Burghausen – Rhyme – das steht für „Renewable Hydrogen and Methanol“. Das Projekt, welches Mitte 2020 startete, sollte einen Weg aufzeigen, wie Methanol, einer der wichtigsten Rohstoffe der Wacker Chemie in Burghausen, auch ohne fossile Energieträger hergestellt werden kann: anhand von Wasserelektrolyse. „Ziel war es, ab 2027 erneuerbares Methanol auf Basis von grünem Wasserstoff und unvermeidbaren CO2-Emissionen herzustellen“, so ein Unternehmenssprecher.
Die Gründe für
das Rhyme-Aus
Weil für die Wasserelektrolyse aber ein hoher Strombedarf anfalle, und bei den hohen Stromkosten in Deutschland zu sehr hohen Betriebskosten führe, sei das Projekt ohne Förderung durch öffentliche Mittel nicht wirtschaftlich umsetzbar, so Wacker. Aus diesem Grund habe sich Wacker zweimal beim EU Innovation Fund beworben – doch vergebens: In der ersten Auswahlrunde konnte sich Rhyme zwar gegen mehr als 200 andere Vorhaben durchsetzen, doch in der Finalrunde konnte es sich trotz hervorragender Bewertung durch die Jury nicht qualifizieren. Das Investitionsvolumen hatte Wacker auf 100 Millionen Euro veranschlagt, die beantragte Förderung lag im zweistelligen Millionenbereich.
Zuletzt nahm das Wacker-Projekt außerdem an einem Vorverfahren zu den Klimaschutzverträgen der Bundesregierung teil. „Leider verschiebt sich dieses Instrument aber, sodass die – aus regulatorischen Gründen vor 2028 notwendige – Inbetriebnahme von Rhyme nicht mehr rechtzeitig möglich ist“, heißt es vom Unternehmen. All diese Gründe hätten zu der Entscheidung geführt, das Projekt vorerst nicht fortzuführen. Ein Zusammenhang mit dem Bürgerentscheid zum Windpark im Landkreis Altötting bestehe nicht. „Eine eventuelle Wiederaufnahme des Projekts hängt von den Rahmenbedingungen ab.
Diese müssen sich signifikant ändern – sei es durch einen niedrigen Strompreis oder durch den geplanten Anschluss von Burghausen an das europäische Wasserstoffnetz Anfang der 2030er-Jahre“, so ein Unternehmenssprecher.
Auch für die Stadt Burghausen und den Landkreis Altötting ist die Einstellung des Projektes enttäuschend. Bürgermeister Florian Schneider (SPD) bedauert die Entscheidung von Wacker sehr. „Das Projekt hätte sich gut mit unserem Wasserstoff-Reallabor ergänzt“, so Schneider. Er verstehe aber, dass so ein Projekt auch wirtschaftlich darstellbar sein müsse. „Schade für Burghausen, schade für die Region! Das Ende des Wacker-Projekts habe aber keinerlei Auswirkungen auf das Reallabor und den Bau des Technikums für den Campus Burghausen, wofür die Stadt 60 Millionen Euro Zuschüsse erhielt.
Laut Florian Schneider sei die Absage aber auch ein Ansporn: nämlich weiter für eine zukunftsfähige Energieversorgung politisch einzutreten. „Im Rahmen der nationalen Kraftwerksstrategie weisen wir darauf hin, das Chemiedreieck entsprechend zu berücksichtigen. Wir halten es für notwendig, dass ein Kraftwerk in Burghausen entsteht, um die Zukunftsfähigkeit des Standorts zu sichern und zu erhalten.“ Aktuell plant Schneider noch im März einen Energiegipfel zu organisieren. Es soll dabei um Windkraft, Solarstrom, 380kV-Stromleitungen und ein Wasserstoffkraftwerk gehen.
Das Unternehmen Wacker begrüße jede Idee, die Energieversorgungssicherheit des Chemiedreiecks zu verbessern – und die Versorgung mit Wasserstoff spiele dabei eine essenzielle Rolle. „Allerdings gehen wir aktuell davon aus, dass Wasserstoff (via Pipeline-Anschluss) in der für eine wirtschaftliche Kraftwerksnutzung benötigten Menge erst in der zweiten Hälfte der 2030er-Jahre in der Region zur Verfügung stehen wird“, so ein Unternehmenssprecher. „Bis dahin sehen unsere Pläne im Zuge der Transformation hin zur Klimaneutralität vor, unser eigenes, aktuell gasbetriebenes Kraftwerk so weit durch nachhaltige Alternativsysteme wie Wärmepumpen ersetzen zu können, dass seine Hauptfunktion – das Erzeugen von Prozessdampf – obsolet wird.“
Umrüstung hat
Kostenvorteile
So würden auch im Fall sogenannter Dunkelflauten ein Backup-Kraftwerk zur Verfügung stehen. Auch dieses Kraftwerk könne auf Wasserstoffbetrieb umgestellt werden. „Im Vergleich zu einem kompletten Neubau sehen wir in der Umrüstung einer bestehenden Anlage deutliche Kostenvorteile. Zudem blieben wertvolle Flächen für andere Maßnahmen erhalten“, so der Unternehmenssprecher. Wichtig für die Region sei vor allem „die sichere Versorgung mit Grünstrom.“ Neben der Erzeugung vor Ort müsse hierfür vor allem die Netzinfrastruktur durch den Ausbau von Stromtrassen erweitert werden.