Rosenheim – Ein Instagram-Post hier, ein bisschen filmen im Alltag da und ein Marketing-Event dort. Das Leben als Influencer wirkt auf Außenstehende recht entspannt. Aber ist es das wirklich? Und kann man von diesem oft kritisierten Beruf überhaupt leben? Auch bei den Influencern aus unserer Region, wie etwa dem bekanntesten Beispiel Sophia Thiel oder auch dem Streichbruder, Marinus Obermair, alias Movelikeg, und Franziska Lohberger stellt sich die Frage, wie viel sie eigentlich mit ihren Inhalten verdienen.
Abhängig von
vielen Faktoren
„Es ist definitiv möglich, von Social Media zu leben“, erklärt Selen Alkan von der Full Service Social Media Agentur Social Media Pirates in München. Viele Influencer könnten durch Kooperationen, Sponsoring und sogar eigene Produkte gute Gewinne einfahren. „Aber das hängt eben auch von vielen Faktoren ab“, sagt Alkan. Dabei geht es zum einen um die Nische, die der Influencer bedient. Aber auch um die Zielgruppe und die Authentizität der Inhalte.
Ab welcher Follower-Anzahl man vom Influencer-Dasein wirklich leben kann, kann Alkan so pauschal nicht beantworten. „Im ersten Schritt versuchen Influencer oder das Management bei Verhandlungen natürlich immer das meiste rauszuholen. Das ist ein bisschen wie Pokern“, sagt Alkan und lacht. „Theoretisch kann man zum Beispiel ab 5000 Followern sogar schon gut Gewinn machen – aber wahrscheinlich nicht davon leben“, erklärt die Social- Media-Managerin über die sogenannten „Nano-Influencer“. Anders hingegen sieht es bei den größeren Influencern – also ab 100000 Followern – aus. „Die haben durch die größere Reichweite natürlich ein größeres Markeninteresse und können auch schon bis zu 5000 Euro oder mehr pro Post verlangen“, erklärt Alkan. „Das ist schon viel und davon kann man natürlich auch leben, wenn man ein paar Posts oder Storys im Monat absetzt.“
Die wohl bekannteste Influencerin aus dem Raum Rosenheim ist Sophia Thiel. Ursprünglich ist sie mit ihren Fitness-Erfolgen bekannt geworden. Inzwischen setzt sie sich auch besonders für mentale Gesundheit ein – mit Erfolg. Über 1,3 Millionen Menschen verfolgen sie auf Instagram. „Wer über eine Million Follower hat, kann pro Post sehr viel verlangen. Zum Beispiel 50000 bis sogar 100000 Euro“, sagt Alkan. In den konkreten Fällen hänge dies auch vom Budget des Auftraggebers ab. Und auch mit Gewinnspielen können Influencer ordentlich Geld verdienen. Bis zu 20000 Euro können Influencer pro Gewinnspiel-Post verlangen, wie Alkan erklärt. Schließlich hilft diese Art der Werbung den Firmen auch, eigene Reichweite aufzubauen. Meist müssen die User nämlich sowohl dem Influencer als auch dem Firmen-Account folgen, um am Gewinnspiel teilzunehmen.
Während Influencer von vielen Menschen für ihren Job noch belächelt werden, sind sie in der Marketing-Welt schon als „Multiplikator“ anerkannt. Besonders dann, wenn man eine jüngere Zielgruppe ansprechen will, erklärt Alkan. Und auch die Kritik, das Erstellen von Inhalten sei kein richtiger Beruf und Influencer seien alle faul, weist die Social-Media-Managerin zurück. „Es ist einfach viel mehr als nur Posts und Stories“, sagt Alkan. Man müsse beispielsweise Skripte erstellen, diese vom Kunden absegnen lassen und auch die Kommunikation mit der Marke übernehmen.
Wem das zu viel ist, weil er beispielsweise eine sehr große Reichweite hat, oder Social Media nur als Nebenjob betreibt, kann diese Aufgaben auch an ein Management abtreten. „Aber sie verlangen dann natürlich von der Gage nochmal 20 bis 30 Prozent Agenturprovision, und das ist dann natürlich zum Nachteil der Influencer“, merkt Alkan an.
Doch es ist nicht nur die Werbung, mit der Social-Media-Stars Geld verdienen können. Auf der Videoplattform TikTok werden Content Creator teils von der Plattform selbst für ihre Videos bezahlt – und zwar abhängig von der Zahl der Videoaufrufe. Die Plattform selbst nennt dieses Konzept „Rewards Programm“. Um daran teilzunehmen, müssen verschiedene Bedingungen erfüllt werden. Zum Beispiel müssen die Content-Creator „ein TikTok-Konto mit gutem Ansehen haben und nicht wiederholt oder in unverantwortlicher Weise gegen unsere Community-Richtlinien und Nutzungsbedingungen verstoßen und sich an keinen böswilligen oder betrügerischen Aktivitäten beteiligt haben“, erklärt das Unternehmen auf seiner Website.
Zudem benötigt man mindestens 10000 Follower und 100000 Video-Views über die vergangenen 30 Tage. Als Anforderung für die Videos wird Folgendes genannt: Die User müssen „authentische, originelle Inhalte veröffentlichen, die unserer Mission entsprechen, zur Kreativität inspirieren und Freude bringen.“
Für Videos, die diese Voraussetzungen erfüllen, erhalten Creator dann zwischen zwei und fünf Cent pro 1000 Aufrufe. Das mag erst einmal wenig klingen. Doch auch TikToker aus der Region, wie Simon Both, alias Streichbruder, konnten damit ordentlich Geld verdienen.
Zwei Cent pro
1000 Aufrufe
Sein berühmtestes Video hat derzeit 73,1 Millionen Aufrufe. Rechnet man mit zwei Cent pro 1000 Aufrufe, ergibt das einen Verdienst von 146200 Euro für dieses Video. Was man bedenken muss: Nicht alle dieser Aufrufe sind wahrscheinlich für das „Rewards Program“ qualifiziert. Doch selbst wenn die Hälfte wegfällt, würde der 17-Jährige immer noch mehr als genug durch sein Video verdienen.