Tuntenhausen – Geschäftsaufgaben infolge fehlender Nachfolge und damit verbundene Leerstände von Ladenlokalen gehören mittlerweile zum alltäglichen Bild in Städten und Dörfern in der Region. Was Eltern oder Großeltern ein Leben lang aufgebaut haben, wird oftmals nicht mehr weitergeführt. Insbesondere die Metzger-Branche tut sich schwer, Nachfolger zu finden.
Das genaue Gegenteil dieser Entwicklung ist in der Metzgerei Gigglinger im Tuntenhausener Ortsteil Schmidhausen zu finden. Schon der aktuelle Metzgerei-Besitzer Andreas Gigglinger trat in die Fußstapfen seines Vaters Josef und machte sich zusammen mit Ehefrau Petra 1997 im Gemeindebereich Raubling selbstständig. Ein Jahr zuvor hatte er seine Meisterprüfung abgelegt. Vor 15 Jahren eröffnete er dann einen modernen Betrieb in Schmidhausen.
In den Betrieb hineingewachsen
Vor dem Hintergrund der Schwierigkeiten in der Branche war es für Petra und Andreas Gigglinger längst nicht selbstverständlich, dass gleich zwei ihrer Söhne nicht nur das traditionelle Metzgerhandwerk erlernen wollten, sondern im Anschluss an die Ausbildung auch noch die Meisterprüfung ablegten. Johannes und Andreas haben in der Ausbildung verschiedene Wege genommen. Während Andreas seine Lehre in einer Metzgerei in Bad Feilnbach machte, blieb Johannes im elterlichen Betrieb.
„Ich wusste, wie es zu Hause ist und wollte sehen, wie es woanders zugeht“, erklärt Andreas Gigglinger junior seine Beweggründe. Johannes hingegen begann seine Ausbildung während der Corona-Pandemie. Für ihn war es allein schon deshalb schwer, einen anderen Ausbildungsbetrieb zu finden. „Wie viele andere Handwerksbetriebe wussten auch die Metzgereien nicht, wie es weitergeht und zögerten, Ausbildungsverträge anzuschließen“, erinnert sich sein Vater.
Beide Buben wuchsen von Kindesbeinen an in den Betrieb hinein. Für beide war schnell klar, dass sie den gleichen Beruf wie der Vater erlernen wollen, und auch später, als beide verstanden, dass mit der Selbstständigkeit viel Arbeit und Verantwortung verbunden ist, blieben sie bei ihrem Entschluss, Metzger zu werden.
Eigene Ideen in den Betrieb einbringen
„Es war nicht immer leicht, den Vater als Chef zu haben“, blickt Johannes Gigglinger auf die Jahre der Ausbildung zurück. Vater Andreas gibt zu: „Man nimmt sich die eigenen Kinder doch besser zur Brust, sie sollen ja Vorbilder sein.“
Die beiden jungen Metzgermeister haben unterschiedliche Vorlieben bei der Arbeit. Während Johannes Gigglinger das „Wursten“ am meisten Freude macht, schlachtet und zerlegt Andreas lieber. In einem sind sich die Brüder allerdings einig: „Die Verkaufstheke überlassen wir den Fachverkäuferinnen, das ist nicht so unsere Welt.“
Eigene Ideen einbringen, die dann auch mit Unterstützung des Vaters umgesetzt werden, das liegt ihnen mehr. Hier ist es von Vorteil, dass beide in der eigenen Metzgerei arbeiten. „Versucht wird alles. Was erfolgreich ist, wird weitergeführt. Produkte, die von den Kunden nicht angenommen werden, kommen wieder aus dem Sortiment“, erklärt die Familie den Ablauf.
Der Betrieb bietet beste Voraussetzungen für die Kreativität der jungen Meister, denn alle Fleisch- und Wurstwaren werden selbst gemacht. Selbst Rohwürste werden vor Ort hergestellt. Sie ruhen in klimatisierten Reiferäumen, bis sie verkaufsfähig sind.
Wichtig ist den beiden Brüdern, dass die Schlachttiere aus der Umgebung kommen und mit eigenen Fahrzeugen transportiert werden, damit eine stressfreie Schlachtung gewährleistet ist. „Tierwohl steht bei uns an erster Stelle, das wirkt sich auch auf die Qualität aus“, wissen die Brüder.
Absprachen über zwei Generationen hinweg
Im Gegensatz zu Großbetrieben, die ganzjährig das volle Sortiment vorhalten, setzt die Familie Gigglinger auf saisonale Produkte. „Es macht keinen Sinn, im Winter Grillfleisch in allen Varianten anzubieten oder im Sommer Leber- und Blutwürste. Die Ware kann dann nicht immer frisch sein“, betonen die jungen Meister.
Auch wenn für die Eltern Petra und Andreas der Ruhestand noch in weiter Ferne liegt, so werden die Weichen für die Zukunft in der Familie schon jetzt gestellt. Der dritte Sohn Florian hat ebenfalls eine Metzger-Lehre absolviert, ob er ebenfalls den Meister macht, ist noch unklar. In der nächsten Zeit soll aber die Gesellschaftsform des Betriebs geändert werden. Bereits jetzt sprechen sich beide Generationen auch ab, wenn es um Investitionen, die Ausrichtung von Festen oder erfolgreiche Sparten der Metzgerei geht.
„Wir trauen unseren Buben jederzeit zu, die Metzgerei zu führen. Das ist für uns ein Ansporn, Fortschritt mit neuen Ideen zuzulassen, sagt Vater Andreas. Was er seinen Söhnen auf ihrem Weg mitgeben möchte: „Metzger sein ist kein Beruf, sondern eine Berufung.“