„Wir arbeiten weniger als je zuvor“

von Redaktion

Wenige Aufträge, viele Vorgaben und ein unsicherer Markt: Laut den Unternehmen aus der Metall- und Elektroindustrie sieht es für die Betriebe in der Region nicht gut aus. Das liege unter anderem an bürokratischen Hindernissen, aber auch an der Arbeitsmentalität.

Rosenheim/Rott/Prutting – Rund 185 Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie haben ein klares Zeichen gesetzt: In einer Umfrage der bayerischen Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektroindustrie (Bayme VBM) bewerteten nur rund sieben Prozent von ihnen die aktuelle Geschäftslage in der Region als gut. „Zum Vergleich: Das waren im Sommer 2023 noch 44,8 Prozent“, sagt Frank Eberle, Vorstandsmitglied der Bayme-Region Südost-Bayern und Geschäftsführer der Alpenland Maschinenbau GmbH aus Rott. Doch bei knapp jedem dritten Unternehmen fällt die Bilanz mittlerweile negativ aus.

Die Prognosen
sind düster

Dementsprechend düster sind auch die Prognosen, was die Produktion betrifft. Laut der Umfrage rechnen knapp die Hälfte der 185 Betriebe mit einem Rückgang. „Wir merken das bei unseren rund 400 Kunden extrem“, bestätigt Andreas Bürger, Geschäftsführer der BBW Lasertechnik GmbH aus Prutting. Statt sich wie noch in den Corona-Jahren vor Anfragen kaum retten zu können, heißt es laut Bürger bei dem Unternehmen nun vielmehr: „Dürfen wir für euch produzieren?“

Den Grund für diesen Einbruch sehen Irene Wagner, Geschäftsführende Gesellschafterin der PSM Protech GmbH aus Marktschellenberg, und Thomas J. Halletz, Managing Director der Kiefel GmbH aus Freilassing, vor allem in der Bürokratie. „Das unaussprechliche Wort Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz macht uns sozusagen zum Polizisten der Gesellschaft“, meint der Maschinenbauspezialist Halletz. So müsse er beispielsweise auch bei Unternehmen, die seine Firma in den USA beliefert, darauf achten, inwieweit dort die Arbeitszeiten eingehalten werden. Für einen Lieferanten nahezu ein Ding der Unmöglichkeit.

Auch die Umweltvorschriften seien mittlerweile zu sperrig, um den gewünschten Effekt zu erzielen, erklärt Halletz. „Ich verstehe zwar den guten Willen dahinter, aber wenn ich nur noch damit beschäftigt bin, diese Vorschriften zu überblicken, hemmt das meine Produktion enorm”, meint er.

„Es ist aber auch ein gesellschaftliches Problem“, fügt Irene Wagner hinzu, deren Firma mit rund 150 Mitarbeitern unter anderem Teile für große Automobilhersteller produziert. Mehr Freizeitausgleich oder Teilzeitarbeit seien mittlerweile beliebter als die Honorierung von Überstunden. „Dabei arbeiten wir heutzutage sowieso weniger als je zuvor“, meint die Unternehmerin. Bei PSM Protech wurde – auf Druck der Mitarbeiter – von einer 40 auf eine 37,5-Stunden-Woche reduziert. Doch das löst die Probleme für den Produzenten von Spezialteilen nicht. „Bei unseren Kunden herrscht eine enorme Zurückhaltung. Wurden früher Stückzahlen in Millionenhöhe bestellt, sind es jetzt vielleicht noch 200000“, sagt Wagner mit Blick auf die Abnehmer der Autoteile.

Die Folge: Sowohl Irene Wagner als auch Thomas J. Halletz stellen in ihren Unternehmen aktuell keine neuen Mitarbeiter mehr ein. „Auch ungelernte Kräfte oder diejenigen, die in Rente gehen, werden aktuell nicht mehr nachbesetzt“, heißt es vonseiten der beiden Geschäftsführer.

Die Zahlen der Umfrage spiegeln dies wider. „Von den aktuell 260000 Mitarbeitern in Oberbayern gehen wir von einem Rückgang von rund 2000 Arbeitern aus“, meint Eberle, der für seinen Betrieb allerdings weiterhin Fachpersonal sucht.

Einziger Lichtblick kommt aus der IT

Der einzige Lichtblick der Umfrage scheint aus der IT zu kommen. „Wir haben ein Wachstum von rund zehn Prozent“, bestätigt Andreas Bublak, Vorstand der COC AG aus Burghausen. Gerade durch das Thema künstliche Intelligenz und IT-Sicherheit sei die Nachfrage nach IT-Dienstleistern enorm gestiegen. „Doch auch hier fehlt es uns an Fachkräften“, sagt Bublak.

Bei der Suche nach einer Lösung sind sich die Arbeitgeber einig, dass es wenig hilft, die Arbeitszeiten weiter zu verkürzen. Vielmehr müsste es Modelle geben, bei denen sich mehr Arbeit wieder lohnt und keine bürokratischen Hindernisse im Weg stehen. „Und das ist nicht nur die Aufgabe von uns, sondern auch der Politik“, meint Eberle.

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