Ein Beruf, der alle Sinne anspricht

von Redaktion

Das Bäckerhandwerk sucht dringend Nachwuchs – auch in der Region. Der Innungsmeister räumt mit gängigen Klischees auf und nimmt auch seine Berufskollegen in die Pflicht.

Rosenheim – „Von nichts kommt nichts,“ sagt Florian Steffl, Obermeister der Rosenheimer Bäckerinnung, und meint damit, dass seine Berufskollegen für ihr Handwerk durchaus noch etwas mehr die Werbetrommel rühren könnten. Zwar ist die Nachwuchssituation im Bäckerhandwerk nicht direkt schlecht, aber wirklich gut ist sie auch nicht.

Dabei, so findet, Florian Steffl, dürfte man überhaupt keine Schwierigkeiten haben, Nachwuchs zu finden: „Brot und Backwerk sind nicht nur Grundnahrungsmittel, die jeder täglich zu sich nimmt. Sie sind durchaus auch Schmankerl – jeder der eine frische Brezn auf Herbstfest oder Oktoberfest in der Hand hat, ist davon begeistert. Auf den Beruf als solches schlägt diese Begeisterung aber komischerweise nicht richtig durch.“

Vorurteile über Beruf
halten sich hartnäckig

Mit Schuld daran ist, so meint der Obermeister, dass viele immer noch Vorstellungen vom Handwerk haben, die falsch sind, aber sich hartnäckig halten. Wenn eine junge Frau oder ein junger Mann daheim erzählen würden, dass sie eventuell Bäcker werden wollen, würden sie meist auf Unverständnis stoßen. „Bäcker willst Du werden? Um Mitternacht mit der Arbeit beginnen? Dir den ganzen Tag versauen? Überleg‘ es Dir lieber zweimal“, würde es dann oft heißen.

Die jungen Leute selbst seien da oftmals besser informiert als ihr Umfeld, meint Florian Steffl. Denn er bietet nicht nur Schulklassen-, sondern auch Kindergartenführungen durch seine Backstube an. „Und von den Kleinen, die unmittelbar erleben können, wie Brezen, Brot und Semmeln entstehen, die danach ofenfrisch zu probieren sind, will nach der Führung mindestens die Hälfte Bäcker werden“, sagt er.

Auch was die Arbeitszeiten angeht, sei man mittlerweile viel flexibler als das Klischee behauptet, so Steffl. Viele Bäckereien, erklärt der Innungsobermeister, haben zu den Nachtschichten, die in der Zeit zwischen zehn Uhr abends und Mitternacht beginnen, auch Tagschichten eingeführt. „Da fängt man um fünf Uhr früh zu arbeiten an, ist aber gegen Mittag fertig und kann mit dem Tag noch etwas anfangen.“

Diese Tatsache und auch, dass Bäckereien heute durch die Bank moderne Betriebe seien, – das müsste einfach noch mehr verbreitet werden, meint er. Deshalb sollten die Betriebe jede, aber auch wirklich jede Chance nützen, um die tatsächlichen Umstände ihres Berufes bekannter zu machen.

Schade findet es der Innungsobermeister deshalb, dass bei der alljährlich stattfindenden Brotprüfung durch das Deutsche Brotinstitut mittlerweile nur noch ein gutes Drittel der Innungsbetriebe teilnimmt. In diesem Jahr habe sich daher der Verkaufsstand, den es früher während der Prüfung vor der Volksbank in Rosenheim gab, gar nicht gelohnt. Dabei wäre die Teilnahme an der Brotprüfung ein Gewinn auf ganzer Linie für die Bäcker, betont Florian Steffl. Die Betriebe hätten die Chance, ihre Produkte prämiert zu sehen, und könnten diese überdies auf diese Weise auch außerhalb ihres direkten Einzugsgebiets einmal vorstellen. Dadurch könnten unter Umständen nicht nur neue Kunden gewonnen werden, sondern auch der ein oder andere Berufsinteressent.

Nicht unterschätzt werden sollte laut Steffl auch die Tatsache, dass man als Bäcker bei der Brotprüfung auch durchaus den einen oder anderen fachlichen Tipp bekommen kann. Denn der Beruf des Bäckers ist seiner Meinung nach auch gerade deshalb interessant, weil man darin nie auslernt. Gerade bei der Suche nach neuen Brotvarianten seien nicht nur handwerkliche Fähigkeiten, sondern auch der Intellekt gefragt: Wo geht der Geschmackstrend im Moment hin, welche Brotsorten könnten ankommen?

Das Ziel: Jeden
Tag Spitzenqualität

Derzeit sind das nach der Beobachtung von Florian Steffl eher wieder klassische Brotsorten, die oft als Bauernbrote verkauft werden. Und gerade dabei geht es um grundsolides Handwerk, das mit entsprechender Erfahrung zum entscheidenden Fingerspitzengefühl führt: Jeder Tag, so Steffl, ist eine neue Herausforderung, wenn man Spitzenqualität erzeugen will, „schon allein, weil an jedem Tag die Witterung anders ist, auf die man reagieren und sich feinfühlig einstellen muss“.

Florian Steffl ist jedenfalls überzeugt: Mit eigenen Händen und eigener Überlegung etwas hergestellt zu haben, das man noch am selben Tag essen kann und das wie kaum ein anderes Produkt alle Sinne anrührt – allein für dieses tagtägliche Erfolgserlebnis lohnt es sich schon, Bäcker zu sein.

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