Fleischerzeuger kämpfen um die Existenz

von Redaktion

Immer neue Auflagen machen insbesondere den Rindermästern in der Region das Leben schwer. Ein Stallbau ist kaum mehr zu finanzieren – und die Tierwohl-vorgaben steigen weiter.

Mettenheim – Bei der Tierhaltung in der Landwirtschaft ist die Preissituation aktuell wieder gut, bei der Schweinehaltung herrscht Ruhe. Doch den Rinderhaltern machen es Auflagen und zu niedrige Deckungsbeiträge schwer, politisch und gesellschaftlich gewünschte neue Tierwohl-Ställe zu bauen. Außerdem müssen Ferkelerzeuger, Schweinemäster und Rinderhalter damit rechnen, dass der Fleischkonsum weiter sinkt, während die Anforderungen an sie weiter steigen. Das waren die wichtigsten Erkenntnisse, die der Fleischerzeugerring Mühldorf-Traunstein (FER) bei seiner Mitgliederversammlung in Mettenheim kürzlich den Teilnehmern vermittelte.

Viehhaltung wichtiger
Wirtschaftsfaktor

Die Organisation hat 290 Mitglieder in den Landkreisen Altötting, Berchtesgadener Land, Ebersberg, Erding, Mühldorf, München, Rosenheim und Traunstein. Der Mühldorfer Landrat Max Heimerl bezeichnete die 1900 Landwirte in seinem Landkreis, unter ihnen 1200 Viehhalter, in seinem Grußwort als „bedeutenden Wirtschaftsfaktor“.

Der Vorsitzende des FER, Gerhard Langreiter, ein Ferkelerzeuger aus Oberneukirchen, berichtete von immer neuen Auflagen, die momentan insbesondere den Rindermästern das Leben schwer machten. Viele Betriebe würden daher die Anzahl ihrer Tiere verringern oder ganz aufhören. „Die Politik soll doch bitte erst mit Praktikern reden, bevor sie etwas neu regelt“, sagte Langreiter.

Der für die Rinderhaltung zuständige und dem Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Töging zugeordnete Fachberater Martin Mayr berichtete, dass das Jahr 2022/2023 ein gutes Jahr gewesen sei. Dennoch hätten mit Deckungsbeiträgen von rund 1,20 Euro pro Tier und Tag nur abgeschriebene Betriebe ihre Arbeitskosten erwirtschaften können. Für Investitionen habe das nicht gereicht. Für 2023/2024 sei eine weitere Verringerung der Deckungsbeiträge zu erwarten. Pro Tier und Tag wären für einen Stall-Neubau aber schon rund 1,64 Euro nötig. Viele Landwirte denken laut Mayr optimistisch, dass sich ein Stall-Neubau über die Abschreibungsdauer von 25 bis 30 Jahren schon rentieren werde und die Zukunft des Betriebs beim anstehenden Generationswechsel sichere. Doch es gibt viele Unwägbarkeiten. „Wegen der Vorgaben des Handels kann man niemandem mehr guten Gewissens einen Spaltenboden mit elastischen Liegeauflagen empfehlen, die derzeit bei Neubauten noch zulässig sind“, stellte der Fachberater beispielsweise klar. „Zu empfehlen ist nur noch die Tierhaltung auf Stroh.“

Haltungsstufen 3 und
4 spielen kaum Rolle

Mayr zeigte anhand von Fotos, dass man Baukosten sparen kann, wenn man „mehrhäusig“ baut, nicht alles überdacht und einfachere Holzkonstruktionen von lokalen Zimmerern verwendet statt einem Gerippe aus riesigen Leimbindern von überregionalen Hallenbau-Spezialisten.

Michael Bachl, Fachberater Schwein am AELF Töging, zeigte den Teilnehmern, wie leistungsfähig die Betriebe des FER sind und wie gut sie das eingesetzte Futter verwerten. „Die Futterverwertung ist nicht nur eine Frage der Effizienz“, sagte er. „Es ist auch wichtig, der Politik zu zeigen, dass wir unsere Einsätze verringern, weil damit auch die Emissionen sinken.“

Bachl ging auf eine neue Auswertungsmöglichkeit der Beratungsorganisation LKV Bayern ein, Dachorganisation aller Fleischerzeugerringe. Sie teilt die Fleischerzeuger neuerdings nach den Haltungsstufen 1 bis 4 der Initiative Tierwohl (ITW) ein. Demnach entfallen in ganz Bayern auf die Haltungsstufe 1, die die gesetzlichen Anforderungen erfüllt, 55,6 Prozent der Tiere und 64,9 Prozent der Betriebe. In die Haltungsstufe 2, die mehr Platz für die Tiere fordert und derzeit die Prospekte der großen Supermarktketten dominiert, fielen aber schon 41,6 Prozent der Tiere und 32,2 Prozent der Betriebe. „Es sind eher größere Betriebe auf diese Stufen gegangen, indem sie die Zahl ihrer Tiere verringert haben“, sagte Bachl.

Im Vergleich dazu hat die höhere Haltungsstufe 3 (mit Außenklimakontakt) mit jeweils 2,5 Prozent einen geringen Anteil. Die Stufe 4 (Bio) ist sogar nur mit 0,3 beziehungsweise 0,4 Prozent vertreten. Im Bereich des FER spielt die Haltungsstufe 2 noch keine große Rolle, die Stufe 3 ist unbedeutend, die Stufe 4 grafisch noch gar nicht darstellbar.

„Mit einer höheren Haltungsform erzielt man auch höhere Erlöse, aber dafür haben die Betriebe Platz eingebüßt. Das kommt dann wohl fast auf dasselbe heraus“, bilanzierte der Fachberater. Er kündigte zum Schluss noch neue Anforderungen der Initiative Tierwohl an, die 2025 Elemente der kommenden Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung aufgreifen sollen.

Die Hoffnung der Landwirte, es möge mit neuen Anforderungen endlich einmal ein Ende haben, konnte Hauptredner Dr. Kay-Uwe Götz, scheidender Leiter des Instituts für Tierzucht der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) in Grub, nicht stärken. Auf die rhetorische Frage seines Vortrags, der „Landwirtschaft ohne Tiere?“ hieß, gab er gleich eine Antwort: „Wir werden auch in 20 Jahren noch Nutztiere haben, es wird aber ein 20-jähriger Abwehrkampf werden.“

Tierhaltung kann
Biodiversität fördern

Anschließend rückte er Angaben zum Ausstoß an Treibhausgasen aus der Landwirtschaft zurecht und kam auf das CO2-Speicherpotenzial von Grünland zu sprechen. „Gülle und Festmist sind besser für das Bodenleben als mineralischer Dünger“, erklärte Götz. „Richtig gemachte Tierhaltung kann daher die Biodiversität fördern.“ Provokativ erklärte der Wissenschaftler, der Renner der letzten Jahre sei Hühnerfleisch gewesen, also Fleisch von Tieren, die nur einen Monat alt würden und typischerweise mit 40000 Artgenossen zusammen gehalten würden. „Weil aber der Umgang mit Heimtieren auch den Umgang der Bevölkerung mit Nutztieren prägt, müssen Sie sich darauf gefasst machen, dass sich der Trend zur Erhöhung der Anforderungen weiter fortsetzen wird“, sagte Götz.

„Die gesellschaftliche Akzeptanz tierischer Erzeugnisse wird weiter sinken. Ersatzprodukte haben zwar noch keine große Bedeutung, weil sie teuer sind, aber hier besteht großes Potenzial für Preissenkungen.“ Große Molkereien und Fleischverarbeiter hätten Strategien für Ersatzprodukte entwickelt. Weil der Fleischkonsum ohnehin sinke, werde das ein weiteres Problem für die Milcherzeuger. Eine gute Nachricht sei nur, dass 85 Prozent der Käufer weiter Milchprodukte wie Käse konsumierten.

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