Töging – Vor sieben Jahren gründeten Peter Spitzwieser und Robert Razavi die Firma Formrise. Inzwischen sind im Unternehmen 13 Mitarbeiter beschäftigt. So gut wie alle sind Quereinsteiger, denn für die relativ junge Branche des 3D-Drucks mit ihren unterschiedlichen Fertigungstechniken gibt es noch gar keinen speziellen Ausbildungsberuf.
Trotz der unkonventionellen Arbeit profitieren die 3D-Spezialisten von der Infrastruktur des Töginger Gründerzentrums für Handwerk und Gewerbe (GHG), das im Industriepark Inntal vor gut 25 Jahren entstand. In den letzten sieben Jahren wurden dort immer wieder Räumlichkeiten frei, sodass sich das Projekt gut entfalten konnte.
Entwicklung
von Prototypen
Aktuell belegt das Unternehmen im GHG drei Hallen, außerdem Räume für Abfertigung und Qualitätskontrolle. Das Design, die Entwicklung und der Vertrieb sind in mehreren Büros untergebracht. Dort arbeiten David Nguyen und Robert Steinhauer daran, die von den Kunden gewünschten Produkte in geeignete Arbeitsschritte aufzuteilen, welche von den 3D-Druckern der Firma abgearbeitet werden können. Zudem verbessern sie die Qualität der Endprodukte, denn beim 3D-Druck handelt es sich oft um eine Prototypenentwicklung.
„In der Massenfertigung ist Spritzguss definitiv günstiger“, gesteht Firmengründer Robert Razavi. Allerdings haben die im 3D-Druck verwendeten Kunststoffe auch besondere Eigenschaften, weshalb viele Kunden – trotz höherer Preise – dauerhaft auf die Töginger Endfertigung setzen: „Wir verwenden hauptsächlich die Hochleistungskunststoffe Polyamid 11 und 12. Die sind flexibel und äußerst stabil“, erklärt Spitzwieser.
Formrise verwendet bei der Fertigung Kunststoffpulver, das schichtweise zu Endprodukten verschmolzen wird. Dafür verteilt zunächst eine Art Wischarm in einem Behälter im Arbeitsraum des Laserdruckers eine dünne Schicht des Pulvers. Wird der Laser im Anschluss für einige Sekunden aktiviert, verschmilzt der Kunststoff an den gewünschten Stellen mit der darunter liegenden Schicht. „Je nach Lasermodell sind dabei Einzelschritte bis zu einem zehntel Millimeter möglich“, erläutert Razavi.
Ein Schlüssel
zur Rentabilität
Nach dem Belichtungsvorgang wird die Bodenplatte des Behälters abgesenkt und eine weitere Schicht Pulver aufgetragen. Am Ende des Produktionsprozesses befinden sich in dem Behälter mit der absenkbaren Bodenplatte viele Endprodukte aber auch noch jede Menge Kunststoffpulver. Beides wird dann im nächsten Arbeitsgang voneinander getrennt.
Hier liegt der Schlüssel zur Rentabilität: „Wir erreichen inzwischen eine Effizienz von gut 25 Prozent pro Druckvorgang“, erklärt Robert Steinhauer. Soll heißen, etwa ein Viertel des eingesetzten Pulvers wird zu Endprodukten verschmolzen. Das können Schalter, Gehäuse, Brillenrahmen oder ganz exotische Dinge, wie beispielsweise eine individuell angepasste Beinprothese sein. „Es gibt fast nichts, was wir nicht drucken können“, ist sich Peter Spitzwieser sicher.
Die Experten von Formrise wissen auch genau, wie man die Produkte in der Druckvorlage anordnen muss, um die gefürchteten „Überhange“ zu vermeiden. Das sind Teilstücke, die in einer Ebene keine Verbindung zum restlichen Produkt haben. Dann müssten nämlich aufwendige Stützkonstruktionen gebaut werden, um lose Teile an Ort und Stelle zu halten, bevor sie in weiteren Druckschichten miteinander verbunden werden.
Nach inzwischen sieben Jahren im Töginger GHG sucht die Firma derzeit im Radius von zehn Kilometern um Töging nach einem neuen Standort. „Der Landkreis Mühldorf wäre nicht schlecht, aber wir brauchen etwa 1000 Quadratmeter Hallenfläche und 300 Quadratmeter Büros“, hat Robert Razavi ausgerechnet.
Letztes verbliebenes Gründerzentrum
Bisher mussten Firmen nach sieben Jahren das GHG endgültig verlassen. „Da letztes Jahr aber das Programm des Freistaats ausgelaufen ist, sind wir nicht mehr an strikte Vorgaben gebunden“, erklärt Markus Saller, Geschäftsführer des Gründerzentrums. Er kann den ansässigen Firmen jetzt mehr Spielraum einräumen, wünscht sich aber dennoch auch in der Zukunft einheitliche Regeln im Töginger Gründerzentrum. In den 1990ern sprossen solche Gründerzentren vielerorts in Bayern aus dem Boden, einzig Töging ist geblieben.
Markus Saller sieht einiges Potenzial im GHG, sucht aber auch nach neuen Kooperationspartnern: Man habe eine optimale Lage und die Infrastruktur sei gut, betont der Geschäftsführer. Seiner Meinung nach böte sich Töging als fixer Standort für die „Gründerregion Inn-Salzach“ an.
Unter diesem Motto bemühen sich die Kreishandwerkerschaft Altötting-Mühldorf, die Handwerkskammer, die Industrie- und Handelskammer sowie die Wirtschaftsförderungen der Landkreise Mühldorf und Altötting dezentral um Gründer.
Von den Genannten hat neben der Stadt Töging aber bisher nur noch der Landkreis Altötting eine eigene Einlage ins Stammkapital des GHG geleistet. „Es wäre schön, wenn sich auch der Landkreis Mühldorf beteiligen würde“, sagt Markus Saller.