Sie steigt anderen gerne aufs Dach

von Redaktion

Der Kaminkehrerberuf galt lange als Männer-Domäne. Doch das ist nicht mehr so, wie zum Beispiel die Auszubildende Hannah Funk aus Kiefersfelden zeigt. Die 17-Jährige bringt gerne Glück – und ist rundum zufrieden mit ihrer Berufswahl.

Kiefersfelden – Hannah Funk macht täglich das, was viele von uns sinnbildlich auch gerne das eine oder andere Mal machen würden: Sie steigt anderen aufs Dach, denn die 17-Jährige ist Auszubildende als Kaminkehrerin. Seit zwei Jahren erlernt sie diesen Beruf bei Kaminkehrermeister Martin Kurz aus Raubling und ihr Zuständigkeitsbereich ist hauptsächlich auch ihr Heimatort: Kiefersfelden.

Angefangen hatte alles mit einem Schulpraktikum bei Bezirkskaminkehrer Kurz. „Das hat mir so richtig gut gefallen. Wir sind auf die Dächer gestiegen, ich durfte mit dabei sein. Vor allem der Blick in die Berge und das schöne Wetter dazu“, erinnert sich die Auszubildende gerne zurück.

Entscheidung für
den Beruf fiel schnell

Im zweiten Teil des Praktikums standen dann – „auch wegen des schlechten Wetters“ – eher die messtechnischen Dinge im Vordergrund. „Aber auch das hat mir gefallen,“ sagt sie. Und so war letztlich die Entscheidung, den Beruf des Kaminkehrers zu erlernen, schnell gefallen. Die Bewerbung an Martin Kurz ging raus und nach der Eignungsprüfung vor der Kaminkehrerinnung in München „bekam Hannah sofort die Stelle als Auszubildende bei mir“, erzählt Kurz. Er hat schon mehrere junge Frauen zu diesem Beruf geführt.

Im September 2021 fing Hannah ihre Lehre an und nach ausführlicher theoretischer Unterweisung „ging’s dann endlich aufs Dach“, schmunzelt die Auszubildende. Heuer im Februar stand die Zwischenprüfung an und „jetzt geht es in das letzte Jahr zum Endspurt und darauf freue mich schon, da ich immer mehr selbstständig arbeiten darf“.

Die Abschlussprüfung steht für die junge Frau dann im Juni nächsten Jahres an. Sie weiß schon jetzt, „dass ich auf jeden Fall im Beruf bleiben werde, möglichst auch in meiner Heimatregion“.

Ein Glücksmal
für ein Baby

Eine Frau zu sein, ist im Kaminkehrer-Beruf zwar kein Alleinstellungsmerkmal mehr, doch so viele Kaminkehrerinnen gibt es in der Region noch nicht. „Als ich meinen Freunden und Bekannten von meiner Ausbildung erzählte, waren die einfach begeistert. Megacool fanden sie das und auch in meiner Familie stieß ich mit meinem Berufswunsch auf offene Ohren.“

Jetzt, nach zwei Jahren ist ihre Freude am Beruf weiter ungetrübt. Neben vielen interessanten Tätigkeiten, zu denen unter anderem die Reinigung der Schornsteine und die Erhebung von Messdaten sowie auch die berufsschulische Weiterbildung gehören, erlebt sie immer wieder außergewöhnliche Situationen. Wie etwa, als einmal eine ältere Dame mit ihrem Enkelkind vorbeikam, als sie mit ihrem Kollegen gerade im Einsatz auf einem Dach war. „Sie bat mich, den kleinen Säugling anzufassen und ihm einen schwarzen Punkt aufzumalen, denn der bringt Glück“, erzählt Hannah Funk. „Das habe ich natürlich sehr gerne gemacht. So etwas ist schon irgendwie unheimlich cool.“

Berufsbild hat sich
deutlich gewandelt

Wenn sie jetzt schon einmal zurückschaut, „ist es noch schöner, als ich es mir vorgestellt habe. Ich fühle mich wohl bei der Arbeit und in der Innung anerkannt.“ Sowohl die Praxis auf dem Dach als auch die Messtechniken an den Heizungen und Geräten interessierten sie nach wie vor. „Und ich habe viel Spaß, teils auch auf hohen Dächern. Ich würde das immer wieder machen“, sagt sie

Martin Kurz erklärt die Ausbildungssituation: Nach qualifiziertem Schulabschluss und einer Eignungsprüfung dauert die Ausbildung drei Jahre, wobei der Netto-Verdienst im letzten Jahr rund 660 Euro beträgt. Hinzu kommen noch Weihnachtsgeld und Altersvorsorge. Neben praktischer und theoretischer Unterweisung ist natürlich auch der Berufsschulunterricht verpflichtend. Die Ausbildung endet mit der Gesellenprüfung vor der Kaminkehrerinnung in München.

Allerdings stehen dann engagierten Gesellen viele weitere Qualifikationsmöglichkeiten offen, wie beispielsweise die Fortbildung zum Energieberater oder Brandschutztechniker, aber auch Studiengänge in den Bereichen Umwelttechnik, Gebäudetechnik, Versorgungs- und Entsorgungstechnik sind möglich.

So hat sich auch der Beruf des Kaminkehrers im Laufe der Zeit deutlich verändert. Standen früher zumeist das Kaminkehren selbst und die Überprüfung von Heizungen im Vordergrund, hat sich das Berufsbild langsam gewandelt, „hin zum Sicherheits-, Umwelt- und Energieexperten, denn das sind heute unsere Kernkompetenzen“, erklärt der Kaminkehrermeister.

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