Zuwachs für den Chemiepark Gendorf

von Redaktion

Im Chemiepark Gendorf entsteht eine bahnbrechende Anlage für Recycling: Europas größte Pyrolyse-Anlage. Sie verwandelt nicht recycelbare Kunststoffe in wertvolle Rohstoffe – und setzt damit ein Zeichen für Nachhaltigkeit.

Burgkirchen/Gendorf – Der Chemiepark Gendorf wird um eine bahnbrechende Recycling-Anlage erweitert. Das Fürther Unternehmen Pruvia GmbH errichtet die größte kommerzielle „Plastic-to-Oil-Anlage“ Europas, die nicht recycelbare Mischkunststoffe in hochwertige Rohstoffe verwandelt.

Die erste Produktionsphase startet im vierten Quartal 2026 mit einer Kapazität von 35000 Tonnen, die bis 2028 auf 70000 Tonnen erweitert werden soll. Aktuell arbeiten 14 Mitarbeiter bei Pruvia. Zu Beginn der ersten Phase soll sich die Zahl jedoch bereits mehr als verdoppeln und 2028 auf 67 Mitarbeiter ansteigen. Das international agierende Clean-Tech-Unternehmen wird sich im Norden des Chemieparks ansiedeln.

Technologie
als Weltneuheit

Pruvia setzt dabei auf die patentierte „MLM-R-Technologie“, eine Weltneuheit im Bereich des chemischen Recycling. Das Verfahren ermöglicht die Umwandlung von Plastikmüll in Naphtha, einen wichtigen Rohstoff für die petrochemische Industrie. Der dreistufige Prozess beginnt mit dem Schmelzen des Plastikabfalls. Anschließend entsteht durch Pyrolyse Gas, das beim Abkühlen zu hochwertigem Öl kondensiert. COO Dr. Andreas Kurz erklärt: „Durch Energierückgewinnung haben wir es geschafft, den Energiebedarf drastisch zu senken und gleichzeitig eine hohe Effizienz zu gewährleisten. Der gewonnene Rohstoff ist qualitativ gleichwertig mit fossilen Rohstoffen und kann immer wieder recycelt werden.“

Mit einer ausreichend großen Fläche, direkter Schienenanbindung und optimaler Energieversorgung ist der Chemiepark Gendorf ein idealer Standort für die hochmoderne Anlage. InfraServ Gendorf, der Betreiber des Standorts, stellt sicher, dass alle notwendigen Infrastrukturen bereitgestellt werden. „Wir schaffen hier optimale Bedingungen für innovative Unternehmen“, so Dr. Christoph von Reden. Sowohl er als auch Dominik Gschwendtner, beide Geschäftsführer der InfraServ, freuen sich darüber, das Fürther Unternehmen am Standort begrüßen zu dürfen.

Hohe Nachfrage nach
recyceltem Naphtha

Der globale Bedarf an recyceltem Naphtha übersteigt das Angebot. Jährlich landen in Europa 12,4 Millionen Tonnen Plastikmüll in der Verbrennung. Weniger als 0,1 Millionen Tonnen davon werden chemisch recycelt. „Unsere Technologie schließt diese Lücke und bietet eine marktfähige Alternative“, sagt Martin Nitz, CEO von Pruvia. Bereits jetzt sei die gesamte Produktion für fünf Jahre verkauft. „Wir könnten 100 solcher Anlagen bauen und würden die weltweite Nachfrage noch immer nicht decken“, ergänzt Kurz.

Besonders bemerkenswert ist die wissenschaftliche Basis der „MLM-R-Technologie“. Entwickelt wurde sie von Professorin Dr. Laura Mastellone, die auf über 20 Jahre Forschung im Bereich chemisches Recycling zurückblickt. „Diese Technologie ist einzigartig, weil sie erstmals wirtschaftlich tragfähig ist und einen geschlossenen Kreislauf ermöglicht“, erklärt Kurz. Pruvia hat das Verfahren erfolgreich patentieren lassen und wird es nun in industriellem Maßstab einsetzen.

Auch die bayerische Staatsregierung sieht in dem Projekt einen wichtigen Schritt für die Zukunft. Philipp Brodbeck, Referatsleiter am bayerischen Wirtschaftsministerium, betont: „Diese Investition stärkt Bayern als Innovationsstandort und hilft, nachhaltige Wertschöpfung zu schaffen.“ Es sei ein dreistelliger Millionenbetrag an Fördermitteln geplant, von dem auch das chemische Recycling profitieren soll.

Meilenstein für die
chemische Industrie

„Chemie ist nicht das Problem, sondern die Lösung“, so Brodbeck. Neben der wirtschaftlichen Bedeutung biete die neue Anlage auch langfristige ökologische Vorteile, denn der gewonnene Rohstoff kann immer wieder in neuen Produkten verwendet werden – ohne Qualitätsverlust. „Wir machen diese Technologie allen zugänglich“, so Nitz. „Damit die Welt das Kunststoff-Problem lösen kann.“

Im Chemiepark Gendorf wird so ein Meilenstein für die chemische Industrie gesetzt. Durch den Einsatz der innovativen Technologie könnte sich die Recyclinglandschaft grundlegend verändern. Wenn Unternehmen und Staaten weltweit auf chemisches Recycling setzten, ließe sich die Menge an verbranntem Plastik drastisch reduzieren. „Die Zukunft des Recyclings liegt in der Kreislaufwirtschaft“, fasst Nitz zusammen. „Und wir liefern die Lösung, die das möglich macht.“

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