„Im Stall muss alles zusammenpassen“

von Redaktion

Melkroboter sind auf dem Vormarsch, unter anderem weil der Staat eine Anschaffung fördert. Zu Besuch bei einem Landwirt in Übersee, der für die Zukunft seines Hofes auf moderne Technik setzt.

Traunstein/Übersee – Adria trottet langsam in die Melkbox. Sofort macht sie sich über das Kraftfutter her, das in einen Trog geschüttet wird. Die sechsjährige Milchkuh ist eine von 200 Rindern im Stall des Überseer Landwirts Willi Siglreitmeier, der seit 18 Jahren in seinem Offenstall mit Melkrobotern arbeitet.

2004 übernahm der junge Landwirt den Hof seiner Eltern, den „Scherer Hof“, und baute kurze Zeit später einen Offenstall mit professioneller Stallbelüftung. Zeitgleich entschied er sich für einen gebrauchten Melkroboter aus den Niederlanden und stockte seine Rinderherde auf 75 Milchkühe auf.

Von anderen
zunächst belächelt

„Zunächst wurde ich von Kollegen belächelt“, erinnert sich Siglreitmeier. „Aber von überall her kamen Landwirte zu Besuch und schauten sich den Betrieb an.“

2020 wagte er den nächsten Schritt: Der Überseer kaufte von derselben holländischen Firma einen nagelneuen Melkroboter für stolze 160000 Euro, die aus dem Förderprogramm „Investitionen in Energieeffizienz und CO2-Einsparung in der Landwirtschaft“ bezuschusst wurden. Seither marschieren täglich 80 Milchkühe mehrmals in die Melkbox. Das Computerprogramm des Roboters erkennt das Tier am Chip, den es um den Hals trägt, und schüttet automatisch eine bestimmte Menge Kraftfutter in einen Trog. „Das lockt die Tiere noch zusätzlich“, erklärt Siglreitmeier.

Der Reinigungsarm des Melkroboters säubert zunächst mit Bürsten das Euter, bevor der Laser des Melkarmes die ideale Position abtastet – die „Zitzenbecher“ setzen vorsichtig an, der Melkvorgang beginnt. Danach spritzt der Roboter das Euter noch mit einem Schutzmittel ein und die Kuh verlässt die Melkbox, um der nächsten, die bereits geduldig wartet, Platz zu machen.

Jungtiere lernt der Landwirt aus Übersee behutsam an und achtet darauf, alles ruhig und ohne Hektik anzugehen.

Im Stallbüro sitzt Willi Siglreitmeier mehrmals täglich vor seinem Computerbildschirm und kontrolliert die verschiedenen Daten. So ermittelt das Programm, an dem ein Funksystem im Stall angeschlossen ist, von jedem Tier Brunftzyklus, Trächtigkeit und Geburtstermin für das Kalb. Außerdem erfährt der Landwirt, wie lange die Kuh wiederkäut, den Fett- und Eiweißgehalt, sowie Temperatur und Leitfähigkeit ihrer Milch.

Wenn hier die Daten nicht im Normbereich sind, könnte das Tier krank sein – es könnte etwa an einer Euterentzündung leiden. „Dann muss ich sofort handeln. Im Stall muss alles zusammenpassen, dann gibt es auch fast keine Störungen“, sagt er. Der Landwirt betont, dass die moderne Technik in seinem Stall keineswegs „tierwohlfeindlich“ sei, weil man auf den ersten Blick meinen könnte, dass dadurch der menschliche Kontakt zu den Tieren verloren geht. „Vielmehr kann ich mithilfe der Sensoren viel rascher auf negative Veränderungen reagieren und schwere Krankheitsverläufe verhindern“, sagt er.

Digitalisierung wird
immer wichtiger

Da mit Sohn Michael die Hofnachfolge gesichert ist, planen Vater und Sohn weitere Investitionen für die Zukunft ihres landwirtschaftlichen Betriebs: Ein separater Kälberstall sowie ein neuer Bereich zum Abkalben soll entstehen. „Aber auch die Digitalisierung wird immer wichtiger werden“, vermutet Siglreitmeier. Neben seinem Traktor, der mit einem GPS-System ausgestattet ist, informieren sich beide Landwirte laufend über technische Neuerungen. „Uns interessiert vor allem, was uns bei den täglichen Arbeiten entlastet, dem Wohl der Tiere dient und was Einsparungen bedeuten könnte.“

Sonderprogrammfür Landwirte

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