Krisenstimmung bei Autozulieferern

von Redaktion

Die enttäuschenden Absatzzahlen in der Automobilbranche ziehen in der Regel auch die Zulieferbetriebe in die Krise. Sind auch regionale Unternehmen von der wirtschaftlichen Schieflage betroffen? Das OVB hat nachgefragt – und ist auf eine Mauer des Schweigens gestoßen.

Kolbermoor/Bruckmühl – Werksschließungen, Stellenabbau, Gehaltskürzungen: Die Automobilbranche ist ohne Zweifel seit Monaten in einer tiefen Krise, nachdem die Absatzzahlen der deutschen Autobauer dramatisch eingebrochen sind. Doch wenn weniger Autos verkauft und dadurch weniger produziert werden, werden selbstverständlich auch weniger Komponenten für die Produktion der Fahrzeuge benötigt. Was wiederum für die Autozulieferbetriebe drastische Folgen hat. Und davon gibt‘s im Raum Rosenheim – beispielsweise im Mangfalltal – einige.

So versorgt das Unternehmen Fritzmaier Composite, das ein Werk in Hinrichssegen bei Bruckmühl betreibt, die Hersteller von Fahrzeugen aller Art mit Bauteilen für den Innen- und Außenbereich, während das Unternehmen Cohu aus Kolbermoor als ein Standbein Komponenten für Automobilbereiche wie Infotainment, Sicherheitssysteme oder für das Segment „Autonomes Fahren“ liefert.

Weniger kleine Komponenten als viel mehr große Maschinen sind die Welt des Unternehmens Rofa aus Kolbermoor, das in puncto Fördertechnik wichtige Module für die Produktionsstraßen der Autobauer anbietet. Interieur- und Motorfunktionsteile für Fahrzeuge gehören dagegen zum Portfolio der Mues GmbH & Co. KG, die ebenfalls in Kolbermoor ihren Sitz hat.

Wirtschaftliche Lage
sehr unterschiedlich

Doch wie steht es um die Auftragslage der Autozulieferer in der Region? Dazu ist trotz mehrmaliger Anfrage bei den genannten Unternehmen keine Antwort zu bekommen. E-Mails an die Firmen bleiben alle unbeantwortet, telefonische Kontaktaufnahmen, wie beispielsweise mit der Fritzmeier Group, werden ohne konkrete Antworten abgewürgt. So teilt eine Fritzmeier-Mitarbeiterin gegenüber dem OVB mit: „Wenn unsere Geschäftsführer einen Bericht über unser Unternehmen wollen, dann melden sie sich.“ Reaktionen, die aus Sicht der Gewerkschaft IG Metall, Geschäftsstelle Rosenheim, „nicht verständlich“ sind, wie Geschäftsführer Florian Bauer betont. Wobei Bauer allerdings darauf verweist, dass beispielsweise das Unternehmen Fritzmeier nicht bei der IG Metall in Rosenheim organisiert sei, er deshalb zu dessen Situation auch keine Angaben machen könne. Bei den wenigen Autozulieferern aus dem Geschäftsbereich der IG Metall Rosenheim, der sich unter anderem auf die Landkreise Rosenheim, Traunstein, Berchtesgadener Land, Altötting, Mühldorf und Miesbach erstreckt, ist die wirtschaftliche Lage nach Angaben von Bauer extrem unterschiedlich.

So seien beim Unternehmen ZF Lifetec in Aschau am Inn, das unter anderem Airbags für Fahrzeuge entwickelt und produziert, aktuell die schwachen Absatzzahlen der Autoindustrie nicht spürbar. Ganz im Gegenteil: „Es werden zurzeit noch Zusatzschichten gefahren“, weiß der IG-Metall-Geschäftsführer zu berichten.

Mobilitätswende
beschleunigen

Anders sieht es ihm zufolge bei der Gießerei Magna BDW Technologies GmbH in Markt Schwaben (Landkreis Ebersberg) aus, die Automobilhersteller wie Daimler und BMW mit Aluminium-Druckgussteilen beliefert. „Dort haben wir einen Rückgang der Auslastung, fehlende Stunden werden durch die Zeitkonten ausgeglichen“, so Bauer weiter. Dem Unternehmen Rosenberger aus Fridolfing, im Bereich der Hochfrequenztechnik am Start, kommt laut Bauer zugute, dass es „nicht nur im Bereich der Zulieferer tätig ist“.

Wobei Bauer aber deutlich macht, dass aus Sicht der IG Metall nicht nur eine Krise in der Automobilbranche besteht, sondern der „komplette Industriestandort Deutschland“ gefährdet sei. Daher hat die IG Metall jüngst das Elf-Punkte-Programm „Wir machen Zukunft“ für ein „modernes, innovatives und gerechtes Industrieland“ herausgegeben und fordert unter Punkt 6: „Die Mobilitätswende massiv beschleunigen“. Unter anderem solle der Fokus auf die Elektromobilität gerichtet werden, verlangt die IG Metall.

Auch die „Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft“ (VBW) sieht die Automobilbranche „seit Jahren mitten in einer umfassenden Transformation von der Verbrennungstechnologie hin zu elektrischen Antrieben“. „Gerade auf den konventionellen Antriebsstrang spezialisierte Zulieferer müssen sich hier massiv umstellen und investieren, beziehungsweise neue Geschäftsfelder auftun“, sagt deren Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt. Das Problem ist aus Sicht des VBW, dass sich dieser Trend nun „nicht mehr auf einem wachsenden Markt“ vollziehe. „Die massiven Investitionen der Hersteller und Zulieferer stehen jetzt mangelnden Erträgen gegenüber“, konkretisiert Brossardt. „So liegt allein die Pkw-Produktion rund 28 Prozent niedriger als 2016 und die Konjunktur- und Strukturkrise verfestigt sich immer weiter.“

Ringen um eine
Trendwende

Doch wie könnte aus VBW-Sicht hier eine Trendwende zu wirtschaftlichem Wachstum in der Automobilbranche gelingen? „Wir müssen uns klarmachen, dass wir als Standort zu teuer, zu kompliziert und zu wenig für die Zukunft gerüstet sind“, sagt der Hauptgeschäftsführer und verweist darauf, dass in den vergangenen Jahren die Kosten und der bürokratische Aufwand für Unternehmen „massiv gestiegen“ seien.  „Wir brauchen daher einen drastischen Bürokratieabbau sowie eine Reform des Arbeitszeitrechts“, nennt er einige Punkte, die aus Arbeitgebersicht den Industriestandort Deutschland sichern könnten. Außerdem sind nach seiner Einschätzung die Senkung der Sozialausgaben „dauerhaft unter die 40-Prozent-Schwelle“ sowie ein sinkender Unternehmenssteuersatz auf „international wettbewerbsfähige 25 Prozent“ maßgeblich für eine Trendwende.

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