Wirte befürchten Preisschock

von Redaktion

Die Mehrwertsteuer auf Speisen und Getränke in Restaurants steigt wieder. Viele Restaurantbetreiber werden das auch an ihre Gäste weitergeben. Die Wut der Wirte dürfte spätestens dann auch auf die Gäste umschlagen, wenn sie den Preisanstieg auf der Speisekarte entdecken.

Rosenheim – „Ein absolutes Desaster“: So beschreibt der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger die jüngste Entscheidung der Bundesregierung zur Mehrwertsteuer. Diese wird für Speisen in der Gastronomie zu Jahresbeginn wieder auf 19 Prozent angehoben. Im Zuge der Corona-Pandemie und der Energiekrise mussten die Restaurant- und Gaststättenbetreiber in den vergangenen Jahren nur sieben Prozent an den Fiskus abdrücken. Doch damit ist zum neuen Jahr Schluss – und der Aufschrei in der Branche groß.

Lieferservice
trifft es nicht

„Generell wird es so sein, dass die Gastronomie die Preise erhöhen muss. Betriebe, die die Preise nicht erhöhen, wird es auf kurz oder lang nicht mehr geben“, befürchtet Theresa Albrecht, Rosenheimer Kreisvorsitzende beim Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA). Albrecht, die außerdem das Hotel und den Gasthof zur Post in Rohrdorf betreibt, rechnet mit „einem enormen Verlust von Arbeitsplätzen und Lebensqualität.“

Besonders unverständlich sei für sie außerdem, dass „eine ökologisch eingestellte Regierung gewisse Gastrobereiche bevorzugt.“ Denn: Die Mehrwertsteuer steigt nur für Speisen im Restaurant. Wer per Lieferservice bestellt oder sich etwas zum Mitnehmen holt, muss weiterhin nur sieben Prozent Mehrwertsteuer bezahlen. Für Albrecht ist das Irrsinn: „Letztendlich ist das Nachhaltigste ein Glas und ein Porzellanteller. Und das wird so teuer, dass es sich die Leute nicht mehr leisten können.“

Dass es den ermäßigten Steuersatz nur aufgrund weltweiter Krisen und einer wirtschaftlichen Ausnahmesituation gab, sieht Albrecht nicht als valides Argument für eine Erhöhung. „Es war schon immer ungerecht, dass bei uns tausende unterschiedliche Steuersätze gelten.“ Zudem seien mit der Mindestlohnerhöhung auch die Personalkosten gestiegen. Und die Energiepreise seien nach wie vor deutlich höher als vor der Krise.

Beim Hotel und Gasthof zur Post in Rohrdorf werden die Preise im neuen Jahr jedenfalls steigen. Um wie viel genau ist noch nicht entschieden. Gut heißt Albrecht dies allerdings nicht: „Wenn ich mir von meinem Geld kein Essen im Restaurant mehr leisten kann, ist das ein Rückschritt. Das ist ein Verlust an Lebensqualität.“ Derselben Meinung ist auch Michael Schlaipfer. Er führt in Frasdorf das Sterne-Restaurant Michaels Leitenberg. Besonders die Wirtshäuser seien ein Ort, wo man sich trifft und austauscht. Wenn sich die Gäste dies nicht mehr leisten könnten, wäre das fatal. Er selbst wird in seinem Restaurant die zwölf Prozent auf den Menüpreis aufschlagen. So würde das Fünf-Gänge-Menü mit Weinbegleitung statt 209 Euro rund 25 Euro mehr, also etwa 234 Euro kosten.

„Ich habe 85 Prozent Stammgäste, die haben ausgesorgt. Denen ist es egal, ob sie jetzt zwölf Prozent mehr zahlen“, erklärt Schlaipfer. Wegfallen würden vermutlich jedoch die Gäste, die nur zu besonderen Anlässen zu ihm ins Restaurant kommen. Hier seien die Zahlen aufgrund der Inflation ohnehin schon zurückgegangen.

Schlaipfer tut es besonders auch für seine Kollegen weh. „Die Kleinen müssen jetzt bluten. Die, die ohnehin die ganze Zeit ums Überleben gekämpft haben“, ärgert er sich. Daher hat er auch eine ganz klare Meinung zu Politikern, die in seinem Restaurant essen möchten: „Politiker lasse ich bei mir nicht mehr rein“, sagt er. Auch sie sollten wissen, wie es ist, wenn man nicht mehr ins Restaurant gehen kann.

Sascha Weber vom Café Lebzelterei in Rosenheim ist sich noch unschlüssig, wie er die Preise anpassen wird. „Es ist natürlich schwierig, für uns Gastronomen, das einfach zu schlucken.“ Die Preise gar nicht anzupassen, ginge nicht. Der Ertrag sei im Vergleich zu dem Aufwand, den man für ein solches Café betreibt, ohnehin nicht allzu hoch. „Wir machen das, weil es ein Herzensprojekt ist. Aber reich wird man damit nicht“, erklärt Weber.

Bei manchen Gerichten würde er wohl einen Teil der Mehrwertsteuererhöhung draufschlagen. Am Ende entscheide bei ihm aber das Bauchgefühl. Er möchte nicht, dass sich die Oma ihr Stück Kuchen am Nachmittag nicht mehr leisten kann. Mit allzu dramatischen Folgen rechnet er angesichts der Mehrwertsteuererhöhung allerdings nicht. „Ich glaube nicht, dass deswegen jetzt jemand schließen muss“, sagt er auf OVB-Anfrage.

Voller Optimismus ist dagegen Thanh Van Beck. Sie betreibt inzwischen vier Restaurants, darunter das Lychee‘s in Wasserburg. Das nächste folgt dann an der Gillitzerstraße 1 in Rosenheim in Zusammenarbeit mit Giuseppe Tedesco. Die Mehrwertsteuererhöhung bereitet ihr erst mal keine großen Sorgen. „Ich war mir eigentlich sicher, dass es nicht passiert. Glaube aber auch nicht, dass es dabei bleibt.“ Für sie ist außerdem klar, dass sich an den Preisen auf der Speisekarte nichts ändern wird.

Nicht an
Kunden auslassen

Sie würde mit ihrem Team schauen, wo man stattdessen sparen könne – und ein bisschen Gewinn würde wohl auch ausfallen. „Ich würde jedem Gastronomen nahelegen, es nicht an den Kunden auszulassen“, rät Beck. Wer durch diese Erhöhung zum Schließen seines Restaurants gezwungen sei, würde ohnehin etwas falsch machen. Dann wäre die Mehrwertsteuer nur „der letzte Stoß“.

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