Weniger Bürokratie und Vorschriften

von Redaktion

Chiemgau GmbH erläuterte mit Experten Wege zu mehr Wohnungsbau

Traunstein – Weniger Bürokratie, attraktivere Förderprogramme und Steuerentlastung sowie die ideologiefreie Gleichbehandlung unterschiedlicher Bauformen: Mit diesen vier Schritten könne die aktuelle Krise der Bauwirtschaft und der Wohnraummangel gezielt überwunden werden. Davon zeigten sich die rund 75 Teilnehmer der Veranstaltung „Chiembau – nachhaltig, wohngesund und bezahlbar mit Massivbau“ im Forum des Campus Chiemgau überzeugt.

Das Flächenmanagement der Chiemgau GmbH des Landkreises brachte dafür Vertreter der örtlichen Bauwirtschaft, Architekten und Planer, der Kommunen und Interessierte mit Experten und hochrangigen Sprechern der Bauwirtschaft ins Gespräch.

„Wohlstandsgarant
der Region“

Der Traunsteiner Landrat Siegfried Walch hob hervor, dass dem Landkreis die Baubranche als einer der wichtigsten Wohlstandsgaranten der Region besonders am Herzen liege. „Wir bauen als öffentlicher Träger so viel wie nie“, sagte Walch, was besonders Mittelstand und Handwerk zugutekomme. Zugleich sei durch die Digitalisierung der Behörde die Zahl der bearbeiteten Bauanträge von 700 auf 1100 pro Jahr gestiegen und die „Bearbeitungszeit enorm verkürzt worden“.

Die Hintergründe für die aktuelle Krise am Bau und steigende Wohnraumnot nahm Johannes Edmüller in den Fokus. Er ist Präsident des Bayerischen Ziegelindustrieverbands, der auch Mitveranstalter des Themenabends war. Edmüller zeigte auf, dass in Bayern 200000 Arbeitsplätze in rund 4000 Betrieben und eine Wertschöpfung von mehr als 30 Milliarden Euro an der Produktion und Verarbeitung mineralischer Baustoffe hängen. Durch die stark sinkende Nachfrage seien allerdings heuer viele Ziegelwerke monatelang stillgestanden. Die Umsatzeinbrüche lägen zwischen 30 und 50 Prozent.

Betroffen von der Krise am Bau seien auch zahlreiche regionale Betriebe des Bauhandwerks. Zugleich steige mit dem deutlichen Unterschreiten der politischen Vorgaben für den Wohnungsneubau und dem akuten Wohnraummangel der soziale Druck.

Edmüller empfahl deshalb eine deutlich attraktivere Förderkulisse für private Bauherren, eine im Vergleich zum Baugipfel der Bundesregierung vom September engagiertere Absenkung der Baustandards als Kostentreiber und den Wegfall der Grunderwerbssteuer für die erste selbstgenutzte Immobilie. Um die Krise zu überwinden, sei ebenfalls eine einseitige staatliche und kommunale Förderung des Baustoffes Holz wie aktuell abzulehnen und „klimapolitisch kontraproduktiv“.

„Das Bauhauptgewerbe bewegt sich auf eine ernste Krise zu“, erklärte Dip.-Ing. Franz Xaver Peteranderl, Präsident der Bayerischen Handwerkskammer von München und Oberbayern sowie des Bayerischen Handwerkstags. Bei den Wohnungsbaugenehmigungen sei es heuer im ersten Halbjahr mit einem Minus von 27,2 Prozent zu einem „regelrechten Absturz“ gekommen. Lediglich beim Ausbaugewerbe sehe es besser aus.

Angesichts der ausufernden und zum Teil stark widersprüchlichen Bauvorschriften forderte Peteranderl einen „substanziellen Bürokratieabbau“ bei den Auflagen, die Bauprojekte bis zu 20 Prozent teurer machen würden.

Mit der von der Europäischen Union seit 2022 angewendeten Taxonomieverordnung – sie soll eine klimapolitisch nachhaltige Produktion und Investitionen garantieren – drohe der Massivbau gegenüber dem Holzbau ungerechtfertigterweise in Schieflage zu geraten, so Peteranderl. „Er ist aber Teil der Lösung zur Überwindung der Krise am Bau“. Ebenso sei der geforderte Einsatz von Sekundärrohstoffen, also Abbruchmaterial, bei Neubauten angesichts unerfüllbarer Quoten, des hohen Logistikaufwands und von Rechtsfragen unrealistisch.

Forderung nach mehr
Planungssicherheit

Thomas Maier von der Bauinnung Traunstein und Berchtesgadener Land sprach sich ebenfalls für „mehr Planungssicherheit“ aus und stellte die Vorteile des Massivbaus aus Ziegel heraus. Worauf es beim Thema Wohngesundheit ankommt und wie sich die Vielzahl von Vorschriften damit in Einklang bringen lassen, machte Daniel Graf vom Sentinel Haus Institut aus Freiburg deutlich.

Stefan Schatz, Energieberater der Energieagentur Südostbayern in Traunstein, gab wiederum Einblick in die Energiesparmöglichkeiten beim Haus und zeigte die Veränderungen der Förderkulisse im neuen Jahr beim Hausbau und bei der energetischen Sanierung auf.

Diskussionsteilnehmer aus dem Publikum kritisierten, dass sich bei den neuen Fördermodellen keine als Eigenkapital gewerteten Zuschüsse geltend machen ließen. Dies würde angesichts hoher Zinsen und Inflation gerade für Familien die Ausgabe von Wohnbaukrediten bei Banken deutlich erschweren.

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