„Man muss machen, worauf man Bock hat“

von Redaktion

Er lebt den Traum vieler junger Menschen: Marinus Obermair (22) alias MoveLikeG aus Flintsbach reist um die Welt und verdient sein Geld als Influencer. Sein bester Freund Julian Bast (26) aus Nußdorf hat sich als sein Manager selbstständig gemacht. Wie den beiden der Einstieg in die Branche gelungen ist.

Flintsbach/Nußdorf am Inn/ New Mexico – Eine Reise um die Welt ohne Geld ist nicht möglich? Doch, ist sie. Das hat Marinus Obermair aus Flintsbach, oder – wie er sich bei Social Media nennt – „MoveLikeG“, bewiesen.

Ohne einen Cent in der Tasche startete er in seinem Heimatdorf und reiste quer durch Europa, Nordafrika bis nach Asien, Australien und Ozeanien. Dabei bereiste er auch weniger beliebte und als gefährlich geltende Reiseziele wie Afghanistan oder den Iran. Radelte einmal quer durch Australien und schwamm von Java nach Bali. Aktuell ist Marinus in Mexiko City. Und seine Pläne haben es in sich. Der 22-Jährige will einmal quer durch Mittelamerika laufen. Immer dabei: die Kamera, die es seinen Followern möglich macht, hautnah dabei zu sein.

Am Anfang stand
eine zündende Idee

Denn davon hat Marinus inzwischen einige: 285000 Menschen folgen ihm bei Instagram, knapp 140000 sind es bei Tiktok. Tendenz steigend. Mit seiner jüngsten, selbst auferlegten „Challenge“, bei der er zu Fuß durch Guatemala, Honduras, Nicaragua, Costa Rica und Panama bis nach Kolumbien laufen will, dürfte der Hobby-Triathlet noch von sich reden machen. Doch warum macht man so etwas? Und wie viel Geld wirft das Influencen von unterwegs ab?

Schon als Teenager habe Marinus eine Phase gehabt, in der er Youtuber werden wollte, verrät er dem OVB. Mit 16 hatte er erstmals den Wunsch, eine Weltreise zu unternehmen. „Ich habe mein ganzes Geld vom Zeitung-Austragen gespart und gedacht, das wird schon reichen“, erinnert er sich. Dann die zündende Idee: „Ich mache es einfach ohne Geld. Endlich hatte ich etwas gefunden, das ich bei Social Media teilen wollte.“

Und das tat Marinus Obermair dann auch. Vor seiner „unmöglichen Weltreise ohne Geld“ unternahm er kleinere Testreisen. Er trampte von Flintsbach nach Helsinki ohne Geld, schwamm von Korsika nach Sizilien und lud die Videos bei Youtube hoch. „Das hat aber niemanden interessiert.“ Trotzdem gab er nicht auf und begann seine Weltreise – mit etwa 4000 Followern und ohne einen Cent in der Tasche.

Inzwischen hat er sich als Influencer in den Bereichen Reise und Sport etabliert. Zwei bis drei Stunden täglich investiert er in das Filmen und Schneiden der Videos, die er auf seinen Social-Media-Kanälen hochlädt. „Aber eigentlich denke ich nonstop 24 Stunden an sieben Tagen die Woche darüber nach und mache mir Gedanken, was ich als Nächstes poste“, sagt er.

„Sich einfach mal
was trauen“

Dass Influencen weit mehr ist, als sich dabei zu filmen, wie man etwas macht, und es dann im Internet zu posten, merkt man schnell, wenn man mit Marinus und seinem Manager Julian Bast spricht. Der 26-Jährige aus Nußdorf am Inn und der Influencer kennen sich seit vielen Jahren, sind beste Freunde und beide reisebegeistert. „Ich wollte damals auch Influencer werden, habe dann aber gemerkt, dass mir das managen mehr liegt“, erklärt Bast. Jetzt unterstützt er Marinus sowie andere Influencer und Gamer bei der Entwicklung von Strategien und akquiriert und koordiniert die Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern.

Mit dem Erfolg von Marinus Obermair als Influencer wuchs auch das Geschäft von Julian Bast als Manager. Also hat er seinen sicheren Job als Marketing-Manager bei einem Küchenhersteller an den Nagel gehängt und sich mit seiner Creator Marketing Agentur „Memora“ selbstständig gemacht. „Als Angestellter ist ein Deckel auf dem Gehalt. Irgendwann ist das Ende der Fahnenstange erreicht. Als Selbstständiger hat man zwar mehr Risiko, aber die Arbeit und der Erfolg werden bezahlt.“ Man müsse sich „einfach mal was trauen“.

Die Arbeitsverteilung ist klar: Marinus Obermair ist der Mann vor der Kamera. Sein Leben und seine Abenteuer sind genau geplant. Doch es gibt immer wieder auch unvorhersehbare Ereignisse, wie wenn das von Deutschland nach Australien gesendete Fahrrad beim Zoll festhängt. „Marinus hat eine Nische gefunden, seine Geschichte fesselt“, meint Bast. Um als Influencer dauerhaft erfolgreich zu bleiben, so der Manager, heißt es: dran bleiben. „Auch wenn die ersten Videos nicht so gut sind – einfach weitermachen. Es wird ein Beitrag kommen, der Reichweite generiert.“

Authentizität
ist wichtig

Obermairs erstes Video von seiner Weltreise ging viral. Seine Reichweite explodierte förmlich. Gute Voraussetzungen, um Kooperationspartner zu generieren. „Ab 100000 Followern kann man von Social Media leben“, sagt Obermair. Dabei sei entscheidend, in welchem Land sich die Zielgruppe befindet. Als Influencer mit Zielgruppe im deutschsprachigen Raum sei es wesentlich lukrativer als beispielsweise mit der gleichen Anzahl an Followern in Sri Lanka, erklärt Bast.

Jedoch war es mit den Kooperationen am Anfang nicht ganz so einfach. „Marinus ist auf eine Weltreise ohne Geld gestartet. Und weil uns Authentizität sehr wichtig ist, haben wir größere Kooperationen erst angenommen, als das Thema beendet war“, so Bast. Jemanden zu sponsern, der eigentlich ohne Geld unterwegs sein will, passe einfach nicht zusammen.

Mit Obermairs Ankunft auf Bali schlug der Influencer eine andere Richtung ein. „Ich hab‘s jedem bewiesen, dass es möglich ist. Ich wollte einfach was anderes machen und brauchte Veränderung“, erzählt er. Zwar habe er kurz Bedenken gehabt, dass ihm die Leute genau wegen dieses Themas folgen. „Der Content muss sich aber nach dem Leben richten und nicht andersherum. Man muss machen, worauf man Bock hat. Und das haben die Leute gemerkt und angenommen.“ So nahm die „unmögliche Weltreise“ eine andere Richtung – und rief so auch neue Werbepartner auf den Plan.

Gemeinsames Projekt
mit Joey Kelly

Auch ein gutes Netzwerk zu anderen Influencern oder bekannten Persönlichkeiten kann hilfreich sein. Insbesondere innerhalb der Nische, die man für sich entdeckt hat. So sei auch der Musiker und Extremsportler Joey Kelly bei Instagram auf Marinus Obermair aufmerksam geworden und mit ihm und seinem Management in Kontakt getreten. „Ein gemeinsames Projekt ist im Gespräch“, verrät Bast.

Doch irgendwann ist die Welt umrundet und die Reise vorbei. Was dann? „Beim Influencen ist wichtig, den Moment mitzunehmen und sich gleichzeitig ein Standbein – eine Personal-Brand – aufzubauen für spätere Projekte“, erläutert Bast. Dazu gehören Vorträge, Buchveröffentlichungen oder das Herausbringen eigener Produkte. Solange er kann und es die Leute interessiert, will Obermair Influencer bleiben. Und allen anderen, die den gleichen Traum haben, rät er: „Hört nicht auf die Meinung anderer. Kennt eure Stärken, nutzt sie und habt keine Scheu vor der Kamera zu sprechen. Einfach machen.“

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