„Kampflos geben wir das Werk nicht auf“

von Redaktion

700 Beschäftigte setzen sich für Erhalt des Dyneon-Werks in Gendorf ein – Sensenmann auf der Bühne

Burgkirchen – Anlässlich des Jahrestags der Bekanntmachung der Schließung des Dyneon-Werks im Chemiepark Gendorf haben sich kürzlich 700 Beschäftigte, Angehörige sowie Freunde vor dem Zentraltor des Werks versammelt. Am 20. Dezember 2022 hatte der Technologiekonzern 3M verkündet, die Produktion von Fluorpolymeren im Chemiepark zu schließen. Grund sei die zunehmende Diskussion um ein Verbot sogenannter Ewigkeitschemikalien – PFAS.

Sarg und Trauermusik
auf der Bühne

Auf der Kundgebung der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IGBCE) ging es laut her: Redner und Teilnehmer machten deutlich: „Kampflos geben wir den Standort nicht auf.“ Ein Sarg mit Dyneon-Aufschrift wurde auf die Bühne getragen. Dazu spielte eine Kapelle Trauermusik. So begann die Kundgebung, die stets mit lauten Pfiffen, Zwischenrufen und Beifall von der aufgeheizten Menge begleitet wurde. Dr. Peter Engel, Betriebsratsvorsitzender der Dyneon, machte in seiner Rede die Bedeutung von Fluorpolymeren klar: „Kein Toaster, kein Handy, kein Flugzeug – nichts funktioniert ohne Fluorkunststoffe!“ Umso dramatischer sei die Entscheidung für die ganze Gesellschaft, dieses chemische Vorprodukt nicht mehr herzustellen. Ganz zu schweigen von den Umweltstandards, die in Deutschland gelten und in anderen Teilen der Welt nicht so hoch sind, führte Engel weiter aus. Insofern belaste die Entscheidung von 3M, den Produktionsstandort in Deutschland zu schließen, die Umwelt noch mehr.

„Für 3M war die ethische Verantwortung des Einzelnen immer wichtig, davon scheint sich der Konzern um Vorstand Mike Roman verabschiedet zu haben“, monierte Engel.

Ein „Sensenmann“ im 3M-Kostüm betrat die Bühne. Sinnbildlich sollte er für das Verhalten des 3M-Chemiekonzerns stehen. Parallel erklärte Michael Schnabl, Betriebsratsvorsitzender des Chemiestandortbetreibers Infraserv, die Auswirkungen für Deutschland und Europa: „Es geht nicht nur um die Dyneon und die 700 Arbeitsplätze, am Tagesende hängt an der Verfügbarkeit von Fluorpolymeren die gesamte europäische Industrie.“ Die Spitzenpolitik müsse sich mehr einsetzen, nur sei dort die Systemrelevanz der deutschen Produktion von Fluorchemie noch nicht angekommen, so Schnabl. „Wenn es keine deutschen E-Autos mehr geben soll, keine Ausrüstung für die Bundeswehr oder unser Gesundheitssystem, dann seid’s auf einem guten Weg“, richtete Schnabl seinen Unmut in Richtung deutscher Spitzenpolitik und erntet dafür Applaus.

Viele Politiker erschienen vor Ort. Ihren Einsatz nahmen viele wahr. Allerdings brauche es mehr Einsatz vonseiten der Bundesregierung oder der Europäischen Kommission, um einen Konzern wie 3M zu bewegen, so der Tenor bei der Kundgebung. 3M um Vorstandschef Mike Roman nahm auch Jonas Lang, kommissarischer Bezirksleiter der IGBCE Altötting, in den Fokus.

Politik
wachrütteln

„Mike Roman verhält sich fast wie ein Betonkopf“, ätzte Lang und fügte in Richtung Management hinzu: „Brecht diesen Beton auf! Verhandelt mit Kaufinteressenten und sprecht mit uns über den Fortbestand des Standorts.“ Die IGBCE habe sich zum Ziel gesetzt, die Politik noch einmal wachzurütteln, sich Gedanken über die Bedeutung der deutschen Produktion von Fluorpolymeren zu machen. „Gute Nacht, wenn ich daran denke, dass in Zukunft USA, China und Indien darüber entscheiden, wie wir mit Fluorpolymeren versorgt werden. Nach der Gas-Abhängigkeit schlittern wir nun in die nächste Abhängigkeit“, so Jonas Lang bei der Kundgebung. DGB-Regionschef Günter Zellner, Regionschef des Deutschen Gewerkschaftsbundes, rundete die Ansprachen ab. Auch er sah den bayerischen Wirtschaftsminister und den Bundeswirtschaftsminister am Zug. re

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