Alpenhain will sich „enkelfähig machen“

von Redaktion

Der Käse-Hersteller in Pfaffing ist international bekannt und mit rund 450 Mitarbeitern einer der größten Arbeitgeber der Region. Wie sich das Unternehmen von der kleinen Dorf-Käserei zum Großkonzern gemausert hat, wie die Strategie für die kommenden Jahre aussieht – und welches zweite Standbein gerade ausgearbeitet wird.

Robert Winkelmann ist Geschäftsführer bei Alpenhain.

Lehen/Pfaffing – Ein Unternehmen, das beinahe so groß ist, wie der gesamte Ort: Alpenhain. Das Familienunternehmen hat sich vor knapp 120 Jahren – damals noch eine kleine Dorfkäserei – in Lehen, einem Ortsteil von Pfaffing, angesiedelt. Heute arbeiten dort rund 450 Mitarbeiter, davon 13 Azubis. Erst 2020 hat der Betrieb erweitert und rund 45 Millionen Euro in die neue Käserei investiert.

Seitdem ist viel geschehen: Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg, steigende Energiepreise und Inflation. All das ist auch an Alpenhain nicht spurlos vorbeigegangen, obwohl Geschäftsführer Robert Winkelmann meint: „Wir stehen immer noch gut da“. Das Unternehmen habe während des Ukraine-Konflikts schon reagiert und angefangen, Prozesse und Abläufe zu optimieren. So sollten vor allem die Energiekosten gesenkt werden, denn die Firma habe einen hohen Bedarf. „Wir haben sozusagen zwei Betriebe an einem Standort: die Käserei mit Reifekeller und die Weiterverarbeitung, den sogenannten Veredelungsschritt der Produkte“, erklärt er.

Hoher Energiebedarf

als Herausforderung

Stündlich würden 20000 Liter Milch verarbeitet und bis zu 300 Tonnen Käse pro Woche hergestellt, so der Geschäftsführer. „Deswegen ist der Energiebedarf so hoch“, verdeutlicht er. Eine genaue Zahl will Winkelmann nicht verraten. „Es ist viel“, sagt er lachend. „Wir haben ausgerechnet, ob wir unseren Strombedarf durch Photovoltaik-Anlagen selbst erzeugen könnten. Wenn wir alle Flächen, die uns zur Verfügung stehen, damit ausstatten würden, könnten wir trotzdem nur einen kleinen Bruchteil von dem produzieren, was wir täglich benötigen“, sagt er. Dennoch bezieht die Firma laut dem Geschäftsführer zu 100 Prozent Ökostrom, „auch wenn er teurer ist. So wollen wir unseren Beitrag zum Umweltschutz leisten.“

Weiter sei das Unternehmen dabei, Prozesse zu optimieren. „Die steigenden Kosten – Milch- und Fettpreis, Energie, Verpackung, Material – belasten uns sehr, und damit auch den Endverbraucher“, erklärt Winkelmann. „In Gesprächen mit den Mitarbeitern versuchen wir herauszufinden, wie wir effizienter arbeiten können. Wer wäre als Ansprechpartner besser geeignet, als die Menschen, die tagtäglich mit diesen Maschinen arbeiten“, weiß der Geschäftsführer. So sei der Betrieb unter anderem dabei, die Steuerung der Milchströme und die Aufbereitung zu optimieren.

Ziel: An der
Verpackung sparen

Außerdem arbeite die Firma daran, die Verpackung zu verbessern. Ein Aspekt: die Stärke des Materials zu reduzieren. Ein weiterer: Teile der Verpackung zu entfernen. Dieser Schritt würde gerade beim Grillkäse ausgeführt. „Die Pappschachtel kommt weg und das Etikett direkt auf die darunterliegende Plastikumhüllung. So können wir das Material einsparen, ohne dass das Produkt selbst an Qualität verliert“, erklärt Winkelmann die Strategie dahinter. Auch der beliebte „Obazda“ von Alpenhain – die Cashcow der Firma zusammen mit dem Back-Camembert – sei 2022 auf einen besser recyclingfähigen Becher umgestellt worden, so Carolin Handel, Senior-Managerin in der Unternehmenskommunikation bei Alpenhain. Er bestehe nur noch aus einer Verpackung und beinhalte kein Verbundmaterial mehr.

Auf diese Weise gibt es einige Stellschrauben, an denen das Unternehmen drehen kann, um Kosten einzusparen – ohne dass sich dies auf die Produkte auswirkt, „denn Qualität ist unser oberstes Gut“, betont Winkelmann. Nicht umsonst würde das Gütesiegel „Made in Germany“, beziehungsweise „Made in Bavaria“ überall auf der Welt anerkannt.

Ein klares Bekenntnis
zum Standort

Mit diesem Konzept will Alpenhain „die Weichen stellen und sich zukunftsfähig aufstellen. Wir wollen uns enkelfähig machen“, verdeutlicht er. Dazu gehöre auch ein klares Bekenntnis zum Standort in Lehen bei Pfaffing. Nicht ohne Grund habe Alpenhain erst 2020 große Investitionen getätigt. Demnächst werde ein neuer Betriebsraum eingerichtet, „allerdings auf dem bestehenden Gelände“, sagt der Geschäftsführer. Eine erneute Erweiterung sei nicht geplant.

Ein weiterer großer Aspekt für das Unternehmen: die Mitarbeiter. „Wir haben, wie alle anderen auch, mit dem Thema Fachkräftemangel zu kämpfen“, sagt er. Deswegen sei es wichtig, sich als „guter Arbeitgeber“ in der Region zu etablieren, was laut dem Geschäftsführer und der Senior-Managerin gut funktioniert. „Wir wollen, dass unser Personal mit Freude in die Arbeit kommt und fördern einen wertschätzenden Umgang untereinander.“

Wöchentlich würden auf freiwilliger Basis Mitarbeiterumfragen durchgeführt werden, um verschiedene Themen und Kritik zusammenzutragen, zu besprechen und, wenn möglich, zu verbessern. Alpenhain biete Schulungen für Führungskräfte und zahlreiche Teilzeitmodelle an, zählt der Geschäftsführer auf. Zulagen und Zuschläge, die es für den Schichtdienst gebe, seien bei Alpenhain höher, als es der Tarifvertrag vorgebe. „Wir sind sehr nah dran am Tarif, finden es aber besser, den einzelnen Mitarbeitern individuelle Lösungen anbieten zu können“, erklärt Winkelmann. Das Unternehmen agiere als Familienbetrieb und biete ein kollegiales Arbeitsumfeld. Das funktioniere „sehr gut“. „Nicht umsonst haben wir viele Mitarbeiter, die oft Jahrzehnte für uns arbeiten“, betont er.

Jahrzehntelang arbeite Alpenhain auch schon mit den umliegenden Landwirtschaftsbetrieben zusammen, rund 220 Bauernhöfe aus der Region würden täglich frische Milch anliefern. „Wir haben jüngst eine neue Stelle geschaffen und einen Experten eingestellt, der die Milchbauern vor Ort berät, um bei den künftigen Herausforderungen wie Tierwohl und Nachhaltigkeit zu unterstützen“, sagt der Geschäftsführer. Auch die Thematik rund um die Anbindehaltung, die wohl in den kommenden zehn Jahren auslaufen wird, betrifft die Firma. „Immerhin stammen noch knapp 20 Prozent unseres Milchaufkommens von Höfen, die noch Anbindehaltung haben. Deshalb arbeiten wir an einer Strategie, um Lösungen für einen möglichen Milchmangel zu entwickeln.“

Pilotprojekt:
Obazda für Italien

Ein weiteres Pilotprojekt, das die Firma derzeit betreibe, sei die Auslieferung des „Obazda“ nach Norditalien. Die Supermarkt-Kette „Interspar“ habe sich bei der Anfrage von Alpenhain „begeistert gezeigt“. Dort gibt es seit kurzer Zeit den beliebten Aufstrich in Italien – zum allerersten Mal, denn bisher war der „Obazda“ nur in Deutschland zu bekommen. Der Geschäftsführer sieht „sehr viel Potenzial“ im Export der Produkte. „Alpenhain ist in vielen Ländern vertreten: Australien, China, Japan – und in Europa sowieso“, sagt er. Auch an Fast-Food-Ketten liefert das Unternehmen.

Für die Vielfalt an Produkten ist bei Alpenhain eine Entwicklungs-Abteilung zuständig, die sich mit Geschmack und Inhaltsstoffen auseinandersetzt. Auch die Chef-Etage und die Abteilungsleiter dürfen bei neuen Schöpfungen probieren. Der Betrieb ist zudem gerade dabei, ein weiteres Standbein aufzustellen. Was genau, will der Geschäftsführer noch nicht verraten, nur so viel: „Es hat etwas mit Käse zu tun.“

Nächstes Jahr feiert Alpenhain 120-jähriges Bestehen, allerdings „nur in kleinem Rahmen“. Erst zum 125-jährigen Jubiläum gebe es eine große Feier. Es wird gleichzeitig auch ein Meilenstein für den Geschäftsführer, der dann in den Ruhestand gehen wird.

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