Eine gefährliche Gemengelage

von Redaktion

Erster IHK-Wirtschaftsempfang im Kolbermoorer Kesselhaus – Thema „Achsenzeit“

Rosenheim/Kolbermoor – „Wir leben in einer Achsenzeit.“ Das war der erste Satz von Politikwissenschaftler Professor Stephan Bierling, mit dem er die Aufmerksamkeit von rund 200 Unternehmern beim ersten IHK-Wirtschaftsempfang im Kolbermoorer Kesselhaus auf sich zog. Der Leiter für internationale Politik und transatlantische Beziehungen an der Uni Regensburg erklärt die Achsenzeit als einen kurzen Abschnitt in der Historie, in dem zahlreiche Entwicklungen stattfinden, die Auswirkungen auf die kommenden Jahrzehnte haben werden. Der Auslöser für diese historisch bedeutsamen Entwicklungen: Der Machtkampf zwischen den USA und China oder wie Bierling es ausdrückt: „Der Platzhirsch gegen den Herausforderer, mit Europa mittendrin.“ 

China pirscht sich an Weltmacht heran

Denn während die Amerikaner nach wie vor die größte Wirtschaftsmacht der Welt sind, hat sich China laut dem Experten in den vergangenen Jahren immer näher „herangepirscht“. Das Bruttoinlandsprodukt ist mittlerweile so groß wie das der gesamten EU und in über einhundert Ländern ist China der größte Handelspartner. Aber warum ist dieser Machtkampf für die europäischen Regionen und somit auch für Rosenheim relevant? Um diese Frage zu beantworten, macht Bierling deutlich, dass China sich nicht einfach so zur Weltwirtschaftsmacht aufschwingen wird. „Staatspräsident Xi Jinping hat viele Fehler gemacht“, meint er. Anstatt die Nachbarländer zu integrieren, haben diese laut Bierling Angst vor einer chinesischen Übernahme. Zudem schadete der knallharte Corona-Lockdown der Wirtschaft enorm und die kommunistische Diktatur erlaube keinen Raum zur freien Entfaltung. „Gepaart mit Deflation und demografischen Problemen hat China enorm viele Baustellen und braucht daher Verbündete“, sagt der Politikwissenschaftler. Und genau hier kommt Europa ins Spiel. „China rollt den Teppich für uns aus”, sagt Bierling. Doch was zunächst so privilegiert klingt, könnte für die westlichen Länder zu einem großen Problem werden. Denn wer mit China kooperiert, muss mit den Konsequenzen leben. „Wer nicht sofort begeistert ist, der wird von diesem Teppich überrollt“, bestätigt Professor Klaus Josef Lutz, Präsident der IHK München und Oberbayern, der den Empfang im Kesselhaus mit dem Rosenheimer Landrat Otto Lederer und Andreas Bensegger, Vorsitzender des IHK-Regionalausschusses Rosenheim, eröffnete. Demnach erlebte Lutz bei den Treffen zwischen großen Dax-Konzernen mit chinesischen Handelspartnern, wie stark das Konfliktpotenzial sein kann. Vor allem, wenn man mit dem Angebot aus China nicht direkt einverstanden ist oder gar mit den USA sympathisiert. „Da steigt dann plötzlich der Druck und die Unternehmer stehen vor einer nahezu unmöglichen Wahl – China oder USA“, beschreibt Lutz.

Und genau diese Wahl könnte es für jeden Firmenchef auch in der Region Rosenheim schwierig machen, vor allem wenn der Machtkampf zu eskalieren droht. „China ist jetzt auf seinem Peak und Xi Jinping voller Panik, die Kontrolle zu verlieren. Das macht es brandgefährlich“, meint Bierling, der die Aussage mit einem Beispiel unterstrich. „Würde China den Konflikt mit den Nachbarländern eskalieren lassen und beispielsweise Taiwan angreifen, hätte das unvorstellbare Konsequenzen.“

„Dann gehen hier
die Lichter aus“

Denn einer der größten Produzenten für Mikrochips ist auch für Deutschland enorm wichtig. Dementsprechend waren sich die beiden Professoren Bierling und Lutz einig. „Wenn wir uns entscheiden müssten und Taiwan nach einer Übernahme als Handelspartner wegfallen würde, gehen hier die Lichter aus.“ 

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