kaufprozess völlig neu denken muss“ und die Inspirationsphase „bereits online auf dem heimischen Sofa“ beginnt.

Da Kunden heute zwischen vielen Kanälen wechseln – wie etwa Anbieter-Websites, Empfehlungen, Influencern, Vergleichsportalen oder Social-Media-Plattformen – ist dem Gutachten zufolge die digitale Präsenz der Händler mit Informationen zum Geschäft unabdingbar. Vorteile aus der analogen Welt wie Kundenberatung, Service und Ambiente ließen sich dabei mit neuen Technologien und Möglichkeiten ergänzen, um die geänderten Markt- und Kundenanforderungen miteinzubeziehen. Gerade auch für kleine Händler böten sich dadurch neue Chancen.

Ergänzend zur Online-Präsenz einzelner Händler, so die Studie, sei auch die digitale Vernetzung der Händlerschaft mit der Stadt und weiteren Online-Serviceangeboten ein Standortvorteil. Dies zeige das Modellprojekt „Digitale Einkaufsstadt Bayern“. Auch auf neue Online-Formen des Lebensmitteleinkaufs infolge der Corona-Pandemie geht die Studie ein.

Obwohl Traunstein mit einer Kaufkraftkennziffer von 108 über dem Bundesdurchschnitt liegt, sieht die Studie mit Blick auf die touristische Anziehungskraft das Fehlen von Einrichtungen mit überregionaler Strahlkraft und Defizite bei Übernachtungsbetrieben.

Tipps für die Nutzung
von Leerständen

Die große Chance für Traunstein als erlebnisreiche Einkaufsstadt sehen die Experten der Cima in der Weiterentwicklung der Kombination aus attraktiven, serviceorientierten Geschäften, einer identitätsstiftenden Aufenthaltsqualität und abwechslungsreichen Veranstaltungen.

Bereichernd für den Angebotsmix wären Multidiscounter und Geschäfte für Babybedarf und junge Mode, für Möbel oder für Artikel mit Nachhaltigkeitsaspekten (etwa Unverpackt-Läden oder Geschäfte für fair produzierte Waren). Verbesserungsbedarf gibt es zudem auch im Hinblick auf den Campus Chiemgau beim Gastronomieangebot für junge Leute.

Als attraktive Zwischennutzungsangebote bei Leerständen empfehlen die Experten Outlets, Pop-up-Konzepte, Existenzgründerwettbewerbe, Coworking- und New-Work-Angebote oder gastronomische Mischkonzepte wie Kaffeeröstereien oder Kleinstbrauereien.

Nach der Vorstellung der neuen Einzelhandelsstudie im Stadtrat besteht für interessierte Bürger ab sofort die Möglichkeit, das Gutachten von der Homepage der Stadt Traunstein unter der Rubrik „Stadtentwicklung & Wirtschaft“ herunterzuladen.

Artikel 3 von 9