Traunstein – Gerhard Kotter bleibt auch für die kommenden drei Jahre Kreishandwerksmeister. Im Rahmen der Jahreshauptversammlung am Donnerstagabend im Bildungszentrum der Handwerkskammer für München und Oberbayern in Traunstein wurde der Traunsteiner Bäckermeister ohne Gegenstimme für weitere drei Jahre im Ehrenamt bestätigt und steht damit weiterhin den 910 Betrieben in der Handwerksorganisation vor. Auch seine Stellvertreter Thomas Aigner für den Landkreis Traunstein und Hans Angerer für den Landkreis Berchtesgadener Land wurden gewählt.
1729 Lehrverhältnisse bestanden zum Stichtag – seit nunmehr zwei Jahren trotz Corona eine leichte Steigerung. Kotter blickte nach der Totenehrung, in denen „den Meisterkollegen, die uns vorausgegangen sind“, gedacht wurde, auf schwierige Jahre zurück: Mussten die Betriebe doch mit den negativen Folgen, die durch die Corona-Pandemie entstanden sind, verkraften, die durch geopolitische und wirtschaftliche Auswirkungen des Ukrainekrieges noch gesteigert wurden.
Inflation und Zinsen
verschieben Rahmen
Im Zuge von sprunghaft angestiegener Inflation und deutlich höheren Zinsen haben sich dementsprechend auch die Rahmenbedingungen für die Betriebe erheblich verändert. „Eine geringe Prozentzahl konnte nur die gestiegenen Kosten vollständig an die Kunden weitergeben und einige kamen dadurch in Liquiditätsschwierigkeiten“, führte Kotter aus.
Die Energiekrise habe die Zukunftssorgen für die Handwerksbetriebe verstärkt. Dennoch sei er der festen Überzeugung, dass sich das Handwerk auch im laufenden Jahr behaupten werde. Allerdings bereite der Fachkräftemangel weiterhin große Sorgen, der demografische Wandel und fehlende Nachfolgeregelungen führten zu weiteren Betriebsschließungen.
Lob gab es für die Kreistage der beiden Landkreise Traunstein und Berchtesgadener Land und namentlich für die beiden Landräte Siegfried Walch und Bernhard Kern zur Entscheidung des Neubaus der beiden Berufsschulen in Traunstein und Freilassing.
Neben der jährlichen Berufsinformationsmesse im Bildungszentrum wolle man die Lehrlingsakquisition intensivieren. In der Zeit vom 17. bis 19. Oktober will man unter dem Motto „My next step“ wieder Schüler für eine Ausbildung im Handwerk begeistern.
Kritisch äußerte er sich zum internen Fortgang der Handwerkskammer beim „Leuchtturmprojekt“ Campus Chiemgau. Aktuell müsse man davon ausgehen, dass das Handwerk weiter am bisherigen Standort in der Mühlwiesen mit ihrem Bildungszentrum bleibe. „Wir hoffen sehr, dass die Handwerkskammer für München und Oberbayern bei diesem Thema ins Handeln kommt. Es ist sehr wichtig, dass das Handwerk auch in unserer Region in der Aus- und Weiterbildung modern, innovativ und interessant wird!“
Damit hatte er den Staffelstab zu dem Thema an Dieter Vierlbeck, den stellvertretenden Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer weitergereicht, der in seinem Impulsvortrag das Thema aufgriff, zuerst aber auch in seiner Einleitung den vielen ehrenamtlich tätigen Vertretern der Innungen und der Kreishandwerkerschaft für ihr hohes Engagement dankte. „Insgesamt geht es uns in Bayern besser als dem Rest der Republik“, betonte er. Dies sei aber kein Grund, sich darauf auszuruhen.
Lehrlingsmangel
als Umsatzgefahr
„Am Ende fehlen uns die Lehrlinge, die die Umsätze sicherstellen sollen“, blickte er auf den massiven Rückgang der Lehrlingszahlen über die vergangenen Jahrzehnte. Viele junge Menschen legen aktuell den beruflichen Schwerpunkt auf den IT-Bereich. Das Handwerk habe versäumt darzustellen, wie attraktiv eine Reihe von Handwerksberufen gerade auch für Schulabgänger mit diesem Fokus sei.
„Die Handwerkskammer bekennt sich zum Standort Traunstein. Wir wollen diesen Standort dem Bedarf entsprechend ausbauen. Wir werden ihn nicht verlassen“. Man könne aber die Dimension des Neubaus eines Bildungszentrums im Volumen von rund 70 Millionen Euro nicht stemmen. Man werde in dem Campus als Mieter auftreten, für das SHK-Handwerk in Traunstein in der Sonntagshornstraße präsent sein und im Bildungszentrum bleiben. Gleichzeitig sei man aber auf der Suche nach einem neuen Standort für das in die Jahre gekommene Bildungszentrum.
Die Jahresrechnung 2022, vorgetragen durch Dagmar Sinzinger von der Kreishandwerkerschaft, zeigte eine gesunde Gesamtstruktur mit einem erneut kräftigen positiven Abschluss. Nach dem positiven Votum durch den Rechnungsprüfer Hermann Stadler wurde das Zahlenwerk ebenso ohne Gegenstimmen verabschiedet wie im Nachgang der Haushaltsplan des laufenden Jahres.
Einen breiten Raum der Hauptversammlung nahm die Wahl der gesamten Leitung der Kreishandwerkerschaft ein. Gerhard Kotter stellte sich wieder zur Wahl und wurde ohne Gegenstimme zum Kreishandwerksmeister gewählt. Auch seine Stellvertreter Thomas Aigner (Landkreis Traunstein) und neu Hans Angerer (Berchtesgadener Land) wurden einstimmig beziehungsweise mit wenig Gegenstimmen gewählt. Die Vorstandsmitglieder für die kommenden drei Jahre sind Stefan Neumeier, Bernhard Fuchs, Peter Müller, Yvonne Gaumont, Jürgen Zellerhoff, Michael Röling, Wolfgang Petry, Johann Reiter, Werner Scharf, Andreas Weinzierl, Peter Schuhbeck, Josef Pflügl und Martin Kollmeier. Als Rechnungsprüfer fungieren weiterhin Stadler und neu zusätzlich Franz Pfeffer.
Kotter bedankte sich beim scheidenden Stellvertreter Johannes Haas für die gute Zusammenarbeit.
„Miss Handwerk“
sorgt für Begeisterung
Sehr erfreut zeigten sich die Handwerksvertreter über den Erfolg von Maren Kogge. Die Malermeisterin wurde kürzlich auf der Internationale Handwerksmesse zur „Miss Handwerk 2023“ gewählt. „Sie hat den Titel mit Charme und Können zu uns geholt“, freute sich der Kreishandwerksmeister.
Die Kirchenmalerin aus Amerang, Mitglied der Maler- und Lackierer-Innung Traunstein, berichtete von ihrem Social-Media-Kanal, in dem sie mit anderen über das Handwerk kommuniziert und für das Handwerk wirbt. Es gehe viel auch um Wertschätzung, machte die 34-Jährige deutlich und warb auch für einen wertschätzenden Umgang mit Mitarbeitern. Mit auf der Agenda standen verschiedene Ehrungen langjähriger Handwerksmeister und Mitarbeiter mit zum Teil jahrzehntelanger Treue zur Kreishandwerkerschaft als Organisation und Arbeitgeber.
In der Diskussion monierte Josef Pflügl, Obermeister der SHK-Innung Traunstein, dass das Handwerk in den Augen vieler Eltern, aber auch Lehrern ein unbefriedigendes Image habe. Dem müsse man entgegenwirken. „Ein dickes Brett“, stimmte Vierlbeck zu. „Wir haben das Problem, dass zu wenige danach auch Schreiner bleiben wollen“, schilderte Andreas Weinzierl, Obermeister der Schreiner-Innung Traunstein, die Situation im Schreiner-Handwerk. Martin Kollmeier, Obermeister der Zimmerer-Innung Traunstein-Berchtesgadener Land, verwies auf positive Erfahrungen mit Abiturienten, die gerne die Zimmerer-Ausbildung machen.
Abgerundet wurde die Versammlung auch durch die Teilnahme verschiedener Fördermitglieder und Vertreter von Wirtschaftsverbänden und -organisationen wie auch einer Kurzvorstellung des Direktionsleiters der AOK-Bad Reichenhall, Mathias Förg.