Raubling – „Hier sagt uns keiner was“, sagt Martin P. und fasst damit die Gemütslage der Mitarbeiter der Raublinger Papier GmbH zusammen. Seit der Nachricht der geplanten Stilllegung am 12. April befindet sich Martin P. in einer Art Schwebezustand.
Seitdem laufen die Verhandlungen zwischen Geschäftsführung und Betriebsrat, um eine möglichst „verträgliche Lösung“ für die Angestellten zu finden. Doch nach mittlerweile rund zwei Monaten der Ungewissheit machen viele Gerüchte unter den Betroffenen die Runde.
1,8 Millionen Euro Abfindung?
Vier Verhandlungsrunden seien mittlerweile erfolglos vonstattengegangen. „Das Angebot der Arbeitgeberseite für die Mitarbeiter war wohl 1,8 Millionen Euro für die Abfindung aller Mitarbeiter“, berichtet Martin P. Ein völlig inakzeptabler Schnitt aus Sicht des Mitarbeiters, der seit sechs Jahren bei dem für Raubling so wichtigen Betrieb angestellt ist. Mittlerweile kommt er nur noch für Reinigungsarbeiten in die Fabrik. „Die Lager sind leer, die letzte Rolle ging am 8. Mai vom Band.“
Die Chance, dass es irgendwie weitergeht, ist dem Mitarbeiter zufolge nahezu bei null. Immerhin werde der Lohn noch pünktlich gezahlt. „Trotzdem macht sich eine gewisse Überlebensangst breit, weil keiner weiß, wie es weitergeht“, sagt Martin P.
Erste Mitarbeiter haben gekündigt
Demnach hätten die ersten Mitarbeiter bereits gekündigt, um sich selbst auf die Suche nach einem neuen Job zu machen. Zu unsicher seien die Verhandlungen, die nun vor der Einigungsstelle des Arbeitsgerichts landen, so Martin P.
„Eine Einigungsstelle findet nicht vor dem Arbeitsgericht statt“, korrigiert Geschäftsführer Andreas Sailer auf Nachfrage des OVB. Es handele sich lediglich um ein Mediationsverfahren unter dem Vorsitz eines Arbeitsrichters. Bezüglich der laufenden Verhandlungen betont Sailer, dass die Geschäftsführung das Angebot nochmals deutlich erhöht habe. „Dieses wurde jedoch nicht angenommen, wodurch der Schritt zur Einigungsstelle notwendig geworden ist“, erklärt Sailer. Dabei würden die Mitarbeiter allerdings nach jeder Verhandlungsrunde über den aktuellen Status informiert.
Dass einige Mitarbeiter bereits ihre Arbeitsverträge gekündigt haben, ist laut Sailer sogar ein gutes Zeichen. „Das zeigt, dass die Nachfrage nach unseren Mitarbeitern bei Firmen in der Umgebung weiterhin sehr hoch ist. Das sehen wir positiv.“ Grundsätzlich sei es weiterhin das Ziel, eine soziale Lösung im Rahmen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Raubling Papier GmbH zu finden.
Der nächste Schritt in Richtung einer möglichen Einigung könnte am 10. Juni gemacht werden. Dann soll der erste Termin vor der Einigungsstelle stattfinden, wie Betriebsrat Gerhard Hackl bestätigt. Er könne jedoch nicht behaupten, dass es aktuell allzu gut aussieht. Hackl kann es dementsprechend keinem Mitarbeiter verdenken, zu kündigen, wenn bereits eine andere Stelle gefunden wurde. Dass es bei dem Prozess nur wenige Informationen für die Angestellten gibt, stimmt laut Hackl nicht. „Bei mir gehen stündlich die Türen auf und zu“, meint der Betriebsrat, der mit zahlreichen Beratungen beschäftigt ist.
Betriebsrat hofft auf konstruktive Lösung
Lediglich zu den internen Verhandlungen kann er keine genaueren Angaben machen. Dementsprechend treffen weder Hackl noch Sailer eine Aussage zu den 1,8 Millionen Euro, die seitens der Geschäftsführung als Abfindung im Raum stehen sollen. „Wir hoffen jedoch weiterhin, eine konstruktive Lösung zu finden“, betont der Betriebsrat. Bis Ende Juni sollen die Verhandlungen im besten Fall beendet sein. Wie das Ergebnis dann aussieht, ist laut Hackl jedoch noch völlig offen.