Rosenheim – Wer von einer psychischen Erkrankung betroffen ist, scheidet oftmals auch für längere Zeit aus dem Berufsleben aus. Der Wiedereinstieg kann dann ohne Unterstützung schnell zu einer großen Hürde und zu einer zusätzlichen Belastung werden.
Doch beim RPK – kurz für Rehabilitation psychisch Kranker – im Rosenheimer Medical Cube gibt es genau hierfür die passende Unterstützung. Beim RPK handelt es sich nämlich nicht um eine klassische Praxis für Psychotherapie.
Es ist mehr ein „Rundum-Paket“ für Betroffene, wie es ein Sprecher gegenüber dem OVB beschreibt. 30 Personen können dort derzeit das Reha-Programm durchlaufen.
Praktika
und Therapie
Das RPK des ReAL Verbundes mit Sitz in Bad Tölz ist darauf spezialisiert, Menschen mit chronischen Krankheitsbildern wie Depressionen oder Angstzuständen zurück in die Arbeitswelt zu verhelfen. Oftmals machen psychische Erkrankungen es Betroffenen unmöglich, einer geregelten Tätigkeit auf dem ersten Arbeitsmarkt nachzugehen. „Deshalb bieten wir nicht nur eine medizinische, sondern auch eine berufliche Reha an“, erklärt Jakob Gomm, Einrichtungsleiter der RPK Rosenheim.
In der maximal zwei Jahre andauernden Therapie erhalten die Betroffenen nicht nur Unterstützung durch Psychotherapie, sondern auch Praktika, sogenannte Belastungserprobungen, stehen auf dem Programm. Hierfür arbeitet der RPK mit sozialen Betrieben und mit Betrieben auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zusammen.
Die erste Belastungsprobe erfolgt im geschützten Bereich. Dazu zählen Betriebe der Diakonie und der Caritas, wie beispielsweise das Buchcafé am Rosenheimer Bahnhof. Im zweiten Schritt sucht der Rehabilitand dann eine geeignete Praktikumsstelle auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, abgestimmt auf die Interessen und berufliche Vorerfahrung. Das RPK unterstützt hier beim Bewerbungsprozess je nach Bedarf.
Der Praktikumsvertrag kommt dann schließlich vom Therapiezentrum, mit bedarfsgerechten Arbeitszeiten und angepasst an den jeweiligen Rehabilitanden. Während der Belastungserprobung sind die Rehabilitanden mindestens einen Tag pro Woche im Therapiezentrum.
Dort wird in Gesprächen mit Therapeuten und einer Bezugsperson die Erfahrung auf dem Arbeitsmarkt besprochen und reflektiert.
Das Computergeschäft „pcwerx“ in Rosenheim ist einer von vielen Betrieben, die Rehabilitanden einen Praktikumsplatz angeboten haben. Als die Anfrage eines Betroffenen für die Belastungserprobung kam, war für Ausbilder Florian Schneider klar, dass er sich der Herausforderung annimmt. „Ich war Bundeswehrausbilder, mit jungen Männern kenne ich mich aus“, sagt er im OVB-Interview.
Durch seine berufliche Vorgeschichte ist auch der Ton klar, der bei ihm gesetzt ist. Mit Samthandschuhen wird niemand angefasst. Schneider hatte bisher zwei Praktikanten zur Belastungserprobung vom RPK. Einem von ihnen hat er sogar im Anschluss zu einer Ausbildung in einem Elektronikfachmarkt verholfen. Doch ganz so einfach war das nicht. „Das war auch wirklich mit Heulen, Zetern, Schubsen – man musste ihn dazu zwingen“, macht Schneider deutlich. Außerdem gibt er zu, dass die Arbeit mit seinem Praktikanten immer wieder eine Herausforderung war. Unpünktlichkeit war hier fast an der Tagesordnung. Aber auch das hat Schneider gemeinsam mit seinem Schützling auf die Reihe bekommen. „Diese Leute brauchen jemanden, der sagt: ‚Hör auf rumzuheulen.‘“
Es fehle den jungen Menschen laut Schneider an persönlicher Härte. „Ich bin nicht dazu da, die zu tätscheln, zu küssen und lieb zu sein. Ich bin dazu da, ihnen zu zeigen, wie das echte Leben funktioniert“, macht der Ausbilder deutlich. Für ihn ist klar, dass die Betroffenen einfach nur ein wenig Führung benötigen, um wieder in die richtige Spur zu kommen.
Realistische
Erfahrung
Der rauere Ton bei Schneider wäre zwar nicht für alle Personen des RPK geeignet, aber manchen hilft genau diese realistische Erfahrung. „So können die Rehabilitanden austesten, ob sie einer solchen Situation standhalten können.
Gerade im Handwerk ist der Ton auch häufig so. Es ist ein reales Arbeitsumfeld“, erklärt Gomm.