Backwaren aus heimischen Bäckereien getestet

von Redaktion

Brotprüfung in Rosenheim – Was ein gutes Brot ausmacht – Klage über Nachwuchsmangel

Rosenheim – Über 80 Brote in verschiedensten Formen und Farben aus mehreren Bäckereien liegen dieses Jahr vor Brotprüfer Manfred Stiefel auf dem Tisch. Stiefel kommt vom Deutschen Brotinstitut und führt im Süden Deutschlands Brotprüfungen durch. So auch an diesem Nachmittag in der meine Volksbank Raiffeisenbank in Rosenheim. „Eine Brotprüfung ist eine freiwillige Selbstkontrolle der Bäcker“, erklärt Stiefel. Bäckereien aus Stadt und Landkreis Rosenheim können sich einmal im Jahr dafür anmelden und ihre Brote bewerten lassen.

Form, Kruste und
Geschmack wichtig

Es gibt verschiedene Kriterien, die Teil der Qualitätsprüfung sind. Dazu zählen bei der äußeren Betrachtung die Form, die Kruste und die Krume, also das Innere des Brotes, erklärt Stiefel. Dann geht es ans Eingemachte. Der Brotprüfer schneidet das Brot auf und beurteilt die Konsistenz. „Wie lässt sich das Brot schneiden? Lässt es sich gut bestreichen? Das ist ganz wichtig“, erklärt der Bäckermeister.

Entscheidend sei neben dem Geruch des Brotes vor allem aber der Geschmack: „Wenn das Brot wunderschön aussieht, aber der Geschmack nicht passt, ist es nicht so gut.“ Es gehe allerdings nicht darum, die Brote in eine Rangliste einzuordnen oder Rosenheims bestes und schlechtestes Brot zu erkennen. „Hier wird wirklich jedes Brot für sich bewertet“, betont Stiefel. Sehr gute oder gute Brote können mit einer Urkunde ausgezeichnet werden.

Aber auch der erfahrene Brotspezialist hat einen Favoriten. Stiefel ist gebürtiger Berliner. „Der Geschmack des Berliner Landbrots, das ist ein dunkles Brot mit kräftigem Sauerteig, hat sich sehr in meinem Kopf verankert“, erzählt Stiefel. Generell sei es aber so, dass er jedes Brot möge, da gebe es auch keine Ausnahme. Entscheidend ist für ihn vor allem, zu welcher Gelegenheit das Brot gegessen wird. „Zu italienischer Antipasti passt einfach ein Baguette am besten“, so Stiefel.

Aber was macht ein wirklich gutes Brot aus? „Es kommt eigentlich immer darauf an, was man für ein Brot hat“, erklärt der Brotprüfer. Einerseits sei eine gut ausgeprägte Kruste sehr wichtig. „Die Kruste ist der Geschmacksträger.“ Andererseits sei auch wichtig, dass das Brot gut gebacken wird. Was alle Brote aber gemeinsam hätten, sei die Zeit der Herstellung: „Alle Brote brauchen eine vernünftige, lange Teigführung“, betont Stiefel.

Hubert Steffl, Ehrenobermeister der Bäcker-Innung Rosenheim, ist der gleichen Meinung. „Ein wirklich gutes Brot braucht mindestens 24 Stunden“, erklärt er. Bei einem Roggenbrot dauere es teilweise über 48 Stunden, bis sich das Aroma entwickle und der Roggen backfähig werde. „Gut Ding will Weile haben“, betont Steffl. Es brauche eine lange Teigführung, am besten über Nacht im kühlen Bereich. „Nur so kann das Ganze reifen“, so der Ehrenobermeister.

„Tote Hose“ im
Lehrlingsbereich

Die Bäckerbranche kämpft wie viele andere Handwerksberufe mit Problemen. So fehle es deutlich an Nachwuchs. „Im Lehrlingsbereich ist total tote Hose, selbst im Verkauf“, erklärt der ehemalige Obermeister der Innung. In seinem eigenen Betrieb habe er die Arbeit bereits in zwei Schichten geteilt, um den Angestellten entgegenzukommen. So gebe es mittlerweile eine feste Tag- und Nachtschicht. Trotzdem bestehe das Problem weiterhin. „Junge Leute haben einfach oft eine andere Lebenseinstellung. Sie wollen vor allem eine Work-Life-Balance.“ Das sei mit dem Bäckerberuf aber schwer vereinbar. „Wir müssen jeden Tag unsere Produkte fertig haben. Die Ware muss pünktlich zur Verfügung stehen“, betont Steffl.

Auch Brotprüfer Manfred Stiefel weiß vom Problem mit dem Nachwuchs. Dabei sei das Bäckerhandwerk ein toller Beruf. „Man schafft jeden Tag etwas, man verkauft es und sieht wie die Kunden mit einem Lächeln aus dem Laden gehen.“ Aber auch die steigenden Preise, beispielsweise die Energiekosten, seien für viele Bäckereien ein Problem, so Stiefel.

Trotzdem hat er an diesem Nachmittag viele verschiedene Brote vor sich auf dem Tisch liegen, die er nach bestem Wissen und Gewissen einzeln prüft. Denn was ein besonders gutes Brot ausmacht, weiß er aufgrund seiner langjährigen Erfahrung ganz genau. Magdalena Aberle

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